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Gebrochen

Gebrochen

Titel: Gebrochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeany Lena
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Mutter flehend an: „Mum, bitte. La…“
    „Sicher nicht, wer immer…“
    „Lass es!“, sagte ich nachdrücklicher.
    „Nein, wenn jemand…“
    Ich horchte nicht weiter hin, sondern wandte mich wieder zu Leon.
    „Los komm“, forderte ich ihn sanft auf. Er stand tatsächlich sofort auf, die Schachtel hielt er fest, als wäre es etwas unheimlich Kostbares. Das hätte unter anderen Umständen ein Lächeln in mein Gesicht gezaubert. Doch jetzt war ich viel zu wütend. Ich deutete auf den Vorraum, wohin Leon sich ohne Fragen wandte. Ich zog mir nur die Schuhe an, die Jacke nahm ich in die Hand. Meine Mutter wetterte, dass wir nicht einfach gehen konnten, dass wir hier bleiben sollten, dass wir reden müssten, dass ….
    Ich achtete nicht darauf. Leon hatte wieder zu zittern begonnen. Schnell öffnete ich die Türe und Leon ging, ohne dazu aufgefordert zu werden. Noch auf der Treppe murmelte ich: „Es tut mir leid. Ich dachte, sie hätte kapiert, dass sie den Mund halten soll.“
    Leon reagierte nicht. Ich schlüpfte in meine Jacke, als wir das Haus verließen und nahm ihm die Schachtel sanft aus der Hand, damit er seine auch anziehen konnte. Dann reichte ich sie ihm wieder und wir stiegen ins Auto. Auf dem Weg nach Hause beruhigte sich Leon wieder. Mein Handy klingelte, doch ich ignorierte es. Es war ganz sicher meine Mutter. Es zeigte, wie aufgebracht sie war, dass sie mich am Handy zu erreichen versuchte. Nach einer Ewigkeit gab sie auf, nur um ein paar Sekunden später wieder anzurufen. Ich ignorierte sie weiterhin. Als ich in die Garage fuhr, war Leon wieder fast entspannt. Nach wie vor schweigend, stiegen wir in den Lift. In der Wohnung ging Leon direkt zum Sofa. Vorsichtig holte er das Pendel aus der Schachtel und stellte es auf den kleinen Tisch. Er stieß es an und setzte sich dann zusammengekauert aufs Sofa. Mein Handy klingelte wieder und wieder ignorierte ich es. Ich setzte mich in den Fernsehsessel und blickte besorgt zu Leon.
    „Es tut mir leid“, sagte er nach einer Weile, die er auf sein Pendel gestarrt hatte.
    „Was soll dir leidtun? Dass meine Mutter unsensibel ist?“, fragte ich.
    „Dass ich euer Weihnachten versaut habe“, erklärte er und blickte mich kurz an.
    „Das hat schon meine Mutter geschafft“, korrigierte ich ihn. Mein Handy klingelte wieder.
    „Aber ich bin …“, setzte er an, doch ich unterbrach ihn: „Das wäre nicht so schlimm gewesen.“
    Er nickte zaghaft, nicht sehr überzeugt. Diesmal versuchte meine Mutter es auf dem Festnetz, doch auch das ignorierte ich vorerst.
    „Trotzdem schäm ich mich. Ihr wolltet mir eine Freude machen. Du wolltest mir eine Freude machen und ich brech zusammen. Ich hab dir schon wieder was unterstellt, obwohl ich doch weiß…“
    „Leon bitte. Ich versteh das. Du machst es ja nicht, um mich zu kränken. Was dir passiert ist, kann man nicht so einfach bei Seite schieben“, beruhigte ich ihn. Tränen stiegen in seine Augen, doch er nickte dabei. Diesmal wirkte es überzeugt. Ich rechnete mit einem erneuten Zusammenbruch, doch er kam nicht. Nur die Tränen rannen still über seine Wangen, während er auf das Pendel sah. Wieder läutete das Telefon und diesmal gab ich nach. Sie würde nicht aufgeben.
    „Was fällt dir ein, einfach so abzuhauen? Wir müssen reden“, sprudelte meine Mutter los.
    „Nein. Du musst zuhören. Das ist ein Unterschied“, versuchte ich ruhig zu sprechen.
    „Was…“
    „Ich hab dich gebeten“, unterbrach ich sie, „dass du kein Verhör machst. Ich hab dich gebeten, dass du es sein lässt. Du kannst nicht hören.“
    „Aber ihr müsst…“
    „Ich weiß, was ich muss. Ich weiß es seit drei Monaten“, erklärte ich, nicht mehr ganz ruhig.
    „Aber es ist ihm offensichtlich was Schlimmes passiert, das kann man doch nicht einfach ignorieren“, erklärte sie.
    „Das tu ich nicht. Aber du solltest es. Es ist meine Sache“, widersprach ich.
    „Wir sind deine Eltern…“
    „Und ihr habt mich zu einem selbstständigen Menschen erzogen“, sagte ich ungeduldig.
    „Ihr müsst zu einem Psychologen. Seine Reaktion ist doch nicht mehr normal!“, fuhr sie auf.
    „Nein“, sagte ich fest.
    „Warum will er nicht zur Polizei?“, fragte sie aufgebracht.
    „Er hat seine Gründe, die ich dir sicher nicht auf die Nase binde“, dass ich es selbst nicht wusste, brauchte sie nicht zu wissen.
    „Warum will er nicht zu einem Psycho…“
    „Weil er noch nicht so weit ist!“, brüllte ich ins Telefon. Sie schien

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