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Gebrochene Schwingen

Gebrochene Schwingen

Titel: Gebrochene Schwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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von Angst zu sehen. Plötzlich wurde auch ich von Angst ergriffen und in das Labyrinth gezogen, ähnlich wie ein Kind, das auch noch das Ende von einem beängstigenden Märchen hören möchte. Als ich das Labyrinth betrat, fiel mir ein, wie es beim ersten Mal gewesen war, als ich noch nicht wußte, was es damit auf sich hatte. Damals war ich einfach drauflosgegangen. Da das warme Sonnenlicht durch die großen Hecken geschluckt wurde, hatte ich mich verlaufen. Ich hatte nicht mehr gewußt, wie ich herausfinden sollte, und war in Panik geraten. Meine Schritte waren immer schneller geworden, bis ich fast rannte.
    Schließlich hatte ich innegehalten und versucht, mich wieder zu sammeln und zu beruhigen. Ich hatte mich bemüht, die Brandung zu hören, sie war ein Anhaltspunkt für mich. Doch dann hatte ich gehört, wie in der Nähe jemand hämmerte. Ich war diesem Geräusch gefolgt und vernahm, wie ein Fenster geschlossen wurde und das Hämmern aufhörte. Ich ging damals genau so wie heute, die Arme schützend vor meiner Brust verschränkt, so wie Granny es immer getan hatte. Ich nahm eine Wendung nach der anderen, bis ich schließlich aus dem Labyrinth heraustrat und vor Troys Hütte stand.
    So war es heute auch.
    Genau wie immer tauchte das Haus, das aussah wie aus einem Bilderbuch, aus dem Nebel auf. Still stand es inmitten einiger Kiefern. Natürlich war heute kein Hämmern zu hören, niemand entwarf diese kostbaren kleinen Spielzeugmodelle, und kein wärmendes Feuer schimmerte durch die Scheiben. Da gab es nichts außer düsteren Schatten und dunklen Fenstern, die aussahen wie die Augen eines Blindes, dumpf und grau.
    Nicht einmal der krumme Gartenzaun spiegelte sich in ihren Scheiben.
    Und dennoch schmerzte mich der Anblick des Hauses.
    O Troy, dachte ich. Wie wünschte ich doch, noch einmal zu deinem Haus kommen zu können wie an jenem Tag, um dich zu bewegen, mit mir zu reden. Wie wünschte ich doch, daß du wieder hier wärest und mich auf deine unnachahmliche Art ansehen würdest – zu erleben, wie der Blick aus deinen dunklen Augen langsam über meine Gestalt gleitet, mein Gesicht wahrnimmt, meinen Hals, meinen schweren Busen, meine Taille, meine Hüften, meine Beine, so, als ob du dich an mir weiden wolltest. Wie aufmerksam du mein Gesicht studiertest! Ich konnte den Blick auf meinen Lippen spüren.
    Ich merkte, daß ich dir gefallen hatte, und das gab mir ein gutes Gefühl von meiner eigenen, starken Weiblichkeit. Ja, Troy, du hast mich mein Frau-Sein mehr fühlen lassen als je ein Mann zuvor.
    Ich war wie in einen Traum versunken. Was ist los mit mir?
    fragte ich mich. Ich sollte an diese Dinge nicht mehr denken, denn Troy war fort – für immer und ewig.
    Nach einer Weile hatte ich mich aber gefaßt und ging auf die Tür der Hütte zu. Ich war erstaunt, wie gepflegt das Gelände um die Hütte herum war. Die Wiesen waren geschnitten, und auf den Rabatten blühte es prächtig. Selbst die Fensterläden sahen wie geputzt aus.
    Nach einem Moment des Zögerns trat ich ein. Mein Herz schlug in der Brust wie bei einem Vogel, der sich gerade in die Luft schwingen will. Als ich im Raum der Hütte stand, mußte ich nach Luft ringen. Troys Stuhl war dort, wo er immer gewesen war, gegenüber dem Kamin. Einen Moment lang kam es mir so vor, als ob er dort säße und sich, wie an jenem ersten Tag, zur Tür drehen würde. Aber natürlich war niemand da, und die Stille und die Leere waren für mich schwerer zu ertragen, als ich eigentlich gedacht hatte. Ich holte tief Luft und betrachtete mir Troys spezielles Werkzeug, mit dem er jene besonderen Tatterton-Spielzeuge entworfen hatte, die nun in einer Nische in der Wand standen.
    Neben mir quietschte eine Fußbodendiele, so, als wenn ein Geist einen Schritt gemacht und dabei einen Schrei ausgestoßen hätte. Ohne zu zögern drehte ich mich um und rannte aus der Tür. Tränen strömten über mein Gesicht, Tränen aus Kummer und Angst. Ich lief zurück in das Labyrinth.
    Kopflos rannte ich die vielen Gänge entlang. Einmal stolperte ich, fand aber gerade noch rechtzeitig mein Gleichgewicht wieder, bevor ich hingefallen wäre. Außer Atem blieb ich schließlich in der Mitte eines Weges stehen, um mich zu beruhigen.
    Ebenso wie vor Jahren, als ich das Labyrinth zum ersten Mal betreten hatte, hatte ich mich verlaufen. In Panik und ohne auf die Richtung zu achten, war ich die Wege entlanggerannt.
    Aufgewühlt, wie ich war, konnte ich auch jetzt noch nicht vernünftig denken. Jede

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