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GB84: Roman (German Edition)

GB84: Roman (German Edition)

Titel: GB84: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Peace
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Anruf

    Es klingelt. Die Stimme sagt: »Sie schulden uns was.«
    »Im Leben nicht.«
    »Ach ja?« meint die Stimme. »Nun, Sie haben viertausend Mäuse von uns gekriegt, und nun haben wir einen Mord in den Schlagzeilen, den zu bereinigen uns weitere fünftausend am Tag kostet. Klingt das fair, Dave? Ernsthaft?«
    »Ich habe Sie vor Schaub gewarnt«, sagt der Mechaniker. »Die Schuld liegt ganz allein bei Ihnen.«
    »Nicht ganz«, entgegnet die Stimme. »Uns fallen da noch drei, vier andere Leute ein.«
    »Wollen Sie mir drohen?«
    »Dave«, sagt die Stimme. »Wenn wir Sie bedrohen wollten, dann wären Sie jetzt gefesselt und könnten zuschauen, wie wir die Pimmel Ihrer Köter an Ihre Frau verfüttern …«
    »Leckt mich am Arsch.«
    »Fertig?« fragt die Stimme. »Also, hören Sie zu …«
    Der Mechaniker legt auf
.
    Der Präsident hatte nicht um Hilfe gebeten. Er wollte keine Hilfe, er brauchte keine Hilfe. Der Präsident war nicht zum Betteln gekommen, er wollte keine Almosen, er brauchte keine Almosen. Der Präsident war nur gekommen, um sie beim Wort zu nehmen, sie daran zu erinnern, Vereinbarungen einzuhalten, ihnen das Versprechen abzunehmen, endlich abzukassieren. Zu kassieren, was ihm gehörte. Bei den Stahlarbeitern. Den Lastwagenfahrern. Den Eisenbahnern. Den Schauerleuten –
    Das Versprechen, jeden Transport von Kohle zu unterlassen –
    Auf Straße, Schiene, Wasser –
    Die Kraftwerke abzuschneiden. Die Stahlwerke stillzulegen –
    Das ganze Land.
    Dazu war der Präsident hier, und er hatte vor, das durchzuziehen.
    Die NUM übernahm die Transport and General Workers’ Union, die TGWU. Sie bestellten Tee und Sandwiches. Dann hörten sie sich den neuen Tagesbericht an:
    35 von 176 Zechen fördern noch; Staus auf M1 und A1, da die Streikenden an den Straßensperren randalieren; neuer Ärger im Coal House; mehr als 300 Verhaftungen
.
    Der Präsident trug mal wieder seinen Gerichtsanzug. Er war ungeduldig –
    »Dieser Fall wird sich ewig hinschleppen«, sagte er.
    »Aber das wussten wir doch schon«, sagte Paul.
    »Ewig!« brüllte er. »Und die Rechten hocken da oben und schmieden ihre Pläne.«
    »Du bürdest dir zu viel auf«, mahnte Dick.
    »Abstimmung. Abstimmung. Abstimmung«, sagte der Präsident. »Das ist alles, was ich höre.«
    »Wir sollten nicht hier unten rumhocken«, meinte Paul. »Wir sollten dort sein, wo der Kampf stattfindet.«
    »Wir sind reingelegt worden«, flüsterte der Präsident. »Reingelegt.«
    »Ich kümmere mich um das Rentenproblem«, erklärte Terry.
    Der Präsident sah Terry an und lächelte. »Danke, Genosse.«
    Es klopfte an der Tür. Alice, eine der Damen des Präsidenten, kam herein und sagte: »Sie warten auf uns.«
    »Nein«, entgegnete der Präsident und erhob sich lachend. »Wir warten auf sie – auf ihre uneingeschränkte Unterstützung, auf die völlige Blockade aller Kohletransporte –, dann können wir nicht verlieren.«
    Alle nickten –
    Küss mich
.
    »Im ganzen Land wird nicht ein Brocken Kohle bewegt, ohne dass wir es sagen. Wir werden jede Zeche bestreiken. Wir werden jedes Kraftwerk und jedes Stahlwerk stilllegen.«
    Alle nickten –
    Küss mich in den Schatten
.
    »Wir werden die Regierung in die Knie zwingen. Wir werden sie dazu bringen, uns anzuflehen.«
    Alle nickten –
    Küss mich, Diane
.
    »Wir können nicht verlieren«, wiederholte der Präsident. »Wir werden nicht verlieren! Wir dürfen nicht verlieren!«
    Alle erhoben sich und applaudierten –
    Küss mich in den Schatten
.
    Alle folgten dem Präsidenten. Zurück an die Arbeit –
    Küss mich in den Schatten meines Herzens

    Bis zum Sieg.
    Neil Fontaine lässt den Juden in seiner Suite im Claridge’s zurück und fährt nach Bloomsbury, zurück zu seinem Einzelzimmer im County. Er ist seit fast einer Woche nicht mehr hier gewesen. Er lässt sich seine Post, seine Benachrichtigungen geben –
    Nur eine.
    Neil Fontaine geht auf sein Zimmer im sechsten Stock. Die Tür hat ein zweites Schloss. Er zieht sein Hemd aus, wäscht sich Hände und Gesicht, zieht ein frisches Hemd an und öffnet den Kleiderschrank. Dort hängt ein Blazer in einer Plastikhülle –
    Nur einer.
    Neil Fontaine zieht den Blazer an und verriegelt die beiden Schlösser. Dann geht er die Treppe hinunter und an der Bar vorbei hinaus in die Nacht. Er nimmt ein Taxi zum Special Services Club. Dort ist er schon fast ein Jahr nicht mehr gewesen –
    »Wirklich?« fragt Jerry Witherspoon. »So lange?«
    »Die Wahlnacht«, sagt

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