Gebrauchsanweisung für Südengland
Beschwörungsformeln murmelt und auf die Phase des Mondes achtet. Gegen jegliches Leiden vor allem seelischer Natur ist auch ein getrocknetes Kraut zu erwerben.
Ein anderer Laden verkauft Tarotkarten, keltische Broschen und Schnallen sowie Ornamente jeglicher Art. In Buchhandlungen gibt es einführende Werke in die Esoterik, Weissagungen berühmter Geistführer und Anleitungen zur Aromatherapie. Ruheräume laden zur Meditation ein, in kleinen, gewölbeähnlichen Gemächern warten weise Frauen und Männer auf Kundschaft. Sie blicken in Kristallkugeln, befragen die Karten und lesen Handflächen, um dem Fragenden Auskunft über seine Zukunft zu geben. Andere analysieren die Aura, legen Hände auf, besprechen Warzen und heilen im schimmernden Licht der Kerzen und Salzlampen.
Es heißt, Glastonbury sei das sagenumwobene Avalon, die Insel, wo König Artus einst seine Tafelrunde um den Heiligen Gral versammelte. Tatsächlich war Glastonbury einst eine Insel, als das Wasser des Bristol Channels noch das zwischen den Quantocks und den Mendips gelegene Sedgemoor überspülte. Nur der nahegelegene konische Hügel, Glastonbury Tor, auf dessen Kuppel eine Kirchenruine steht, überragt die Ebene. Hier soll, alten Mythen zufolge, einst der Ort gewesen sein, an dem man Kontakt zum Jenseits aufnehmen konnte, hier war der Eingang zum Jenseits. So galt Glastonbury schon von alters her als spirituelles Zentrum.
Wer an einem nebligen Tag Glastonbury Tor besteigt, kann mit ein wenig Phantasie die Wogen des Meeres im Tal unter sich sehen und die Moderne und Hektik des Alltags in der Höhe vergessen. Wen würde es wundern, wenn ein keltischer Priester im wallenden Gewand hier auftauchen würde, um zu beten. Vielleicht ist es aber auch ein Zauberer, ein Nachfahre Merlins oder Schulkamerad Harry Potters, der an diesem mystischen Ort Kraft sammeln will. Allerdings sollte es den Wanderer ebensowenig überraschen, wenn sich dieser vermeintliche Priester oder Zauberer als Hippie entpuppt, der den Berg erklomm, um bei einem Joint sein Bewußtsein zu erweitern und zu größeren Erkenntnissen zu gelangen.
Englands Wilder Westen
I’d known before
the rounded skyline of the moor
And the rocky rivers that run
In wooded combes away from the sun …
Edward Garfitt,
Return to Exmoor
Darf Ihre Südenglandreise mit einem Hauch von Abenteuer gewürzt sein? Dann sollten Sie sich aufmachen ins West Country, wo die Landschaften wild und ungezähmt sind, bevölkert nicht nur von ungefährlichen Tieren, und wo Unvorsichtige ihr Leben in ernsthafte Gefahr bringen können. Werden Sie Zeuge wilder Jagden über das Moor, wandern Sie durch dichten Regenwald und über schmale Klippenpfade hoch über dem tosenden Meer, entdecken Sie die Geheimnisse der Tierwelt auf Safaris und folgen Sie prähistorischen Spuren, aber bitte ausgerüstet mit Karte, Kompaß und nicht, ohne sich vorher über die Wetteraussichten informiert zu haben. Nebel, Regen und Schnee bedeuten auf den einsamen Höhen der Hochmoore Exmoor und Dartmoor nicht einfach nur schlechtes Wetter, sondern können tödliche Folgen haben. Bei Exkursionen entlang der steilen Küste vergessen Sie bitte nicht, daß der Strand bei Flut völlig verschwindet und Sie höchstens als geübter freeclimber eine Chance haben, trockenen Boden unter die Füße zu bekommen. Deshalb sollte der Blick in den Gezeitenkalender, bei jedem Zeitungsladen für ein paar Pence käuflich zu erwerben, vor jedem Spaziergang an der Nordküste zur Gewohnheit werden. Es sei denn, Sie wollen ausprobieren, wie gut die von Freiwilligen besetzte Küstenwache funktioniert.
Wichtigste Kleidungsstücke sind Gummistiefel und Regenjacke, allerdings nicht in Ostfriesengelb, wenn Sie nicht auffallen möchten. Die grünen Gummistiefel werden Wellingtons oder einfach nur wellies genannt. Diesen Namen verdanken sie Arthur Wellesley, 1st Duke of Wellington, der gemeinsam mit dem Preußen Blücher in der Schlacht von Waterloo (1815) Napoleon besiegte. Als der Offizier und Staatsmann einmal per Schiff unterwegs war und gerade ins Bett gehen wollte, soll er auf den Hinweis, daß das Schiff vermutlich gleich sinken würde, geantwortet haben: »Nun gut, dann werde ich meine Stiefel nicht ausziehen.«
Der green wellie ist ein derart wichtiger Bestandteil des Lebens im West Country, daß er Namensgeber für eine von der Zeitung »Western Morning News« im Frühjahr 2001 initiierte Kampagne zur Unterstützung der
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