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Gebrauchsanweisung für den Gardasee

Gebrauchsanweisung für den Gardasee

Titel: Gebrauchsanweisung für den Gardasee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Stephan
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wirkende Mauerreste, die nicht einmal besonders malerisch auf einem kleinen Hügel am Seeufer stehen.
    Malerisch hingegen, das behaupten jedenfalls die Fremdenverkehrswerbung und die einschlägige Führerliteratur, malerisch sei der Anblick der Pseudogrotten des Pseudocatull im Lichte der schräg über den nahen See schimmernden Abendsonne. Zweimal haben wir versucht, dies nachzuprüfen. Das erste Mal scheiterten wir an einem Samstag, an dem wir – es war immerhin schon Mitte Oktober – naiv genug waren, uns die Chance auf einen Parkplatz vor Sirmione auszurechnen. Die Straßen der sich auf die enge Halbinsel quetschenden Altstadt selbst sind ohnehin für den Autoverkehr gesperrt. Wer glaubt, dies würde für eine streßfreie Atmosphäre sorgen, begebe sich einmal aufs Münchner Oktoberfest; das ist bekanntlich auch für den Autoverkehr gesperrt. Bei unserem zweiten Versuch fingen wir es entschieden schlauer an: Wir schifften uns auf einer der zahlreichen Personenfähren ein, die unentwegt vom nahe gelegenen Desenzano – wie übrigens auch vom etwas weiter entfernten Peschiera – nach Sirmione und zurück verkehren.
    Auch in diesen beiden Orten müssen Autofahrer mit Parkplatzschwierigkeiten rechnen. Wie überall am Gardasee wird es um so schwerer, sein Fahrzeug zu deponieren, je näher man dem Seeufer kommt; doch mit mehr oder weniger Spürsinn findet sich dann doch jedesmal eine mehr oder weniger legale Parkgelegenheit. Apropos legal, und um endlich auf eine der meistgestellten deutschen Touristenfragen einzugehen: Ja, am Gardasee werden durchschnittlich immer noch mehr Autos gestohlen als im übrigen Norditalien – Mailand ausgenommen. Das ist vor allem am Südufer des Sees so, natürlich nicht, weil sich die südlichere Sonne aufs Gedeihen von Kriminalitätsgenen auswirkt, und auch nicht wegen eines sozialen Nord-Süd-Problems; das gibt es am Gardasee nicht. Nein, der vergleichsweise hohe Diebstahlsquotient in und um Peschiera, Sirmione und Desenzano ist einzig und allein den geographischen Verhältnissen geschuldet: Das hier ausnahmslos flache Ufer läßt Platz für sehr, sehr viele Menschen und Autos, erstens. Und zweitens bieten sowohl die hinter diesen Orten parallel zum Ufer verlaufende Autobahn wie auch das weitverzweigte Straßennetz um sie herum den Autodieben beste Chancen dafür, das fahrbare Beutegut rasch und unauffällig verschwinden zu lassen.
    Soweit die schlechten Nachrichten. Es gibt aber auch eine gute: In den letzten Jahren ist die Zahl der Autodiebstähle am Gardasee immerhin spürbar zurückgegangen. Warum das so ist, kann einem kein Mensch genau sagen; gewiß ist nur, daß sich die Risikostatistik nicht nur innerhalb der verschiedenen italienischen Regionen, sondern innerhalb ganz Europas allmählich nivelliert. Man muß also nicht mehr unbedingt an den Gardasee kommen, damit einem das Auto gestohlen wird; das kann einem, leichter als früher, auch in Hamburg oder in der Toskana passieren. Trotzdem gilt nach wie vor: Wer allzusehr dazu neigt, um sein Auto zu zittern, sollte besser per Bahn oder Flugzeug anreisen und sich dann im Mietwagen oder auf dem Fahrrad um den See bewegen. Und umgekehrt: Wer, wie die allermeisten Gardasee-Touristen, doch das eigene Auto benützt, sollte wenigstens den Kfz-Schein nicht im Handschuhfach deponieren – und im übrigen die Gelegenheit nutzen, hier ein bißchen Souveränität gegenüber seinem schnöden Besitzdenken respektive, was aufs gleiche hinausläuft, ein bißchen Gottvertrauen zu trainieren.
    Und selbst wenn es passiert: Die Versicherung wird schon zahlen, vorausgesetzt natürlich, man hat den Diebstahl möglichst schnell der Polizei gemeldet. Wobei man sich im Fall des Falles, auch wenn es deren Name nahelegt, nicht etwa an die polizia stradale wenden sollte (deren Beamte so gerne Radarfallen an den beiden Uferstraßen aufstellen), sondern an die carabinieri. Im übrigen versuchen wir hier gar nicht, die komplizierte Organisation der italienischen Polizei zu beleuchten. Ist auch gar nicht nötig; denn normalerweise sind alle Polizisten hier erfreulich hilfsbereit – es sei denn, man weigert sich, die oft absurd hohen Strafen für zu schnelles Fahren oder (eine besonders beliebte Fallenform) fürs Nichtbeachten von Stoppschildern vor Vorfahrtsstraßen zu bezahlen.
    Zurück nach Desenzano und zu unserer zweiten Exkursion nach Sirmione. Die begann äußerst vielversprechend am Dampfersteg des von einer freundlichen Nachmittagssonne beschienenen

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