Gebieter meines Herzens: Sie war einem anderen versprochen - doch er entflammte ihre Leidenschaft (German Edition)
sobald ein Mann in ihre Nähe kam. Nicht einmal Old Ned blieb verschont. Hin und wieder presste sie die Hand auf ihr Mieder, als schlüge ihr Herz zu schnell, und seufzte melodramatisch wie eine Schauspielerin auf der Bühne. Wann immer sie jemand nach ihrer Meinung fragte, seufzte sie tief und antwortete: »Ich weiß es wirklich nicht. Was meint Ihr ?«
Heute Abend jedoch hatten die Schwestern etwas gemeinsam: Sie betrachteten James mit unverhohlener Gier in den Augen.
Riona, die so heftig gegen die gesellschaftlichen Regeln aufbegehrt hatte, verspürte plötzlich den Wunsch, ihrerseits ein paar aufzustellen. James sollte verboten werden, andere Frauen anzulächeln. Weder die Mägde noch Polly und schon gar nicht die arme Abigail. Und auch keine Fremden. Frauen verwandelten sich in seiner Gegenwart in törichte Geschöpfe. Sie vergaßen offensichtlich jede Vernunft, kicherten oder himmelten ihn mit glänzenden Augen an.
Riona wünschte, sie könnte sie irgendwie davon abbringen, ihn anzustarren, aber ihre guten Manieren verboten ihr, etwas zu sagen. Und noch etwas: Er gehörte ihr nicht. Er würde ihr nie gehören. Die Erkenntnis, obwohl nicht neu, traf sie wie ein Schlag in den Magen. Er gehörte ihr nicht. Er würde ihr nie gehören. Wenn sie sich das immer wieder vorbetete, wäre sie vielleicht irgendwann in der Lage, sich in seiner Gegenwart angemessen zu benehmen.
Sie richtete ihren Blick auf ihren Teller, das Besteck, die Damasttischdecke, auf alles, nur nicht auf ihn, der ihr wie üblich gegenübersaß.
Ein Kuss band sie nicht aneinander. Nicht einmal ein solcher Kuss. Aber es war eine Qual, hier zu sitzen und mit ansehen zu müssen, wie andere Frauen ihn bewunderten, zu wissen, dass sie ihn nie ihr Eigen würde nennen können. Sie hatte nicht das Recht, Rosalie McDermott finster anzuschauen oder eine der beiden Schwestern für ihre schmachtenden Blicke und ihr schelmisches Lächeln zu tadeln.
Hatte sie sich auch so töricht aufgeführt?
»Was haltet Ihr davon, mich morgen zu besuchen?«, fragte Gorman McDermott.
»Das werde ich gerne tun«, antwortete James mit einem Blick zu Susanna. Sie lächelte zustimmend.
Welche Aufgabe hatte ihre Mutter ihm gegeben, dass seine Ehre ihm verbot, darüber zu sprechen? Riona hatte aufgehört, ihn danach zu fragen, aber sie war noch immer neugierig. Wo hatte er seine untadeligen Manieren gelernt? In Paris, wo jemand, zweifellos eine Frau, ihn das Tanzen gelehrt hatte?
Rosalie und Caroline lächelten und schwärmten James an, betrachteten ihn, als wäre er eine Süßigkeit und ihre Errettung vor dem Hungertod.
Aber wie kam sie dazu, deren Unverblümtheit zu verurteilen? Sie hatte sich ebenso der Hemmungslosigkeit schuldig gemacht.
Sie sollte Reue darob empfinden, dass sie ihm gestattet hatte, sie zu küssen, Bedauern, dass es dazu gekommen war – oder Schuldgefühle, weil sie keines von beiden aufbrachte und es möglicherweise wieder täte, wenn sich die Gelegenheit ergäbe. Was war sie nur für eine Frau, dass sie nicht aufhören konnte, daran zu denken?
»Ihr seid sehr still heute Abend«, bemerkte Mrs Parker neben ihr. Die Engländerin hatte rosige Wangen und sah ungewöhnlich gesund aus. Die Woche im Bett hatte offenbar Wunder gewirkt. »Fühlt Ihr Euch nicht gut? Angesichts der Gesichtsfarbe, die Ihr Euch in der freien Natur angeeignet habt, kann man es gar nicht beurteilen. Dreimal täglich und vor allem nachts Kompressen mit Buttermilch und Zitronensaft aufzulegen wird dazu beitragen, Eure Haut zu bleichen, denn ich bezweifle, dass Mr McDougal erfreut sein wird, wenn seine Braut wie eine Bäuerin aussieht.«
Riona bekundete lächelnd ihre Zustimmung. In Wahrheit kümmerte es sie herzlich wenig, ob Harold ihre Gesichtsfarbe gefiel.
»Eure Haartracht ist unvorteilhaft eintönig«, fuhr Mrs Parker fort. »Ein wenig Farbe könnte nicht schaden. Zum Beispiel eine Schleife – oder Blumen, wie sie Eure Schwester trägt.« Maureens Frisur schmückten Gänseblümchen, aber Maureens Haar war auch nicht ungebärdig wie das ihre. Riona war sicher, wenn sie Gänseblümchen im Haar trüge, würde es nicht reizend aussehen, sondern lächerlich.
Doch Mrs Parker war noch nicht fertig. »Ihr solltet Euch lebhafter zeigen, meine Liebe«, flüsterte sie. »Eure Schweigsamkeit erweckt den Eindruck von Missmut. Ihr wisst doch bestimmt etwas zu der Unterhaltung beizutragen – etwas, was nichts mit Ställen oder Tieren zu tun hat.«
James warf einen schnellen Blick
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