Gaunts Geister - Band 1-3
wie Hummeln über den Bänken. Die Mitglieder des Legislatur-Chors,
denen der Adlige Croe einige Minuten zuvor befohlen hatte, die Klappe zu
halten, saßen verdrossen auf ihrem Balkon, knüllten Notizblätter zusammen und
bewarfen damit die Versammelten unter sich.
Meister Jehnik aus dem Gemeinen
Haus Jehnik stand im Mittelkreis, las etwas von einer vorbereiteten Datentafel ab
und versuchte jemanden dazu zu bringen, seinem Fünfundfünfzig-Punkte-Plan
zuzuhören.
Chass drückte auf das
Geno-Lesegerät an der Seite seiner Hartholzbank, und vor ihm öffnete sich die
Abdeckung.
Er gab seine Autoritätsstufe
ein, drückte auf die Verlautbarungs-rune und schrieb: Vorsitzender
Legislator, wollen wir eine Debatte führen oder uns nur die ganze Nacht
streiten?
Die Worte leuchteten auf der
Zentraltafel auf, und sechs andere Adelshäuser, fünfzehn gemeine Häuser und die
Mehrheit der Gilden-Genossenschaften stimmten zu.
Stille trat ein.
Der Vorsitzende Legislator,
Anophy, ein alter Buckliger mit einem mit Bändern geschmückten Dreispitz auf
dem Kopf, erhob sich von seinem Podiumsthron und begann mit der Litanei der
Gewährung der Bürgerrechte. Die Versammlung schwieg, während sie vorgetragen
wurde. Anophy strich sich über seinen langen silbernen Schnurrbart, glättete
die Vorderseite seiner schillernden Robe und fragte die Versammlung nach
Tagesordnungspunkten.
Ungefähr siebzig holografische
Runen leuchteten auf der Anzeigenplatte und auf den unter der Decke schwebenden
Wiederholungsschirmen.
»Edelmann Anko hat das Wort.«
In den Reihen des Unterhauses wurde laut gestöhnt.
Anko stand auf, oder vielmehr
wurde ihm von seinem Gefolge aufgeholfen. Seine rasselnde, verstärkte Stimme hallte
durch den Saal.
»Ich verurteile den Angriff
unserer ehemaligen Freunde aus Zoica auf unsere Makropole. Ich stelle zur
Abstimmung, dass wir sie abweisen und mit eingezogenem Schwanz nach Hause
schicken.«
Nichts auszusetzen, dachte Chass. Typisch Anko,
ein leichtes Votum in den Raum zu stellen.
Anko fuhr fort: »Ich wünsche
auch in einer anderen Angelegenheit den Rückhalt der Legislatur. Meine Fabrik ist
von Bedürftigen aus den Vorstädten überrannt worden. Haus-funktionäre berichten
mir, dass die Anlage bereits überfüllt und eine weitere Produktion einstweilen unmöglich
ist. Dies schadet der Vervunmakropole. Ich beantrage, dass Haus Anko die
Genehmigung erteilt wird, die Bedürftigen von seinem Grund und Boden zu
vertreiben.«
Mehr Gezänk und Gebrüll aus dem
Unterhaus.
»Edelmann Yetch?«
»Sollen wir unsere arbeitende
Bevölkerung so missbrauchen, Vetter Anko? Ihr mögt sie durchaus, wenn sie Eure
Produktion steigert. Hasst Ihr sie nun, da sie Eure Fabriken überflutet?«
Tumult, lauter als zuvor.
Mehrere Adlige und viele Gildenmänner betätigten nachdrücklich ihre
Zustimmungssirenen. Anko setzte sich mit einem gemeinen Gesichtsausdruck.
»Edelmann Chass?«
Chass erhob sich. »Ich fürchte,
mein Vetter versäumt es, hier den größeren Zusammenhang zu sehen. Neunzig Jahre
sind vergangen, seit wir uns zuletzt einer solchen Krise ausgesetzt sahen. Wir
stehen vor einem zweiten Handelskrieg. In den Meldungen heißt es, dass sich
unsere Verteidigungsmittel neben der Flut der feindlichen Streitkräfte ziemlich
bescheiden ausnehmen. Wir haben alle erlebt, wie der Tumult heute unsere
Makropole geschädigt hat. Du liebe Zeit, meine eigene liebe Tochter hätte es
beinahe nicht lebend nach Hause geschafft.«
Mitfühlende Hologramme blinkten
speichelleckerisch in den Reihen einiger gemeiner Häuser auf.
Chass fuhr fort: »Wenn dieser
Angriff unseren Häusern Unannehmlichkeiten bereitet, sage ich: Nehmen wir diese
Unannehmlichkeiten in Kauf! Wir haben eine Verpflichtung gegenüber der
Bevölkerung dieser Makropole, und Vetter Anko sollte diese schlichte Tatsache
über seine Produktionszahlen stellen. Ich würde dieser Legislatur gern wichtigere
Fragen vorlegen. Erstens: Warum ist dieser Angriff so überraschend gekommen?
Zweitens: Sollen wir das Imperium um Hilfe bitten? Drittens: Wo ist der Hohe Herr,
was hat er davon gewusst, und warum wurde der Schirm so spät hochgefahren?«
Jetzt wurde es wirklich laut. Überall
leuchteten Zustimmungs-sigillen auf. Der Legislator rief die Anwesenden mehrfach
zur Ordnung.
»Edelmann Chass«, hallte eine
Stimme musikalisch durch den großen Saal. »Wie soll ich darauf antworten?«
Im Saal wurde es still.
Begleitet von zehn ausdruckslosen, uniformierten Offizieren des VWMK,
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