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Gebrochene Versprechen

Gebrochene Versprechen

Titel: Gebrochene Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marliss Melton
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sie dann zur Welt kam, hingen sie schon so an dem Namen, dass sie ihn einfach beibehalten haben. Meine Schwestern sind älter als ich. Früher haben sie mich wie ein Mädchen rausgeputzt, mir Schleifchen in die Haare gebunden und so was. Aber das ist absolute Geheimsache«, fügte er hinzu und sah sie streng an. »Erzählen Sie bloß den Jungs nichts davon.« Er sah kurz zu Westy, dessen Augen fest geschlossen waren – was allerdings nichts zu bedeuten hatte.
    Hannah ließ ein raues Lachen hören, und er wusste, dass er auf dem richtigen Weg war. »Und was ist mit dem Namen Luther?«, fragte sie. »Wo kommt der her?«
    »Mein Großvater hieß so. Er ist im Zweiten Weltkrieg in einem U-Boot ums Leben gekommen.«
    Ihr verging das Lachen. »Dann sind Sie deshalb zur Marine gegangen«, traf sie ins Schwarze. – »Genau.«
    »Es läuft immer alles auf die Familie hinaus«, sagte sie nachdenklich und schaute aus dem Fenster, wo die Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt – das Washington Monument und das Lincoln Memorial – sich weiß vom kohlrabenschwarzen Himmel abhoben. »Wow, wir sind fast da«, sagte sie und in ihrer Stimme lag überbordende Erleichterung.
    »Leben Sie hier?«
    »In Alexandria. Von der anderen Seite aus kann man wahrscheinlich das Reihenhaus sehen, in dem ich wohne«, sagte sie und hatte vor Ergriffenheit glänzende Augen, als sie über den Mittelgang spähte.
    »Sie sind froh, wieder hier zu sein«, vermutete er.
    »Ich habe nicht mehr daran geglaubt«, gab sie bewegt zu.
    Das Flugzeug setzte den Sinkflug fort. Luther sprach davon, wie er als gerade mal Siebenjähriger mit seiner Familie zum ersten Mal nach D.C. gekommen war. Damals hatte er sich im National Air and Space Museum verlaufen. »Man hat mich dann im Flugsimulator gefunden«, ergänzte er und erntete ein verwundertes Lächeln. »Mein ganzes Geld war für die Simulationen draufgegangen.«
    »Warum sind Sie dann nicht Pilot geworden?«
    »Ich bin Pilot. Sogar die SEALs benötigen Flieger«, erklärte er. »Die haben mich zur Flugausbildung geschickt und mein Traum wurde wahr.«
    »Sie hatten Glück«, gab sie zurück, »dass Sie Ihre Träume verwirklichen konnten.«
    »Das werden Sie auch noch«, reagierte er auf die Wehmut in ihrer Stimme. »Sie sagten doch, Ihr Bruder schreibe gerade seine Dissertation, nicht wahr? Dann ist er doch fast fertig.«
    »Schon, aber erst mal muss ich Onkel Caleb überreden, dass er mich ziehen lässt«, seufzte sie.
    »Was macht er denn bei der DIA?«
    »Er ist der Direktor«, lautete die überraschende Antwort.
    Als das Flugzeug sich auf die Andrews Air Force Base hinabsenkte, umklammerte sie erneut die Armlehnen und sah argwöhnisch aus dem Fenster. Sie entspannte sich erst, löste ihre Finger und bettete sie im Schoß, als der Flieger stotternd stehen blieb. »Danke, dass Sie auf mich eingeredet haben«, sagte sie, ohne ihn anzuschauen.
    »Keine Ursache.« In dem Moment fühlte er sich irgendwie seelenverwandt mit ihr, als würde er sie schon sehr lange kennen.
    Dabei hätte er lieber gar nichts für sie empfunden.
    »Bleiben Sie hinter mir«, wies Luther Hannah an, als sie auf dem Weg zum Langzeitparkplatz das MAC-Terminal verließen.
    Westy befand sich hinter ihr und schirmte sie zur Schalterhalle hin ab, wobei seine Hand locker auf dem Griff seiner SIG Sauer P226 lag, die er beim Zoll wiederbekommen hatte. Über ihren Köpfen kreisten Möwen und kündeten ihnen von einer nahenden Schlechtwetterfront. Im warmen Wind klebten ihnen, während sie zu den Autos eilten, die Kleider am Leib.
    Ich bin zu Hause! , staunte Hannah und hob die Nase, um den brackigen Geruch des Potomac River einzuatmen, der sich mit Autoabgasen, exotischen Düften und dem alter Eichen mischte.
    »Schneller«, drängte Luther. Sie rief sich ins Gedächtnis, dass sie nicht sicher war, und machte größere Schritte.
    Sie näherten sich einem großen, blauen Pick-up mit Viererkabine, da zog Luther sie zur Seite, während Westy weiterging und die Unterseite des Fahrzeugs inspizierte. Hannahs Kopfhaut kribbelte. Das Individuum konnte unmöglich die Nase vorn haben.
    Was auch nicht der Fall war. Westy gab sein Okay, sodass sie fünf Minuten später auf dem Highway in Richtung Süden fuhren. Hannah seufzte erleichtert auf und ließ sich tiefer in ihren Ledersitz sinken, den sie sich mit ihrem Gepäck teilte. Als sie sich in den Verkehr auf der Interstate einfädelten, tat sich der Himmel auf und Regenmassen gingen auf ihren Wagen nieder.

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