Geboren in der Hölle
bewegte dabei die Lippen und schob ein Kaugummi von einer Seite auf die andere. Sein Lächeln war spöttisch und überheblich zugleich, als er Johnny zunickte.
»Komisch«, sagte Cord, »irgendwie habe ich dich sogar hier erwartet. Ich konnte mir vorstellen, daß du kommst. Ich finde es toll, daß du mich besucht hast. Hast du eingesehen oder ist dir klargeworden, wo demnächst deine Zukunft liegen wird?«
»Das weiß ich.«
»Gut, gratuliere, daß du mit mir den Neuen Weg beschreiten willst. Deshalb bist du also gekommen.«
»Nein, es geht um etwas anderes.«
Cord Cluny schwieg. Die Augen wirkten auf Johnny wie kleine, kalte Stahlplättchen, und das Grinsen sah aus wie festgefroren. »Willst du nicht reinkommen?«
Es war eine Einladung, auf die Johnny gewartet hatte, die er aber nicht akzeptieren konnte. Hinter Cord gähnte die Dunkelheit. Das Innere des Bootshauses kam Johnny vor wie ein langer Tunnel, der irgendwo in der Mitte der Hölle endete. Es war so finster, daß er nicht einmal irgendwelche Umrisse sah.
»He, was ist?«
»Sorry, aber ich verzichte. Ich wollte nur wissen, wo du dich aufhältst.«
»Das hast du ja gesehen.«
»Ja, jetzt weiß ich, wo ein Mörder wohnt.«
Cord lachte knapp. Die Anklage hatte ihn nicht unsicher werden lassen. »Wieso Mörder?«
»Sandy ist tot!«
»Klar. Ist mir nicht neu.«
»Und wer hat sie umgebracht?« fragte Johnny keuchend.
Cord wiegte den Kopf. »Du mußt das anders sehen, Johnny. Sandy wollte nicht mit mir den Neuen Weg gehen. Dabei habe ich ihr schon vieles verraten und gezeigt. Aber sie stellte sich einfach nur quer. Deshalb mußte sie sterben.«
Johnny schnappte nach Luft. Das Geständnis hatte ihn tief getroffen. Er wollte es noch immer nicht wahrhaben, denn darauf lief seine Frage hinaus. »Du…?« hauchte er. »Du verdammter Hundesohn hast Sandy Shayne getötet?«
»Manchmal muß man eben andere Wege gehen.«
Johnny ballte die Hände zu Fäusten. Er hätte Cord am liebsten ins Gesicht geschlagen. Hinein in dieses glatte, abgebrühte und zu einem Grinsen verzogene Gesicht geprügelt. Er tat es nicht und wunderte sich über sich selbst, weil er sich noch so beherrschen konnte. Das Blut war ihm in den Kopf gestiegen. Er sah Cord vor sich, nun begann dieser zu schwanken. Überhaupt bewegte sich die kleine Welt, in der sich Johnny aufhielt.
Gleichzeitig wurde ihm klar, daß Cord sein Geständnis nicht gemacht hätte, wenn er sich nicht so sicher gefühlt hätte. Er war hier der Chef, und er fühlte sich unbesiegbar. Ein König, der hier regierte und nichts anderes zuließ.
Johnny schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, Cord, aber ich werde die Einladung eines Killers nicht annehmen.«
Cord Cluny war nicht einmal überrascht. »Das habe ich mir fast gedacht«, sagte er. »Es ist schade für dich. Auch du hättest den Neuen Weg mit mir gehen können.«
»Was ist das?«
»Der Neue Weg und doch alte Weg. Der Hölle immer näher kommen, verstehst du das?«
»Nein.«
»Schritt für Schritt.«
»Bis zum Teufel, wie?«
»Ja, so ungefähr. Aber der Teufel hat jemand geschickt. Sein Geschöpf. Den in der Hölle Geborenen. So mußt du es sehen.«
Johnny waren derartige Reden nicht fremd. Er hatte in seinen jungen Jahren schon zuviel erlebt, das in eine ähnliche Richtung wies. Er wußte, wie schwach Menschen manchmal sein konnten. Daß sie sich durch Versprechen blenden ließen, und bei Cord Cluny war es auch nicht anders gewesen. Auch er hatte sich blenden lassen. Der Neue Weg war gar nicht so neu. Es war eigentlich ein uralter, den gewisse Menschen schon immer gegangen waren. Auch vor Hunderten von Jahren.
»Ich werde dir nicht zur Seite stehen!« erklärte Johnny.
Cord war nicht überrascht. »Das habe ich mir gedacht!«
»Klar, aber ich bin nicht Sandy. Ich habe dich durchschaut. Deshalb werde ich…«
»Nein, Johnny, nein. Wir sind doch nicht in einem Film, in dem du den Helden spielen kannst. Das hier ist die Wirklichkeit, und hier habe ich zu bestimmen. Auch du hast zuviel gehört und auch gesehen. Sandy ist den Weg bereits gegangen. Deshalb denke ich, daß du ihr folgen wirst. Es gibt keine andere…«
Cord Cluny >explodierte< mitten im Satz. Schattenhaft schnell lösten sich die vor der Brust verschränkten Arme, und mit der rechten Faust stieß er brutal zu.
Johnny hatte sich auf eine Auseinandersetzung eingestellt. Er reagierte ebenfalls schnell und tauchte auch zur Seite, aber der Schlag erwischte ihn trotzdem. Zwar traf er nicht sein
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