Gaunts Geister - Band 1-3
er.
»Danke, noch nicht ...«, sagte
Dorden, indem er die Hände hob, als wolle er sich ergeben. Bragg, der ihm in
dem schaukelnden Laster gegenübersaß, nickte und nahm einen ordentlichen
Schluck.
Granaten gingen heulend einen
halben Kilometer von der Straße entfernt nieder, nah genug, um Unbehagen zu wecken.
Dorden griff nach der Flasche. »Ach, was soll's, wo die Flasche einmal offen
ist ...«
Sergeant Varl, der sich mit
seinem surrenden mechanischen Arm an den eisernen Handgriffen der Ladefläche festhielt,
versuchte die Laune in seinem Trupp zu heben, indem er ein Lied anstimmte. Ein
paar sangen mit wenig Begeisterung ein, zwei Strophen von »Jenseits des Himmels
und ganz weit weg« mit, aber der Gesang verstummte rasch wieder. Als Varl ein
anderes Lied versuchte, sagte man ihm ins Gesicht, er solle die Klappe halten.
Sergeant Varl konnte besser mit
den Leuten umgehen als die meisten anderen Offiziere im Regiment, und er wusste,
wann er zurechtweisen und wann er nachgeben musste. Er war selbst lange genug
gemeiner Soldat gewesen. Aber die Laune in seinem Trupp war schlecht. Und Varl wusste
auch, warum. Niemand wollte dies.
Niemand wollte mitten in einen
Makropolen-Krieg geraten.
Die Magnificat wartete
an den Hafenanlagen im Norden, als die Kolonne aus der flammenden Nacht
angerollt kam. Alle Fähren über den Hass fuhren ohne Pause, um den Fluss offen
zu halten, und aus dem Kollektiv Nord traf Stunde um Stunde eine Kolonne mit
militärischen Nachschubgütern und Munition nach der anderen ein. Soldaten der
Vervunwehr — mit blauer Uniformjacke, grauem Koppel und der unverkennbaren
Pickelhaube — kontrollierten jetzt zusammen mit VWMK-Männern, Servitoren und
einigen rot gewandeten Aufsehern und Bürohengsten aus dem Administratum den
Flussverkehr, sehr zum Unmut der regulären Schauermänner der Hafenmeistergilde.
Am dritten oder vierten Tag waren außerdem Priester der Ekklesiarchie
eingetroffen und hatten beständige Gebetsvigilien eingerichtet, um den
Fährverkehr zu behüten und die Wasserstraße und das Viadukt sicher zu machen.
Die Kapuzen tragenden Kleriker hatten sich an einem Ende des Piers um einen
Kohlenbrenner gruppiert und sangen und skandierten. Sie waren jedes Mal da,
wenn Folik mit der Magnificat wieder am Nordufer anlegte. Anscheinend
schliefen und ruhten sie nie. Er gewöhnte sich an, ihnen zuzunicken, wenn er
mit der Fähre an ihnen vorbeifuhr. Sie reagierten niemals.
Bei dieser Nachtfahrt rechnete
Folik damit, wieder Fahrzeuge mit Nachschub und Kisten an Bord zu nehmen, aber
die Haussoldaten, die in den Hafenanlagen jetzt das Sagen hatten, fuhren die
KolNord-Nachschublaster beiseite, sodass Truppentransporter an ihnen vorbei und
zur Anlegestelle rollen konnten.
Folik justierte die alten
Turbinen so, dass sie die Fähre an Ort und Stelle hielten, während Mincer die
Rampe herunterließ.
Die ersten beiden Laster
röhrten und holperten an Bord. Mincer dirigierte sie mit zwei Stablampen auf
ihre Plätze.
Eine hochgewachsene Gestalt in
einem langen Mantel sprang aus dem Führerhaus des ersten Lastwagens. Der Mann
näherte sich Schauermann Folik.
Folik wurde von dem
Kommissarsabzeichen auf der Schirmmütze regelrecht hypnotisiert. Ein
ehrfürchtiges Lächeln warf sein ölverschmiertes Gesicht in Falten, und aus
Hochachtung nahm er seine Wollmütze ab. »Kommissar, es ist eine Ehre, Sie an
Bord zu haben!«
»Das Vergnügen ist ganz
meinerseits. Wie heißen Sie?«
»Folik, Herr Imperiumsheld!«
»Ich — hatte ja keine Ahnung,
dass mir mein Ruf bis hierher vorausgeeilt war. Seien Sie gegrüßt, Folik.«
»Es ist eine wahre Ehre,
Kommissar, Ihre Verstärkungskolonne in die Vervunmakropole übersetzen zu
dürfen.«
»Ich weiß die Ehre zu schätzen,
Folik. Meine ersten Laster sind an Bord. Sollen wir fortfahren?«
Folik nickte und schlurfte
davon, um Mincer zu sagen, er solle die Rampe wieder einziehen und die
Haltetaue lösen.
»Kommissar Kowle persönlich
benutzt unsere Fähre!«, erzählte Folik seinem Kollegen atemlos.
»Kowle? Bist du sicher? Der
Volksheld?«
»Er ist es, das sage ich dir,
in Fleisch und Blut, leibhaftig hier auf unserem Kahn!«
An der Reling starrte
Kommissar-Oberst Ibram Gaunt vom Deck der Magnificat ins Wasser und
lächelte, als er die Worte hörte.
Die Magnificat war
mitten auf dem Fluss, als es am Osthimmel plötzlich strahlend hell wurde. Es
gab ein saugendes Beben wie von einer Windbö über dem Wasser. Der Osthimmel
erstrahlte in einer
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