Gebieterin der Finsternis
die in der Zeitung stand.«
»Aber das war, bevor ich wusste, dass du ein Halbgott bist.« Sie griente. »Ein bisschen mehr tut dir nicht weh. Sagen wir ein Jahrtausend oder so?«
Nun konnte Artemis nicht still bleiben. »Auf keinen Fall, Mac! Lieber kämpfe ich gegen sie.«
»Du machst gar nichts«, sagte Mac und wandte sich wieder an die Dämonin. »Ein Jahrhundert.«
»Fünfhundert Jahre.«
»Hundertfünfzig.«
»Dreihundertfünfzig«, konterte sie.
»Zweihundertfünfzig.«
»Dreihundert.«
»Abgemacht«, sagte Mac.
»Mac, nein«, flüsterte Artemis. »Das schwächt dich zu sehr.«
Mac blickte zu ihr. »Tja, genau das ist der Punkt, Artemis. Ich glaube nicht, dass es das wird.« Er hauchte ihr einen Kuss aufs Ohr. »Meine Seele ist unendlich. Ich kann leicht auf dreihundert Jahre verzichten. Die sind egal. Und im Gegenzug kriege ich Todesmagie.«
»Aber deine Seele wird noch dunkler. Mir gefällt das nicht.«
»Ich würde sagen, unsere Optionen sind begrenzt.« Er trat zum Tresen. »Dann bringen wir es hinter uns«, sagte er zu der Dämonin.
Strahlend klaubte sie sich das Kaugummi aus dem Mund und klebte es auf den Tresen. »Okay, also los.«
Artemis wurde schlecht bei dem Anblick, und doch konntesie nicht wegsehen, als Mac sich über den Tresen beugte. Die Dämonin kam ihm auf halbem Weg entgegen, schlang die Arme um seinen Hals und presste ihre Lippen auf seine.
Der Kuss dauerte ewig. Artemis war kurz davor, sich zu übergeben, als Mac den Kontakt endlich brach und einen Schritt zurückwich.
»Das war echt bombastisch«, sagte die Dämonin mit einem verträumten Blick.
Macs Augen hingegen waren kälter, als Artemis sie je gesehen hatte. Sie fühlte die Finsternis seiner Aura, den Stachel seiner todesmagischen Kraft, und ein Schauer jagte ihr über den Rücken. Was wurde ihretwegen aus ihm?
Ohne zu sprechen oder sie zu berühren, ging er voraus zur Treppe, und sie eilte ihm nach. Mac riss die Tür auf.
»Scheint nichts los zu sein.« Seine Stimme klang monoton und ein wenig scheppernd.
Artemis trat ins Treppenhaus. Die Wände waren aus nacktem Beton und wurden von einer unsichtbaren Lichtquelle erhellt. Es roch nach Urin, aber wenigstens war der Boden trocken und einigermaßen sauber. Als sie übers Geländer sah, konnte sie nicht erkennen, wo die Treppe endete.
Sechs Stufen runter, nach links, nochmal sechs Stufen und wieder links. Keine Türen.
Ihre Stiefel pochten im Rhythmus zu Macs, denn sie hatte Angst, ihn zu weit vorauszulassen. Würde Malachi sie am Ende der Treppe erwarten? Was tat der Dämon, wenn er begriff, dass Mac noch mächtiger war als zuvor, nicht schwächer? So oder so reichten Macs todesmagische Kräfte nie aus, um einen Ewigen zu besiegen, selbst wenn Artemis ihm half. Sie hatte gar keine Wahl, als ihren Vertrag mit Malachi einzuhalten.
Schnell, ehe sie es sich anders überlegte, ertastete sie denSchutzschild um Macs Seele mit ihren Sinnen. Er konnte sich jetzt selbst schützen, dessen war sie sicher, aber er hatte es noch nicht getan. Der Schild, den Artemis in dem Fahrstuhl errichtet hatte, schützte ihn immer noch. Und er war leicht zu durchdringen.
Sechs Stufen runter, nach links, wieder sechs Stufen, wieder nach links. Immer noch keine Tür.
Vorsichtig angelte sie nach einem Faden des Schutzzaubers. Sie hatte schreckliche Angst. Würde Mac es bemerken? Ihr Verrat lag ihr wie ein heißer Klumpen im Bauch. Purer Selbstekel. Sie musste sich ermahnen, dass sie es für Sander tat. Und für ihren Sohn würde sie alles tun.
»Mist«, murmelte Mac, als sie abermals um eine Ecke bogen. Die Temperatur im Treppenhaus stieg an.
Heimlich verstärkte Artemis ihren Halt an dem Magiefaden. Mac schien nichts zu fühlen, wohingegen sie spürte, wie seine Anspannung zunahm. Die nächste Treppe nahm er jeweils zwei Stufen auf einmal.
Derweil umklammerten Artemis’ Sinne den Schutzschildstrang. Eine geflüsterte Silbe, mehr nicht, und er würde zerreißen. Danach löste sich der Zauber von selbst weiter auf. Bis Mac begriff, was geschah, wäre es schon zu spät.
Sie öffnete den Mund, holte Luft und machte sich bereit, das Zauberwort auszusprechen. Doch ehe sie etwas sagen konnte, regte sich tief in ihr Protest – von einer seltsam fremden Macht. Gleich darauf wurde ihr schwindlig, ihre Stiefelspitze hakte hinter eine Stufenkante, und sie griff daneben, als sie sich am Geländer festhalten wollte. Sie fiel …
Blitzschnell drehte Mac sich um und fing sie auf. »Artemis! Alles
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