GB84: Roman (German Edition)
zum Grand Hotel, wo Bill Reed ihnen John James vorstellte. John James schrieb für den
Daily Mirror
– den
Kumpel des Bergmanns
–, für den
Daily Mirror
, der nun Mr. Robert Maxwell gehörte –
John James stellte ihnen Mr. Maxwell vor, den Besitzer und Herausgeber, der in seiner Suite im Grand Hotel Hof hielt.
Mr. Maxwell zündete sich eine lange Zigarre an und krempelte die Ärmel hoch. »Betrachten Sie mich als menschliche Telefonzentrale.«
Der Präsident stand auf und meinte nur: »Na, wenn dem so ist, dann rufen Sie uns nicht an, wir rufen Sie an.«
Der Präsident, Paul, Joan und Terry spazierten aus der Suite im Grand Hotel –
Der Präsident hatte im Curzon Wichtigeres zu tun.
Len holte den Fahrstuhl. Bill Reed kam den Flur entlanggelaufen. »Genossen, Genossen, er will nur helfen.«
»Seiner Auflage vielleicht«, sagte Joan abwinkend.
Bill schüttelte den Kopf. »Ihr irrt euch, und ihr habt ihn beleidigt.«
Der Präsident drehte sich zu Bill um. »Er ist nicht der, der er zu sein scheint, Genosse.«
Bill Reed schüttelte erneut den Kopf und sah Terry an. »Terry?«
Terry zuckte mit den Schultern. »Ich bin nicht …«, setzte er an.
»Ihr irrt euch alle«, rief Bill. »Und jetzt habt ihr euch einen Freund zum Feind gemacht.«
Der Präsident wandte sich noch einmal Bill zu. »Er war nie ein Freund, Genosse.«
Len hielt die Fahrstuhltür offen. Der Präsident und die anderen stiegen ein –
»Nie«, wiederholte der Präsident –
Bill Reed sah zu, wie sich die Türen schlossen. »Aber ich war einer«, sagte er.
Der Jude mag Brighton, ja, er
liebt
es. Er hat sogar mal dort gelebt; damals, als er bankrottging. Der Gewerkschaftskongress ist ein guter Grund, um wieder mal hier zu sein. Der Jude hat eine große Suite im dritten Stock des Grand Hotel. Mit Meerblick. Neil Fontaine hat Zimmer 629. Unter einem anderen Namen. Doch Neil ist nie da. Die Bar des Juden ist stets geöffnet. Hier verbringt der Jude bis spät in die Nacht seine Zeit mit den großen Gewerkschaftsbossen der Neuen Rechten. Diese großen Männer mit ihren noch größeren Gönnern rauchen Zigarren, trinken Schnaps aus Pintgläsern und halten sich gern in Gesellschaft freizügiger Damen auf. Der Jude bezahlt die Damen, damit sie den großen Männern über die Oberschenkel streicheln und ihnen im Badezimmer der Meerblick-Suite des Juden einen blasen. Den Erguss spucken sie dann ins Waschbecken –
Der Jude wendet den Blick von der Badezimmertür ab und ruft: »Neil! Neil!«
Neil durchquert die Suite. Er beugt sich vor und lauscht –
»Neil«, sagt der Jude. »Seien Sie so nett und mieten Sie für morgen wieder das Flugzeug.«
Neil nickt und sagt: »Gewiss, Sir.«
»Wissen Sie, was morgen auf dem Banner stehen wird, Neil?«
»Nein, Sir«, antwortet Neil, »das weiß ich leider nicht.«
»Leck mich, Scargill!« kichert der Jude. »Leck mich, Scargill!«
Die Männer, die vor dem Badezimmer Schlange stehen, applaudieren.
Es klopft laut an der Tür zur Suite.
Neil geht hin und öffnet. Er lächelt den Mann im Flur an –
»Lange nicht gesehen«, sagt der Mann mit der weißen Schirmmütze.
Neil Fontaine lächelt und nickt.
Der Jude steht auf dem Bett und ruft: »Wer zum Henker ist denn da, Neil?«
Neil dreht sich um. »Mr. Maxwell vom
Mirror
, Sir.«
Mr. Maxwell kommt in die Suite gestapft. Er breitet die Arme aus –
»Ist lange her, Sweet Stephen«, dröhnt er. »Viel zu lange.«
Der Jude springt vom Bett und in die Arme von Mr. Maxwell.
»Oh Käpt’n, mein Käpt’n«, kreischt der Jude, »wie lang ist das her?«
Willkommen im Neuen Realismus
–
Konferenzsaal des Gewerkschaftskongresses 1984. Schulter an Schulter. Der Streikbrecher von Easington mochte mit seiner einstweiligen Verfügung gegen die NUM in Durham Rechtsgeschichte geschrieben haben; der Dockarbeiterstreik mochte kurz vor dem Ende stehen; die Stahl- und Energiegewerkschaften mochten für ihre Ansichten ausgebuht werden. Aber der Präsident hatte das Wort der Generalversammlung, das Versprechen umfassender Unterstützung durch alle zehn Millionen Mitglieder, das Versprechen, den Konflikt auszuweiten; das Versprechen, Kohle, Koks und Öl zu bannen –
Versprechen, Versprechen, Versprechen
.
Ray Buckton trat ans Rednerpult. »Es ist einfach, anderer Leute Sorgen zu ignorieren. Aber auf lange Sicht ist das nicht gut, denn Solidarität ist nicht etwas, an das man Bedingungen knüpfen kann. Solidarität ist ein ganz einfaches Prinzip …«
Ein Lärm
Weitere Kostenlose Bücher