Gebieterin der Finsternis
anderen Seite spannte.
Artemis staunte. Als Mac einen Schritt auf die durchsichtige Oberfläche machte, gab die Brücke zwar leicht nach, hielt aber.
»Sie wird nicht lange bleiben«, sagte er, sprang wieder runter und schob Artemis vor sich auf den Brückenbogen. »Wir müssen uns beeilen.«
Beide rannten los, den Blick auf ihr Ziel fixiert. Sie waren halb über die Brücke, als aus der Lavagrube eine dunkle Welle purer Boshaftigkeit aufstieg, die tentakelgleich nach ihnen griff, sie zu umschlingen und hinunterzureißen drohte.
Gleichzeitig begann Macs Brücke zu knacken.
Artemis erstarrte und drehte sich zu ihm um, doch er stieß sie weiter. »Lauf!«
Zur Abwechslung widersprach sie nicht. Ihre Stiefel donnerten über den sich auflösenden Zauber, während sie zur anderenSeite sprintete. Mac war ihr dicht auf den Fersen, fing sie auf und schob sie voraus, als sie ins Stolpern geriet.
Sie sprang in Sicherheit, als der Zauber vollständig nachgab. Mac stürzte sich ihr nach und suchte auf dem glitschigen Felsen nach Halt. Seine Beine traten ins Leere. Von oben tropfte brennendes Blut auf seinen nackten Rücken. Energisch packte Artemis seine Arme und zog ihn hinauf auf den festen Boden.
»Götter«, japste sie, sobald er in Sicherheit war. »Ich habe nicht geglaubt, dass wir das schaffen.«
Er rollte sich auf den Rücken und sah sie an. »Ich weiß.«
»Tut mir leid«, sagte sie beschämt.
»Schon gut.« Ächzend setzte er sich auf. »Ich war selbst nicht sicher.«
Nachdem er aufgestanden war, sah er hinauf zu den beiden Portalen, die dunkel vor ihnen aufragten. Beide waren mit einer Steinplatte verschlossen, die poliertem Obsidian ähnelte. Weder Griff oder Riegel noch Angeln waren zu erkennen, nicht einmal ein klarer Rand.
»Willst du raten, welche Ptolomaea ist?«, fragte er Artemis. »Vielleicht kannst du die Seele deines Sohnes fühlen.«
»Ich versuch’s.« Sie schloss die Augen, schien jedoch kein bisschen schlauer, als sie sie wieder öffnete. »Nein, ich fühle gar nichts.«
Mac wandte sich achselzuckend dem rechten Tor zu und richtete seine Sinne darauf. Das Todessiegel verursachte ein Brennen auf seiner Seele, denn die Todesmagie war um ein Vielfaches stärker als alles, was er je auf der Erde erlebt hatte – genauso stark wie die Lebensmagie in Annwyn.
Er legte eine Hand auf den Stein, ignorierte die sengende Hitze und malte einen Kreis auf die Oberfläche. Dann richtete er ein besonders grelles Elfenfeuer darauf.
Es war so hell, dass Artemis sich die Augen abschirmen musste. Währenddessen ergoss Mac seine Seele in das hellgrüne Feuer und befahl dem Portal, seiner Macht nachzugeben.
Nichts tat sich.
Sollte er es mit etwas mehr Druck versuchen? Er trat zurück und zeichnete einen Kreis um Artemis und sich. Darin sammelte er seine Magie und schleuderte einen Schwall Elfenfeuer gegen die Tür.
Ein Frauenlachen erklang hinter ihm. »Egal, was du machst, du kommst nie dort rein.«
Artemis gab einen erstickten Laut von sich. Langsam drehte Mac sich um und war überhaupt nicht verwundert, Hekate hinter ihnen zu sehen. Die Dämonin trug ein schimmerndes schwarzes Gewand, dessen lange Schleppe in die Lavagrube hing. Ein Spitzenkorsett schnürte ihre winzige Taille ein und hob ihre bloßen Brüste nach oben. Bei ihrem Duft nach schweren Blumen mit einer unverkennbaren Dungnote rebellierte Macs Nase.
»Du!« Artemis war zum Zerreißen angespannt, weshalb Mac ihr beruhigend eine Hand auf den Arm legte.
»Das dürfte dich wohl kaum überraschen«, konterte Hekate spitz. »Ptolomaea ist mein Reich. Wenn ihr da reinwollt, braucht ihr mich bloß zu fragen. Das Rauskommen könnte allerdings problematisch werden.«
Artemis knurrte beinahe. »Wo ist mein Sohn?«
»In Sicherheit«, antwortete Hekate lächelnd.
Sie machte eine Handbewegung, worauf die glatte Oberfläche des rechten Portals dünner wurde und schwebende Lichter dahinter erschienen. Menschliche Seelen. Die von Kindern.
Artemis schlug sich die Hand vor den Mund. »Oh Götter! Das ist Sander. Ich sehe ihn!«
Mac folgte ihrem Blick, konnte jedoch kaum etwas erkennen, bevor Hekate das Portal wieder verdunkelte. Mit einem verzweifelten Laut wollte Artemis sich auf die dunkle Wand stürzen, doch Hekate katapultierte sie mit einem Fingerschnippen in Macs Arme.
»Nein! Bitte! Bring ihn zurück. Was verlangst du? Ich tue alles, wenn du ihn nur freilässt!«
Diesmal war es Macs Hand, die ihren Mund bedeckte. »Verdammt, Artemis, sei
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