Gebrochene Schwingen
war so wundervoll, wie wir jetzt miteinander schliefen, daß ich Tränen der Freude weinte, die er mir von den Wangen küßte. Immer wieder erreichten wir einen Höhepunkt, der nur aus der wahrsten, tiefsten Leidenschaft erwuchs, einer Leidenschaft, die Recht oder Unrecht nicht kannte.
Danach lagen wir uns in den Armen; wir waren befriedigt und hatten uns ganz verausgabt, wie zwei kleine Boote, die in einen Hurrikan geraten und dann den sicheren Hafen erreicht haben.
»Heaven«, fragte Troy, während er meine Haare streichelte,
»wie kann etwas so Wunderbares und Gutes Sünde sein?
Jemand macht sich einen grausamen Witz mit uns.«
»Das ist mir gleich«, sagte ich herausfordernd. »Mein einziger Wunsch ist es, in deinen Armen zu liegen und dich nah an meinem Körper zu spüren. Bleiben wir doch so, bis wir sterben.«
Er lachte und küßte erst mein rechtes, dann mein linkes Auge.
»Wie sehr klingst du doch wie die Heaven, die ich zuerst kennengelernt habe«, rief er aus, »voller wilder Hoffnung und entschlossen, alle Hindernisse zu bewältigen, die sich unserer Liebe in den Weg stellen könnten. Aber jetzt hat sich die Situation geändert, alles ist anders«, sagte er traurig. »Ich hätte das nicht zulassen dürfen. Ich habe Angst, daß es dich reuen wird, wenn du später daran zurückdenkst. Es tut mir so leid.«
»O nein, Troy!« schrie ich auf und drückte ihn noch fester an mich. »Niemals. Ich werde es nie bereuen dich zu lieben, dich zu begehren, mich vollkommen in deine Hände gegeben zu haben.«
Es setzte sich im Mondlicht auf und fuhr mit den Fingern durch seine langen Haare. Sein schönes, empfindsames Gesicht war durch das silbrige Licht, das durch die Fenster hereinschien, wie ausgelöscht. Dann wandte er sich zu mir.
»Vielleicht kennst du dich selbst nicht so gut, wie ich dich kenne, Heaven.« Er sprach mit tiefer, ernster und sehr trauriger Stimme. »Denk doch an Logan und an das, was ihr gemeinsam begonnen habt. Kannst du das alles für einige wenige Augenblicke des Vergnügens mit mir beiseite legen?«
»Es ist mir gleich«, beharrte ich. »Solange ich lebe, wird dieser Augenblick für mich wertvoll sein.«
»Ja, aber was ist mit Tony? Er könnte es herausfinden; dann wäre er wütend und würde den Bau der Fabrik in Winnerow sofort stoppen. Und wenn die Leute in Winnerow den Grund dafür herausfänden, dann könntest du niemals wieder nach Hause in die Willies kommen, Heaven. Du selbst weißt doch, wieviel Fälle von Inzest es in den Bergen gibt. Die Leute dort würden dich dann genau wie jeden anderen Hillbilly verdammen. Sie würden dich hassen, weil du ihnen ihre wiedergefundene Hoffnung, ihre einzige Möglichkeit, ein besseres Leben zu führen, zerstört hast. Du wärst noch mehr allein als bisher.«
»Ich wäre nicht allein, wenn ich bei dir wäre«, bat ich und klammerte mich an ihn, als wäre er das Leben selbst.
»Wie könntest du mit dem Wissen leben, Logan große Schmerzen zu bereiten. Das ist doch alles nicht sein Fehler. Du sagst doch selbst, daß er dir ergeben ist, daß er dich wahrhaft liebt. Willst du ihm das so zurückzahlen?«
»O Troy!« Seine Einwände ließen die Seifenblasen meiner Träume zerplatzen. Ich fühlte mich am Boden zerstört, meine Regenbogenwelt wurde von der Realität eingeholt. Verzweifelt überlegte ich und suchte nach Argumenten, die das unvermeidliche Ende aufhalten konnten.
Er schob sich vom Bett und ging zum Fenster. Während heiße Tränen über mein Gesicht strömten, beobachtete ich seine Gestalt, die schweigend auf die dunkle Welt dort draußen starrte.
»Kannst du dir nicht vorstellen, daß eine Stimme in mir dich ermutigen möchte, es zu tun? Ich sagte doch schon, daß ich zurückgekommen bin in der Hoffnung, mein ganzes Leben mit dir verbringen zu können, ganz egal, wie groß die Opfer sein mögen. Aber das war früher. Nun würden wir zu viele Menschen verletzen. Ja, für eine kurze Zeit könnten wir sicher glücklich sein, aber, Heaven« – er seufzte und drehte sich zu mir um – »wir sind beide viel zu sensibel, um den Schmerz der Menschen um uns herum ertragen zu können. Du weißt, daß ich damit recht habe, oder?« fragte er sanft. Ich nickte, und er kam zu mir. Er trocknete meine heißen Tränen mit Küssen und streichelte mir über den Kopf.
»Ich kann dich nicht aufgeben. Ich kann es nicht!« schluchzte ich.
»Meine arme Heaven, teure Heaven«, tröstete mich Troy.
»Troy«, sagte ich und richtete mich hastig auf.
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