Gebieter des Sturms (German Edition)
privates Verhältnis mit … «
»Nein«, sagte Niniane. Alles in ihr reagierte auf diesen Gedanken mit heftiger Ablehnung, und dabei dachte sie noch nicht einmal an Tiagos Reaktion. Er würde es niemals zulassen. Er würde jeden töten, den sie zu heiraten versuchte. »Das ist ausgeschlossen.«
Carling schwieg für einen Moment. Dann stand sie auf, um die halb leere Weinflasche aufzunehmen. Sie schenkte erst Niniane und dann sich selbst nach.
»Vielleicht können Sie sich von der Geschichte inspirieren lassen«, sagte Carling. »Denken Sie an England. Edward VIII dankte ab, weil seine Regierung Wallis Simpson niemals akzeptiert hätte. Bei ihnen hätte eine Heirat bedeutet, dass sie den Thron bestiegen hätte. Glauben Sie, die Dunklen Fae würden eine Hochzeit zwischen Ihnen und Tiago hinnehmen und darauf vertrauen, dass er den Thron nicht ebenfalls mit Ihnen teilen wird?«
Niniane trank ihren Wein und starrte ins Leere. »Nein«, sagte sie.
»Dann war da Elisabeth I«, sagte Carling. »Ich mochte Elisabeth. Sie war eine kluge Frau. Sie nutzte die Möglichkeit einer strategischen Ehe als diplomatische List, aber natürlich konnte sie es nicht bis zum Ende durchziehen. Falls sie Liebhaber hatte, war sie so diskret, dass es ihr nie nachgewiesen werden konnte. Und sosehr das Parlament sie auch dazu drängte, sie hat nie einen Erben benannt und somit vermieden, den Thron für einen Putsch angreifbar zu machen.«
Bei diesen letzten Worten schnellte Ninianes Blick zu Carlings Gesicht. Der Gesichtsausdruck der Vampyrin war madonnenhaft gelassen. Niniane grummelte: »Gespräche mit Ihnen laufen nie so ab, wie ich es erwarte.«
Gemeinsam mit Carling trank sie die Flasche Wein leer, dann wünschte sie der Vampyrin eine gute Nacht und trat hinaus. Zusammen mit Rune ging sie zu ihrem Lager zurück. Tiago saß mit Cameron und Aryal am Lagerfeuer und aß zu Abend. Sie genoss seinen Anblick in vollen Zügen. Die Ellbogen auf die Knie gestützt, untersuchte er den Inhalt eines geöffneten Kühlbehälters, der zwischen seinen Füßen stand. Er beteiligte sich nicht an der Unterhaltung zwischen Cameron und Aryal, hörte ihnen jedoch zu. Er hatte Farbe bekommen, verströmte Vitalität und wirkte entspannter und ungezwungener, als sie ihn je in New York erlebt hatte. Adriyel schien ihm gutzutun.
Dann hob er den Blick und sah sie, und seine Entspannung löste sich in Luft auf. Als er aufstand, lag auf seinem Gesicht eine Aggression, die sie an ein Beil erinnerte. In ihrem Kopf fragte er: Was ist los?
Sie sah ihn an. Zärtliche Verzweiflung durchbrach ihre Müdigkeit. Woher weißt du?
Dein Geruch. Mit zwei schnellen Schritten stand er vor ihr. Er fasste sie an den Ellbogen und blickte besorgt auf sie herab. Sag mir, was passiert ist!
Ihre Augen wurden feucht. Sie legte eine Hand an seine Brust und streichelte ihn. Ich werde dir schon sehr bald alles darüber erzählen, versprochen! Aber im Moment kann ich es nicht. Ich muss über einiges nachdenken, bevor ich weiß, wie ich darüber reden kann.
Okay, sagte er. »Setz dich doch und iss etwas zu Abend! Wie ich höre, hast du noch nichts gegessen.«
»Ich habe keinen Hunger«, sagte sie. »Ich gehe schlafen.«
Seine Miene verfinsterte sich. »Fee.«
Sie schloss die Augen. Dräng mich jetzt nicht, Tiago!
Er legte seine Stirn an ihre. Ich kann dir nicht helfen, wenn du nicht mit mir sprichst.
Vielleicht kannst du mir hierbei überhaupt nicht helfen. Manche Dinge tun einfach weh, sagte sie. Als er seinen Griff verstärkte, öffnete sie die Augen und schrak vor seinem wilden Blick zurück. Sie nahm alle Kraft zusammen und sagte: Ich werde bald mit dir sprechen. Aber jetzt gehe ich ins Bett. Ich brauche etwas Zeit für mich, um nachzudenken, das heißt … ich muss allein ins Bett gehen. Bitte!
Seine Lippen öffneten sich und zeigten zusammengebissene Zähne. Seine magische Energie lastete schwer auf ihr, und sie wusste, dass es all seinen Instinkten zuwiderlaufen musste, aber im nächsten Augenblick wich er zurück. Der Griff an ihren Ellbogen lockerte sich. Ich werde in telepathischer Reichweite bleiben, sagte er. Wenn es auch nur den geringsten Anlass gibt, musst du mich rufen, hörst du?
Telepathische Reichweite. Das hieß, er würde sich in einer Entfernung von drei bis fünf Metern aufhalten. Sie entspannte sich und nickte. Ich liebe dich.
Wir werden darüber reden, Niniane, sagte er.
Bald. Versprochen!
Er ließ sie los und trat zurück. Die anderen waren verstummt
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