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Gebrauchsanweisung fuer Amerika

Gebrauchsanweisung fuer Amerika

Titel: Gebrauchsanweisung fuer Amerika
Autoren: Watzlawick Paul
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eleganteren Bordells. Verwenden Sie also auch Ihrerseits das robuste, herzliche »this guy« oder »this man«, auch wenn es sich um den Ihnen eben erst vorgestellten Präsidenten des Aufsichtsrats oder den schwedischen Botschafter handelt und auch wenn er noch direkt neben Ihnen steht und etwas rötlich anlaufen sollte. Auch »Mac« ist nicht schlecht, denn schließlich apostrophiert sie solcherart der Tankwart, und es ist die demokratische Entsprechung des englischen »Guv’nor« (das seinerseits ungefähr dem kaiserlich- wienerischen »Herr Graf« entspricht). Für Damen empfiehlt sich »honey« (oft zu »hon« verniedlicht) und »love«.
    Das Hemdsärmelige liegt dem Amerikaner eben auch in seiner Sprache – außer wenn es sich um Körperfunktionen handelt. Dabei dürfen wir allerdings nicht vergessen, daß auch in Europa vor noch nicht allzu langer Zeit etwa die Erwähnung von Hosen nicht salonfähig war. Man sprach von Beinkleidern, und Unterhosen waren buchstäblich unaussprechlich. – Im alten Simplicissimus beschrieb ein Leutnant seinem adeligen Kameraden einen heißen Manövertag mit den Worten: »Doller Tach- die Mannschaften haben jeschwitzt wie die Säue un ich hab perspiriert wie’n Schwein!« Merken Sie sich diesen Witz, denn dieselbe Unterscheidung hat sich amüsanterweise in der amerikanischen Umgangssprache bis in die neunziger Jahre erhalten: Wenn Sie schon wirklich glauben, Schwitzen erwähnen zu müssen, dann empfehle ich, das ob seines lateinischen Ursprungs salonfähigere Wort perspire und nur ja nicht sweat zu benützen. Die lapidare Bemerkung »no sweat« , in ihrer Bedeutung von »Macht nichts« oder »Es war ein Vergnügen« (als Antwort auf den Dank für einen erwiesenen Gefallen), ist dagegen durchaus akzeptabel.
    Was Toiletten betrifft, wird besonders verniedlicht. Während der Engländer meist ungeniert von toilet spricht, ist dieses Wort für seinen amerikanischen Vetter anstößig. Die bei weitem häufigste Umschreibung ist bath room . Es ist aber auch möglich, daß Sie zum Beispiel in einem Flughafen auf eine Tür mit der Aufschrift Rest Room stoßen und den Raum dankbar für soviel Dienst am Kunden betreten, da Sie müde sind und Ihr Anschlußflug erst in zwei Stunden geht. Sie werden dort die üblichen Installationen, nicht aber irgendein zur Rast einladendes Möbelstück finden. Für Damen existiert, wie in England, auch die Bezeichnung Powder Room , womit also nicht ein Pulvermagazin gemeint ist.
     

     
    Was man in einem bath room tut – ausgenommen Händewaschen, Zähneputzen, Baden und Duschen – , heißt diskret to go to the bath room . Dies mag Sie um so mehr erstaunen, als der Amerikaner heutzutage den zutreffenden Vulgärausdruck shit (als Haupt- und auch Zeitwort) gern und vielfältig verwendet – nur bloß nicht zur Bezeichnung der betreffenden Tätigkeit, denn das wäre ordinär. Dafür verwendet er eben to go to the bath room , obwohl es mit dem Bad überhaupt nichts mehr zu tun haben braucht. Sollten Sie, geneigte Leserin, besonderen Wert darauf legen, von Ihren amerikanischen Schwestern als wahrhaft emanzipiert und frei angesehen zu werden, so muß ich Ihnen schweren Herzens den Rat geben, sich im Gebrauch der Kraftwörter shit und besonders auch fuck zu üben. Aus Gründen, denen ich als Angehöriger der älteren Generation nicht folgen kann, gilt dies heutzutage als wesentlicher Beweis dafür, daß Sie die Fesseln des männlichen Chauvinismus abgeworfen haben und daher imstande sind, Ausdrücke zu verwenden, die bisher das fragwürdige Privileg ordinärer Mannsbilder waren. Aber bitte – auch fuck bloß nicht in seiner wahren Bedeutung! Wundern Sie sich also nicht, wenn Sie aus zartem Frauenmund etwa die groteske Formulierung vernehmen:
    »My neighbour [pardon, gemeint ist natürlich neighbor ] was fucking mad because my dog went to the bath room on his sidewalk [dem englischen pavement , also Gehsteig] .«
    Und da wir gerade bei diesen heiklen Themen sind: Nur dem Arzt wird es in guter Gesellschaft verziehen, wenn er vom Erbrechen als vomiting spricht.
    Der gewöhnliche Mensch sagt »I got sick to my stomach« , obwohl es natürlich auch dafür eine Reihe anderer, weniger feiner Ausdrücke gibt.
    Im Gegensatz zu England können Sie aber in den USA bloody als Kraftausdruck ohne größeres gesellschaftliches Stigma verwenden. Seine ursprüngliche, blasphemische Bedeutung (die Zusammenziehung des Ausrufs »Bless our Lady!« ) ist dem Amerikaner nämlich
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