Geborgen in den Armen des Scheichs
fest.
„Er ist mein jaddi’l habeeb , mein geliebter Großvater, ja. Während mein Vater in seine Fußstapfen trat und den Frauen nachjagte, brachte er mir Arabisch bei und führte mich in die Kultur und Geschichte unseres Volkes ein.“
„Das hatte er alles für seine Liebe aufgegeben.“
„Während der Zeit der Auseinandersetzungen mit meinem Großvater war sein jüngerer lerneifriger Bruder mit einem Hochschulabschluss nach Hause zurückgekehrt und rettete schließlich die angeschlagene Ehre des Herrschers, indem er das für den Thronerben vorgesehene Mädchen heiratete. Binnen eines Jahres bekamen die beiden einen Sohn, dessen Ahnen seit tausend Jahren mit der Geschichte des Landes verbunden waren. Außerdem ließ er den neuen Reichtum dem Volk seiner Vorfahren zugute kommen.“
„Der richtige Mann für die neue Zeit?“
„Gewiss geeigneter als mein Großvater. Als dessen Vater einen Schlaganfall erlitt, kam er sofort nach Hause. Doch der Emir lag bereits im Koma und konnte ihm nicht mehr verzeihen.“
„Wie traurig.“ Sie seufzte. „Ihr Großvater wird sicher darunter gelitten haben, dass er den Zeitpunkt für eine Versöhnung versäumte. Man denkt ja immer, man hätte noch Zeit. Als mein Vater starb, haderte ich, weil ich ihm so gern noch …“
Sie brach ab und senkte den Kopf. Diesmal legte er ihr tröstend die Hand auf den Arm.
Nach einer Weile schaute sie auf. „Alles wieder in Ordnung, Kal.“
Wirklich? Rose war nur noch ihr Großvater geblieben. In gewisser Weise war sie eine arme Frau. Er hätte gerne seine große bunte Familie mit ihr geteilt.
„Was hätten Sie Ihrem Vater gerne gesagt, Rose?“
„Das ich ihn liebe.“ Ihre Augen glänzten. „Er ist mit mir sonntagmorgens immer im Wald spazieren gegangen und hat mich gelehrt, mit offenen Augen durch die Natur zu gehen. Die Namen der Bäume, Blumen und Vögel hat er mir beigebracht.“
„Und Ihre Mutter, ist sie nicht mitgekommen?“
Rose schüttelte den Kopf. „Nein, sie hat die Zeit genutzt, um in Ruhe das Mittagessen zuzubereiten. Doch Vater hat unterwegs immer ein kleines Geschenk für sie gefunden. Eine glänzende Nuss, ein Schneckenhäuschen, eine hübsche Feder oder einen ungewöhnlichen Stein.“
Die Marchioness hatte sich selbst an den Herd gestellt? Das kam ihm ungewöhnlich vor. Doch Roses Mutter war eine Bürgerliche gewesen, eine Ärztin, die ihren Polo spielenden Mann in der Notaufnahme eines Krankenhauses kennengelernt hatte, nachdem er bei einem Turnier verletzt worden war.
„Ich hätte ihm jeden Tag sagen sollen, wie sehr ich ihn liebe. Letztlich zählt nur die Liebe, Kal.“
„Es ist tragisch, dass Sie ihn so früh verloren haben. Und der Verlust der Mutter war sicher auch sehr schwer für Sie. Haben Sie an sie auch noch Erinnerungen?“
Rose sah ihn mit runden Augen an. „Meine Mutter? Ihre Tapferkeit, ihre Entschlusskraft und ihre Liebe zu meinem Vater.“ Dann seufzte sie. „Erzählen Sie weiter. Was geschah nach dem Tod Ihres Urgroßvaters?“
Irgendetwas stimmte nicht, das spürte er. Doch die Geheimnisse von Lady Rose würde er sicher nie erfahren. Und schließlich gingen sie ihn auch nichts an.
„Großvater erfuhr, dass sein Vater seinen jüngeren Bruder zum Nachfolger bestimmt hatte. Es brach ihm das Herz. Er trauerte nicht nur, sondern litt auch unter Schuldgefühlen. Ja, er drehte regelrecht durch.“
„Was hat er gemacht?“
„Er verweigerte seinem jüngeren Bruder den Eid, rief die Stämme im Norden zum Aufstand auf und versuchte, die Festung zu stürmen. Wahnwitzigerweise hatte er angenommen, dass sich das Volk für ihn erheben würde, obwohl er so lange fort gewesen war. Früher hatte es ihn, den schneidigen Scheich, angebetet, doch nun bewunderte und achtete es seinen Bruder.“
„Sind Menschen zu Schaden gekommen?“
Er schüttelte den Kopf. „Viele hatte Großvater nicht auf seine Seite ziehen können, und diese wenigen ließen ihn rasch gegen Geschenke fallen.“
„Das hört sich an wie ein Shakespeare-Stück“, sagte sie.
„Ja, obwohl es nicht blutrünstig ausging. Großvater hätte bleiben dürfen, wenn er seinen Bruder als Herrscher anerkannt und öffentlich das Knie vor ihm gebeugt hätte. Doch als er es ablehnte, sich so zu erniedrigen, schloss ihn sein Bruder aus dem Stamm aus und verbannte ihn. Das Einzige, was ihm noch blieb, war das Vermögen. Sein Vater hatte es ihm als Entschädigung für den Machtverlust zugedacht.“
„Und Ihr Vater? Wurde auch ihm
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