Gauts Geister 6 - Tödliche Mission
zwanzig Jahren in den
Krieg eingetreten wären.«
»Und dieser Redjacq ... ist er was Besonderes?«
»Ihr bester Feldkommandeur. Führt die Lindwürmer an. Das
sind Furien. Wir haben Glück, dass sie in diesem Abschnitt sind.«
»Davon bin ich überzeugt.«
Mittlerweile wurde es dunkel. Fevrierson setzte sich mit
seiner Infanterie in Marsch, und sie schritten durch eine Reihe
zickzackförmiger Verbindungsgräben zur Front. Dort waren die Dinge eher so, wie
Mkoll sie erwartet hatte. Keine Elektrizität und nur hier und da eine Prometheumlampe
oder ein Brenner.
Schmutzige Schützengräben reichten drei Meter tief und
waren reichlich mit Querholmen und Schanzkörben voll Erde durchzogen. Eine
Feuerleiter aus steinernen Schwellen befand sich an der Basis der vordersten
Wand unter der Brustwehr und eisernen Schützenlöchern. Trotz der Laufbretter
quollen die Gräben von dünnflüssigem Schlamm über, und in ihnen wimmelte es von
Ungeziefer.
Bedauernswerte Soldaten in blauen Jacken räumten ihre
Posten und machten sich in langsamen, müden Kolonnen auf den Weg zur Reserve,
da die Genswicker Fußtruppen sie ablösten und ihre Plätze unter der Brustwehr
einnahmen.
Der Himmel bewölkte sich, und das Licht schien förmlich
aus ihm zu sickern. Donner grollte irgendwo. Die Gräben stanken.
Mkoll wandte sich an seine Männer. »Caober, Baen, Bonin
... da entlang. Mkvenner, Hwlan ... in die andere Richtung. Zwanzig Minuten,
dann wieder zurück zu mir. Sehen Sie sich um.«
Sie gingen, aber Mkoll hielt Mkvenner am Ärmel fest.
Inoffiziell war Mkvenner Mkolls Nummer zwei bei den Spähern, absolut
hingebungsvoll und unbarmherzig auf eine Weise, wie Mkoll es trotz seines Rufs
nie zu sein hoffen konnte. Einige Tanither behaupteten, Mkvenner sei in der
alten Kampfkunst des Cwlwhl ausgebildet, der Kampfkunst der Nalsheen,
legendäre Krieger, die in Taniths unruhigen Zeiten der Feudalherrschaft dem
Gesetz Geltung verschafft hatten. Mkoll bestritt diese Gerüchte immer, vor
allem deshalb, weil sie stimmten und er wusste, wie wenig Mkvenner über seine
Herkunft und Vergangenheit verlauten ließ.
»Haben Sie ein Auge auf Hwlan«, sagte Mkoll zu ihm. »Der
Zehnte ist ziemlich in Aufruhr, nachdem Criid ihn übernommen hat. Sorgen Sie
dafür, dass er bei der Sache ist.«
Mkvenner nickte und ging. Mkoll sah der hochgewachsenen geschmeidigen
Gestalt nach, die rasch durch den äußerst bevölkerten Graben eilte.
Mkoll leistete Fevrierson im Kommandostand Gesellschaft.
Er war wenig mehr als ein in die frontwärtige Grabenwand eingelassener
Schuppen. Auf einem Dreibein stand ein Doppellinsen-Periskop, und Mkoll schaute
sich damit um.
Es war sein erster Blick auf das Schlachtfeld. In der zunehmenden
Dämmerung war es eine erbärmliche Gegend, obwohl er sicher war, dass sie bei
Tageslicht noch erbärmlicher aussehen würde.
Geborstene Erde, unbegreiflicher Schrott, hohe
Stacheldrahtverhaue. Einen Kilometer entfernt neigte sich das Land ein wenig
und ging in eine ausgedehnte Flussaue über, in der sich Pfützen und Teiche aus
giftigem Wasser mit schlammigen Inseln und kleinen Dämmen von Granattrichterwällen
abwechselten.
»Gibt viel Wasser da unten«, sagte er.
»Das ist der Fluss.«
Mkoll schaute noch mal hin. »Da ist kein Fluss ...«
Fevrierson lächelte ihn an. »O doch! Das ist die wunderschöne
Naeme, die stolze Lebensader der Grenzgebiete!«
»Aber das sind nur Lachen und Teiche und überflutete
Felder ...«
Mkolls Stimme verlor sich. Ihm ging auf, dass ein Fluss
nach vierzigjährigem Granatbeschuss so aussehen würde. Die Ufer, die gesamte
Umgebung, sogar das Flussbett musste vollkommen zerbombt worden sein. Aber das
Wasser floss noch. Einst ein stolzer Strom, der sich auf seiner langen Reise
zum Meer durch Wiesen und verschlafene Dörfer wand, hatte er nun kein festes
Bett mehr, sondern sickerte aus der verheerten Landschaft wie Blut aus einer
Wunde. Seine ursprüngliche Form und Struktur waren ein Opfer des Krieges
geworden.
Ein leises »Plop« ertönte, und plötzlich war die Gegend
vor ihnen in kaltes weißes Licht getaucht. Wenige Sekunden später explodierten
weitere Leuchtkugeln am Himmel. Durch das Periskop sah jetzt alles, gebleicht
und kalt aus, und harte gezeichnete Schatten schauderten, als die Leuchtkugeln
langsam zu Boden fielen.
»Totenlichter«, sagte Fevrierson, während er seinen
Stahlhelm aufsetzte. »Wappnen Sie sich«, sagte er.
»Wofür?«
»Es ist Zeit für den Krieg.«
Weit entfernt blies
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