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Gebannt - Unter Fremdem Himmel

Gebannt - Unter Fremdem Himmel

Titel: Gebannt - Unter Fremdem Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Rossi
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aussehen, die auch ständig durch die Luft schwirrten, überlegte er. Im Wohnraum ächzten die Holzdielen unter dem Gewicht seines Bruders, der weitere Scheite in die Herdstelle legte und das Feuer wieder anfachte. Perry starrte auf den Beutel zu seinen Füßen und hoffte darauf, dass die verschlissene Kunststofffolie Vale davon abhalten würde, die darin eingehüllten Gerüche wahrzunehmen.
    Die Leiter knarrte. Vale kletterte hinauf. Talon schlief zusammengekrümmt an Perrys Seite, eine kleine Faust unter das Kinn gelegt, das dunkelblonde Haar schweißnass. Das Knarren verstummte.
    Vale stand direkt hinter ihm und atmete mehrmals ein und aus. In der Stille erschien Perry das Geräusch übermäßig laut. Er konnte Vales Stimmung nicht riechen. Da sie Brüder waren, entgingen ihren Nasen in diesem Fall die Nuancen, und sie interpretierten sie als ihre eigenen. Doch Perry stellte sich einen bitteren, rötlichen Geruch vor.
    Er sah, wie sich ein Messer über ihm bewegte. Einen panikartigen, blinden Augenblick lang glaubte Perry, dass sein Bruder ihn auf diese Art und Weise töten würde. Kriegsherren mussten Herausforderungen normalerweise in der Öffentlichkeit austragen, vor dem gesamten Stamm. Schließlich gab es Regeln. Doch das hier hatte seinen Anfang am Küchentisch genommen. Es war von Anfang an schiefgelaufen. Ganz gleich, ob Perry fortging oder starb oder siegte, Talon würde auf jeden Fall verletzt werden.
    Im nächsten Moment erkannte Perry, dass es sich nicht um ein Messer handelte, sondern lediglich um Vales Hand, die nach Talon griff. Er ließ die Hand auf dem Kopf seines Sohns ruhen, wartete einen Augenblick und strich Talon das feuchte Haar aus der Stirn. Dann stieg er die Leiter wieder hinab und trottete durch den Wohnraum. Licht flutete durch das Haus bis hinauf zum Dachboden, als die Eingangstür geöffnet wurde. Dann schloss sie sich wieder und ließ Perry und Talon in der Stille zurück.

Aria   | Kapitel Fünf
    Aria erwachte in einem Raum, den sie noch nie gesehen hatte. Als sie die Finger an ihre pochende Schläfe pressen wollte, zuckte sie erschrocken zusammen. Schwerer Stoff raschelte an ihrem Arm. Sie schaute an sich herab und stellte erstaunt fest, dass sie von Kopf bis Fuß in einen weißen Anzug gehüllt war. Verwundert wackelte sie mit den Fingern in den übergroßen Handschuhen. Wessen Kleidung trug sie hier?
    Als sie den Medi-Anzug erkannte, schnappte sie bestürzt nach Luft. Lumina hatte ihr von derartigen therapeutischen Kleidungsstücken erzählt. Aber wieso war sie denn krank? Die sterile Umgebung von Reverie hatte Krankheiten doch ausgerottet, und Genforscher wie ihre Mutter sorgten schließlich dafür, dass sie alle körperlich gesund blieben. Aber Aria fühlte sich im Augenblick überhaupt nicht gesund. Vorsichtig drehte sie den Kopf nach links und rechts. Selbst die kleinste Bewegung verursachte höllische Schmerzen.
    Langsam setzte sie sich auf, worauf ein heftiger Stich in ihrer Ellbogenbeuge sie aufstöhnen ließ. Aus dem Ärmel ihres Anzugs ragte ein mit durchsichtiger Flüssigkeit gefüllter Schlauch heraus und verschwand im dicken Untergestell ihres Betts. Ihr Kopf dröhnte, und die Zunge klebte ihr am Gaumen.
    Hastig verschickte sie eine Nachricht. Lumina, hier ist irgendwas passiert. Aber ich weiß nicht, was los ist. Mom? Wo bist du?
    Entlang einer Wand erstreckte sich eine Stahltheke, und darauf stand einer jener zweidimensionalen Retro-Bildschirme, wie man sie vor langer Zeit benutzt hatte. Aria erkannte eine Abfolge von Linien – die Lebenszeichen, die ihr Anzug übertrug.
    Warum ließ Lumina sich so viel Zeit mit ihrer Antwort?
    Zeit und Standort , befragte sie ihr Smarteye. Keins von beiden erschien. Wo war eigentlich ihr Smartscreen?
    Paisley? Caleb? Wo seid ihr?
    Aria versuchte, eine Strandwelt anzusteuern – einen ihrer Lieblingsorte. Aber als die falschen Bilder vor ihrem geistigen Auge aufzutauchen begannen, erstarrte sie. Sie sah lichterloh brennende Bäume und Rauch, der sich auf sie zuwälzte. Dann Paisleys Augen, vor Angst weit aufgerissen. Und schließlich Soren, der auf ihr lag.
    Bestürzt griff sie nach ihrem linken Auge, stieß sich dabei selbst, schreckte zurück und blinzelte. Ihre Finger fanden nichts als einen nutzlosen Augapfel. Sie legte sich gerade die flache Hand auf das unbedeckte Auge, als ein schmächtiger Mann in einem Arztkittel den Raum betrat.
    »Hallo, Aria. Du bist ja wach.«
    »Doktor Ward«, sagte sie, kurzfristig erleichtert.

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