Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gebrochen

Gebrochen

Titel: Gebrochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeany Lena
Vom Netzwerk:
Mal ein Lächeln geschenkt. Es war nur leicht, aber doch deutlich zu erkennen. Ich hatte mich schnell abgewandt, um keinen Blödsinn zu machen.

    Mit all der Arbeit fiel mir gar nicht so sehr auf, wie die Zeit verging. Vier Wochen waren es, seit wir in dem Restaurant gewesen waren. Die Adventszeit hatte begonnen. Ich beschloss, dass es wieder einmal Zeit für ein wenig Abwechslung wurde. Natürlich kam nur das Wochenende in Frage. Am Samstag beim Frühstück, fragte ich daher: „Warst du schon mal auf einem Weihnachtsmarkt?“
    Das gefiel mir am Advent immer besonders. Er schüttelte den Kopf. Das erstaunte mich jetzt doch ein wenig, denn immerhin war ich das erste Mal mit vier oder fünf mit meinen Eltern auf einem gewesen. Oder vielleicht war es noch früher gewesen? Möglich, doch daran konnte ich mich nicht erinnern. Andererseits war ich auch schon als Kleinkind in einem Restaurant gewesen, was bei ihm ganz offensichtlich nicht der Fall gewesen war.
    „Hast du Lust?“, fragte ich weiter, das Grübeln, das ohnehin zu nichts führte, einstellend. Zaghaft nickte er.

    So standen wir am späten Nachmittag am Eingang des Platzes. Rundherum waren die Stände aufgebaut und dazwischen drängten sich jede Menge Leute.
    „Alles klar? Oder lieber nicht?“, fragte ich, weil er seit gut fünf Minuten auf die Menschenmenge starrte. Er rührte sich weiterhin nicht, gab auch keine Antwort, als wüsste er selbst nicht, ob er sich das zutraute oder nicht. Nachdem weitere Minuten verstrichen waren und mir langsam kalt wurde, meinte ich: „Ich bleib immer in deiner Nähe, wenn du rein willst.“
    Ich ließ ihm gerne die Wahl. Ich würde es überleben, wenn ich dieses Jahr auf keinen Weihnachtsmarkt kam. Und ich könnte ja immer noch alleine wieder her kommen. Als wäre diese Versicherung das gewesen, was er brauchte, setzte er sich in Bewegung. Zuerst ging ich neben ihm, als die Menge dichter wurde, hinter ihm her. Zu Beginn drehte er sich alle paar Sekunden um. Jedes Mal lächelte ich nur beruhigend. Mit der Zeit wurde er sicherer, was nicht zuletzt daran liegen mochte, dass er ganz fasziniert von den Sachen war. Bei jedem Stand blieb er mehrere Minuten, schien jedes einzelne, ausgestellte Stück zu bewundern. Ich selbst bekam davon nicht so viel mit, weil ich mehr auf ihn konzentriert war. Nicht dass ich ihn verlor, weil ich mir etwas ansah. Er würde vermutlich Panik kriegen, wenn ich nicht hinter ihm war.
    Wir hatten etwa die Hälfte der Stände hinter uns, als Leon vor einem Maroniverkäufer ebenfalls innehielt. An den ersten drei war er einfach vorbeigegangen.
    „Das sieht irgendwie lecker aus“, stellte er nach einer Weile fest. Ich nickte nur, wunderte mich, dass er sich keine kaufte.
    „Dir ist schon klar, dass du dir kaufen kannst, was du willst?“, fragte ich. Ich kam mir zwar ein wenig dämlich dabei vor, doch so perplex, wie er mich kurz ansah, hatte er scheinbar wirklich nicht daran gedacht, dass er jetzt über eigenes Geld verfügte. Nach einer Weile zeigte er die Andeutung eines Grinsens. Doch dann sah er mich kurz betreten an und wandte sich ab.
    „Was?“, wollte ich natürlich wissen und drängte mich an seine Seite.
    „Ich hab kein Geld mit“, erklärte er leise. Ich schüttelte nur den Kopf, weil er mich nicht fragte, ob ich ihm was leihen könnte.
    Beim nächsten Maronibrater hielt ich ihn auf und kaufte eine Tüte voll. Ich hielt sie ihm auffordernd hin, nahm mir selbst eine. Vorsichtig kostete er und sein Gesicht hellte sich richtig auf. Schien ihm zu schmecken, dachte ich lächelnd. Kauend setzten wir unseren Weg fort.
    Bei einem Stand blieb er besonders lange stehen. Fasziniert blickte er auf ein Pendel, bei dem mehrere Kugeln aufgereiht waren. Immer die äußerste schwang von den anderen weg, während die in der Mitte still blieben. Spontan beschloss ich, doch noch einmal alleine zu kommen und es ihm für Weihnachten zu kaufen.

    ***

    Die Wochen bis Weihnachten waren Horror, die Arbeit wurde immer mehr und ich war meist bis achtzehn Uhr oder länger im Büro. Sogar am Samstag musste ich arbeiten, damit wir alles fertig bekamen. Am ersten hatte ich erst, als ich auf dem Heimweg war, daran gedacht, dass ich hätte einkaufen müssen. Doch es waren schon alle Geschäfte geschlossen gewesen. Leon hatte mich damit überrascht, dass er daran gedacht hatte. Er war einkaufen gewesen. Das war mir eine enorme Erleichterung gewesen. Nicht nur, dass ich Milch in meinen Kaffee bekam, zeigte es mir, dass er

Weitere Kostenlose Bücher