GB84: Roman (German Edition)
Licht brennt. Er setzt sich auf die Bettkante. Er hält ein Notizbuch in seiner Hand, nimmt die Monate auseinander und setzt sie neu zusammen. Er hört auf zu schreiben, legt das Notizbuch weg. Er steht auf und zieht die Vorhänge beiseite.
Jennifer wirft sich auf dem Bett hin und her. Sie ruft im Schlaf seinen Namen –
Jetzt gibt es nur noch solche Augenblicke
–
Neil steht am Fenster. Echtes Licht, elektrisches Licht –
Der Sommer tobt. Der Feind steht in den eigenen Reihen
–
Eine Wunde zieht sich übers Land.
PETER
Keith, seinem Cousin Sean und seinem Kumpel, der bei ihnen wohnte. Jeden Tag schlugen wir in Nottingham zu – Linby. Moor Green. Jede Zeche, die wir erreichen konnten – Tagschicht. Die anderen Schichten – sooft es ging. So viele wie nur möglich – häufig Annesley. Am schnellsten ging es über die M1. Abfahrt 27 – Keine Straßensperren. Ein paar Beobachtungsfahrzeuge am Straßenrand.
Krk-krk
. Zivilbullen auf Brücken mit Kameras und allem. Mehr nicht – Schätze, die wollten nur sehen, mit wie vielen von uns sie es zu tun hatten. Schrieben Namen und Kennzeichen auf – Keith meinte, er bekäme in aller Herrgottsfrühe stumme Anrufe. Wahrscheinlich um zu hören, ob er da war. Seans Kumpel Liam sagte, das würden sie bei der IRA in Nordirland auch so machen. Wenn sie einen für ein paar Tage nicht sehen, wissen sie, dass was im Busch ist. Eine große Sache – Für den Rest der Strecke machte ich das Radio an.
Two Tribes
– Den verdammten Song höre ich jetzt schon seit Wochen mindestens zehn Mal am Tag, den können sie doch gleich zur neuen Nationalhymne machen, sagte Sean. Als wir bei der Zeche ankamen, war es noch früh. Aber schon jede Menge Polizei.
Krk-krk
. Weißhemden auch. Verdammte Metropolitan Police. Abschaum. Der ganze Haufen. Arrogante Arschlöcher – Tut dies. Tut das. Tut dieses nicht. Tut jenes nicht. Es kamen ziemlich viele Kumpel. Aus Maltby. Dinnington. Auch noch ein paar von uns. Ein Bulle kam auf uns zu, als wir auf einer Kuhweide herumstanden. Zückte sein Notizbuch. Sein Kopf ruckte hin und her wie bei einer verdammten Taube. Also gut, sagte er. Wo kommt ihr alle her? Ich sagte es ihm. Aus Yorkshire. Ach, tatsächlich? Tatsächlich. Also gut, sagte er. Geht zu euren Fahrzeugen zurück und verpisst euch nach Yorkshire. Das ist aber nicht sehr nett formuliert, Inspector, sagte ich. Nein, erwiderte er. Und wenn du dich nicht gleich bewegst, hörst du noch mehr davon, im Knast. So fing das an. Wie ein verdammtes Tänzchen. Und wir waren gewillt, es bis zum bitteren Ende zu tanzen – Er drohte uns mit diesem, mit jenem und noch mit was anderem. Keith war im Rücken des Scheißers. Er hatte ihm die Schlüssel aus dem Wagen geklaut und über die Hecke auf die nächste Weide geschleudert. Verrückter Hund. Ich dachte, am besten verschwinden wir jetzt. Also gut, Inspector, sagte ich, Sie haben ja recht. Wir machen uns dann mal auf den Weg. Der Bulle konnte sich einen großkotzigen Gesichtsausdruck nicht verkneifen. Wie stolz er auf sich war! Wahrscheinlich dachte er, er würde jetzt die Queen’s Medal für Tapferkeit kriegen oder so was. Wir versuchten, nicht lauthals loszuprusten – Kein Mucks. Nur ja nichts verraten – Keith, ich und die beiden gingen zu unserem Wagen. Die anderen auch. Ich sorgte dafür, dass alle an dem Bullen vorbeifuhren. Und tatsächlich, da stand er und klopfte sich die Taschen ab. Keith kurbelte das Beifahrerfenster runter und sagte: Was gibt’s denn? Geht euch nichts an, brüllte der Kerl. Sie haben doch wohl nicht die Schlüssel verloren, oder?, fragte Keith. Da sollte die Polizei doch wohl mit gutem Beispiel vorangehen, fügte Sean an – Alle mussten lachen, den ganzen Weg zurück nach Thurcroft über – den ganzen Weg zurück zu einem weiteren verdammten Brief des NCB, der auf unseren Türmatten lag. Der hatte ja wohl zu viel Zeit und Geld, der Typ. Fetter verdammter Yankee-Mistkerl – Gefährliche Zeiten. Die Gespräche waren vorüber. Das NCB war eifrig damit beschäftigt, uns zu erklären, dass die Flöze Gefahr liefen, einzubrechen. Und dass die Vorräte leicht bis kommendes Jahr reichen würden. Und dass sechzigtausend Mann noch immer arbeiteten. Und dass wir eine Abstimmung bräuchten. Das erzählte man uns in persönlich adressierten Briefen. Bei Anrufen. Hausbesuchen. Dann noch ihre Rachefeldzüge. Ihre Lügen. Die Jungs sind ganz heiß auf weitere Massenstreiks, sagte Derek – Shirebrook letzte Woche hat sie auf den
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