Gaunts Geister - Band 1-3

Mitternachtssonne.
    »Was war das?«, rief Mincer.
Bei den Soldaten wurde es ziemlich laut. Gaunt hob die Hand, um seine Augen
gegen die Helligkeit abzuschirmen, während eine Hitzewelle über den Fluss hinwegrollte.
Er erkannte die Begleiterscheinungen einer nuklearen Explosion, wenn er sie
sah.
    »Das war der Anfang vom Ende«,
sagte er.

VIER
     
    Makropolsterben
     
     
    »Wahnsinn!
Wahnsinn! Was für einen Krieg führen wir hier?«
     
    — Marschall Edric Croe, als Reaktion
    auf die Nachrichten aus Vannick
     
     
    Kowle begab sich direkt ins
Oberkommando der Häuser, als er über Kom unterrichtet wurde. Er hatte den
Südwall besichtigt und brauchte fast eine Stunde, um die Makropole zu
durchqueren und zur Hauptspindel zurückzukehren.
    Das Kontrollauditorium war ein
chaotisches Durcheinander.
    Angehörige des Munitorums,
Regimentsadjutanten und andere untergeordnete Chargen eilten plappernd und halb
in Panik umher und gaben Meldungen des Personals wieder, das die um die
unterste Ebene des großen kreisförmigen Saals gruppierten taktischen
Cogitatoren bemannte. Viele Offiziere der Vervunwehr und sogar einige
Angehörige des VWMK trugen ebenfalls dazu bei, den Raum zu verstopfen, da sie
erpicht darauf waren herauszufinden, ob die Gerüchte stimmten.
    Kowle schob sich an Zuschauern
vor der Saaltür vorbei und schickte viele mit schroffen Worten zurück auf ihre Posten.
    Niemand widersprach. Sie
salutierten und wichen rasch vor ihm zurück. Er ging durch den Saal und eilte dann
die Eisentreppe zur obersten Ebene des Auditoriums empor, wo sich die
Stabschefs um den großen, beleuchteten Kartentisch versammelt hatten.
    Adjutanten und Techniker, viele
mit wichtigen Kom-Meldungen in der Hand, machten ihm unaufgefordert Platz.
    Marschall Croe hatte den
Vorsitz über die Gruppe am Kartentisch.
    Seine Augen waren dunkler denn
je, und er hatte seine Mütze abgelegt, als sei ihm ihr Gewicht jetzt zu viel.
Sein persönlicher Leibwächter Isak, der eine braune Vollrüstung und eine
verschleierte Pistole trug, war dicht bei ihm. Vizemarschall Anko stand in
einer mit Orden behangenen weißen Galauniform in der Nähe und schaute finster
drein. Er hatte an einem offiziellen Dinner teilgenommen, das Haus Anko zur
Begrüßung der Volponer ausrichtete. Sturm und seine Adjutanten standen in der beeindruckenden
Galauniform der Volponer neben ihm. Außerdem anwesend waren Xance vom KolNord —
der müde und abgespannt aussah — mit mehreren seiner führenden Offiziere, der
Narmenier Grizmund und seine Panzerbrigadiere, Nash von den Roanern mit seinen
Adjutanten sowie ein Dutzend hohe Offiziere der Vervunwehr und Kommissar
Tarrian vom VWMK.
    »Ist es wahr?«, fragte Kowle,
indem er seine Mütze abnahm, aber keinen anderen förmlichen Gruß entrichtete. Croe
nickte, blieb aber stumm.
    Tarrian hustete. »Die
Vannick-Makropole wurde vor neunzig Minuten zerstört.«
    »Zerstört?«
    »Ich bin sicher, der Begriff
ist Ihnen vertraut, Kowle«, sagte Croe schroff. »Sie wurde ausgelöscht.«
    »Zoica hat sie dem Erdboden
gleichgemacht. Wir haben keine Ahnung, wie. Sie sind irgendwie durch den Schirm
gekommen und haben eine nukleare …«
    Croe fiel Anko ins Wort. »Das
Wie steht hier gar nicht zur Debatte, Vizemarschall! Es gibt alle möglichen
>Wie<, über die wir endlos diskutieren könnten! Die eigentliche Frage
lautet: Warum?«
    »Ich gebe Ihnen recht,
Marschall«, sagte General Sturm.
    »Wir müssen die Möglichkeit in
Betracht ziehen, dass es vielleicht keine Absicht war. Ich habe schon öfter
erlebt, dass wichtige Stellungen durch überambitionierte Aktionen der Angreifer
zufällig zerstört wurden. Vielleicht wollte Zoica die Makropole einnehmen und
hat — zu hart zugeschlagen.«
    »Kann man anders zuschlagen,
wenn man Atomwaffen einsetzt?«, fragte eine gelassene Stimme vom Ende der Treppe.
    Die Gruppe drehte sich um.
    »Gaunt ...«, zischte Oberst
Gilbear von den Volponern.
    Der hochgewachsene
Neuankömmling trug eine Kommissars-mütze und einen langen, schwarzen Ledermantel.
Er ging auf sie zu. Seine Kleidung war noch mit dem Staub seiner Herfahrt
bedeckt. Er salutierte zackig vor Marschall Croe.
    »Kommissar-Oberst Gaunt vom
Ersten Tanith. Wir waren gerade zu Ihrer Verstärkung eingetroffen, als es
passierte«
    »Ich heiße Sie willkommen,
Gaunt. Ich wünschte, ich wäre froher, Sie zu sehen«, erwiderte der weißhaarige
Ries respektvoll.
    »Sind Ihre Männer
einquartiert?«
    »Sie waren unterwegs zu ihren
Quartieren, als ich