Gebrochene Versprechen
Luther behielt eine Hand am Lenkrad, klappte mit der anderen sein Handy auf und drückte eine Taste.
»Es ist verboten, beim Autofahren zu telefonieren«, teilte Hannah ihm mit.
Daraufhin reichte er ihr das Handy über die Rückenlehne. »Ich rede auch nicht mit Valentino. Das machen Sie.«
Während Hannah das Telefon nahm, ertönte auch schon eine sanfte Stimme. »Valentino.«
»Hannah Geary hier«, sagte sie ein wenig verlegen, weil sie mit einem Mann sprach, den sie gar nicht kannte, der aber vermutlich sehr viel über sie wusste.
»Miss Geary.« Valentino klang überrascht. »Wie fühlen Sie sich? Lindstroms Schilderung von Ihrer Befreiung klang ziemlich erschütternd.«
»Mir geht’s gut«, antwortete sie. »Aber ich würde gern wissen, was überhaupt los ist. Warum hat das Individuum es auf mich abgesehen?«
Das darauf folgende Schweigen gab ihr das Gefühl, etwas Unpassendes gesagt zu haben. »Er und Ihr Vater waren so was wie Arbeitskollegen«, gab er zu.
»Wer ist er?«, drängte sie.
»Tut mir leid, das kann ich Ihnen nicht sagen. Aber vielleicht haben Sie ja eine Idee.«
»Ich? Ich habe heute zum ersten Mal von ihm gehört.«
»Hat General Pinzón zufällig erwähnt, von wem er seine Waffen bezieht?«
»Genau genommen habe ich gar nicht mit dem General gesprochen«, gab Hannah zurück, die fühlte, wie es ihr die Kehle zuschnürte. Sie würde Valentino sagen müssen, dass sie Pinzón getötet hatte. »Ist mein Bruder in Gefahr?«, wechselte sie unversehens das Thema.
»Zwei unserer Agenten folgen ihm auf Schritt und Tritt. Es gibt keinen Grund, anzunehmen, dass man es auf ihn abgesehen hat.«
Hannah umklammerte das Telefon fester. »Dann sollten die besser gut auf ihn aufpassen«, warnte sie ihn, als die Sorge sie überkam.
»Ich werd’s ausrichten«, versicherte er ihr. »Wie halten Sie sich?«
»Gut.«
»Tut mir leid, dass ich Sie den SEALs überlassen habe. Ich schulde ihnen einen Gefallen und außerdem kann ich meine Ermittlungen so besser verschleiern.«
»Schon gut, das ist ganz in meinem Sinn«, versicherte sie ihm.
»Schön. Ich muss für ein paar Tage das Land verlassen, aber in Anbetracht der Ausbildung der SEALs sowie Ihrer eigenen denke ich, dass Sie in Sicherheit sind.«
Er wusste also, dass sie bei der CIA gewesen war. »Ich muss Ihnen sagen, dass ich den General getötet habe«, platzte sie heraus, ehe der Mut sie verließ. Es war nicht einfach, es laut auszusprechen. Luthers mitfühlender Blick in den Rückspiegel entging ihr nicht.
Valentino verschlug es vor Schreck die Sprache.
»In Notwehr«, ergänzte sie und ihr brach der kalte Schweiß aus.
»Ich bin überzeugt, dass es sich nicht vermeiden ließ«, meinte der FBI-Agent, als er sich erholt hatte. Seiner nächsten Bemerkung ging ein nachdenkliches Schweigen voraus. »Dann müssen wir wohl mit Vergeltungsmaßnahmen rechnen«, warnte er in einem Ton, der sie erschauern ließ. »Tun Sie, was Sie können, um nicht in die Schusslinie zu geraten. Kontaktieren Sie keine Bekannten, nicht mal Ihren Bruder. Ich werde dafür sorgen, dass meine Agenten auf Sie aufpassen.«
»Danke.«
»Geben Sie ihn mir mal«, sagte Luther über die Schulter. Er hatte den Truck inzwischen vom Highway gelenkt und fuhr in die nächste Parklücke, sodass sie durchgeschüttelt wurden.
»Yeeha!«, rief Westy aus.
Hannah gab das Telefon ab. Sie sah sich Luther noch einmal genauer an, während er mit Valentino sprach. Konnte sie diesen Männern ihr Leben anvertrauen?
Als er am Pool aufgetaucht war, hatte Luther kein bisschen mehr so ausgesehen wie der Schwarze Mann der vergangenen Nacht. In Zivil hätte er mit seinen muskulösen eins neunzig auch auf dem Cover von Sports Illustrated abgebildet sein können. Sie hatte sich sofort zu ihm hingezogen gefühlt, und das nicht nur, weil er mit seinen dunklen Haaren und den blauen Augen gut aussah. Es kam auch nicht auf das blaue Hemd mit Button-Down-Kragen, die Jeans und die Freizeitschuhe an, die ihn in Kombination mit dem fürs Militär typischen Kurzhaarschnitt ehrlich, anständig und schwer in Ordnung wirken ließen. Es lag an der Aufrichtigkeit in seinem Blick, dass sie ihn sofort gemocht und ihm vertraut hatte.
Und sie mochte auch Westy, obwohl dieser mit seinem rostroten Bart eher wie ein Biker als wie ein SEAL aussah. Er besaß zwar eine raue Schale, doch er hatte daran gedacht, das Strandkleid für sie zu kaufen, das sie jetzt trug. Und er war der ideale Unteroffizier, der Luthers
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