Gebannt: Band 3 (German Edition)
er wartete meine Antwort nicht ab. » Gib sie mir!«, sagte er und ging au f Lincoln los, wobei er die Hände unter Steph schob und versuchte, sie von ihm wegzuziehen. Steph wollte nach ihm schlagen, aber das brachte ihn nur dazu, es noch hartnäckiger zu versuchen. Ich konnte verstehen, warum. Sie sah völlig weggetreten aus.
» Jase!«, brüllte ich gegen die Musik an. Sein Kop f fuhr in meine Richtung, sein Blick war wütend.
Ich hätte ihn am liebsten angelächelt, weil ich so stolz au f ihn war, dass er au f diese Weise für seine Schwester eintrat. Aber Schulterklopfen würde uns hier nicht weiterbringen.
» Jase, sie ist okay!«, schrie ich erneut. » Wir bringen sie nach oben.« Dann fiel mir wieder ein, dass Dapper nichts damit zu tun haben wollte. » In die Personal wohnung«, betonte ich und sah Lincoln dabei an. Bestimmt hatte sonst niemand das kleine Nicken bemerkt, mit dem er mich bedachte.
» Ihr bringt sie nirgendwohin!«, schrie Jase. » Gib sie mir!« Er versuchte erneut, sie Lincoln zu entreißen.
Na, dann viel Glück.
Lincoln schob Steph mit einem Ruck ein wenig nach oben. » Sie ist nicht so leicht, wie sie aussieht. Ich habe sie gerade sicher im Arm. Wie wäre es, wenn ich sie nach oben bringe und du kannst ihr dann nach Belieben helfen?«
Aber Jase wollte das nicht dulden, und auch wenn seine Hartnäckigkeit nervig war, empfand ich einen gewissen Stolz.
In dem Moment schaltete sich Griffin ein. Er legte die Hand au f Jase’ Schulter und blickte ihm in die Augen. Ich wusste, was jetzt kommen würde. Griffins Stärke besteht in der Fähigkeit, Wahrheit zu finden und zu vermitteln. Wenn Wahrheit existierte, konnte er sie in einem Menschen erkennen. Außerdem konnte er Wahrheit voll und ganz an andere Menschen vermitteln.
» Wir helfen ihr. Wir haben ihr nichts getan.«
Ich entdeckte den Schimmer, den leichten Staub von Griffins Kraft, als sie von ihm zu Jase wanderte, dessen Augen sich weiteten und dann sanft wurden, weil er die Wahrheit, die ihm aufgezwungen wurde, nicht bestreiten konnte.
Griffin nickte Lincoln zu, damit er weiterging.
Lincoln ging voraus, stieg die Treppe zu Onyx’ Wohnung hinau f und legte Steph au f die Schlafcouch.
Jase drängte sich hinter ihnen herein und setzte sich neben seine Schwester. Er glaubte vielleicht, dass niemand ihr etwas tun würde, aber er musste mit eigenen Augen sehen, dass sie okay war.
» Steph, was ist passiert?«
Steph tat ihr Bestes. Sie wurde von Minute zu Minute klarer. In einer Stunde oder so würde sie bestimmt wieder ganz die Alte sein. Sie setzte sich in den Kissen au f und bemühte sich, die Augen offen zu halten und zu lächeln.
» Es geht mir gut. Ich fühle mich nur total bescheuert«, sagte sie.
» Wo bist du verletzt?«, fragte Jase und musterte sie von oben bis unten.
» Nur im Gesicht. Ich war in der Bibliothek, und als ich hierherkommen wollte, bin ich die dämliche Treppe runtergefallen.«
» Das kannst du sonst jemandem erzählen!«, sagte er.
» Es stimmt aber«, fuhr Steph fort, völlig ungerührt von der Weigerung ihres Bruders, ihr das abzukaufen. » Es war dunkel und ich bin gestolpert und beim Fallen au f das Geländer geknallt.« Ihre Hand wanderte zu ihrem Gesicht, und sie zuckte ein wenig zusammen. » Die Bibliothekarin kam heraus, um mir zu helfen. Sie gab mir eine Tablette und sagte, ich solle mich entspannen.« Sie täuschte ein sarkastisches Lachen vor.
Eigentlich klang es sehr glaubwürdig. Steph spann ein trickreiches Netz, während wir anderen schwiegen und aufmerksam ihrer Geschichte lauschten, um uns hinterher daran halten zu können.
» Sie gab dir eine Tablette, die dich so fertiggemacht hat? Die Bibliothekarin?«, wiederholte Jase. Er war ziemlich gut darin, völligen Unsinn zu erkennen.
» Ja. Dann kamen Lincoln und sein Freund Griffin vorbei und sahen mich draußen au f den Stufen.«
Jase sah Lincoln an, den er bereits kannte, und dann Griffin, der sich durch Nicken zu erkennen gab.
» Sie riefen Violet an und brachten mich hierher, weil sie wussten, dass du hier sein würdest.«
Und da war er. Der dreifache Rittberger mit Doppelschleife und dem Schwierigkeitsgrad 5.0, den Steph mit einer perfekten Landung abschloss. Genau im Schoß ihres Bruders!
Jase’ harte Fassade bröckelte. Er schluckte schwer – wahrscheinlich eine gehörige Dosis brüderlicher Liebe – und legte ihr die Hand au f die Stirn.
» Schon okay, du Dussel. Ich lasse mich von jemandem vertreten und bringe dich
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