Gebrochene Versprechen
ihm vorgeworfen?«
»Zerstörung militärischen Eigentums und zweifacher Mord. An dem Tag waren drei Matrosen auf dem Patrouillenboot. Offenbar arbeiteten sie für Lovitt. Der behauptet, Jaguar habe alle drei erschossen, aber so war’s nicht. Er hat gesehen, wie zwei Verwundete von Bord gesprungen sind, um sich nicht erwischen zu lassen. Jaguar schaltete den dritten Mann aus, als der das Boot mit Panzerabwehrgeschossen in die Luft sprengen wollte. Das NCIS erkannte auf Notwehr. Scheiße, er hat uns allen das Leben gerettet.«
»Ich werde für ihn aussagen«, versprach Hannah entschlossen.
»Das ist noch nicht alles«, fuhr Luther warnend fort. »Commander Lovitt stiehlt die Waffen nicht nur, weil er auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist. Anscheinend arbeitet er für jemanden, der sich ›das Individuum‹ nennt.«
Sie schüttelte den Kopf. »Und wer ist das?«
»Damit rückt das FBI nicht raus, allerdings glaubt Special Agent Valentino, dass Sie den Kerl kennen.«
Die Verwirrung stand ihr förmlich auf die Stirn geschrieben. »Wie kommt er darauf? Ich kenne niemanden, der sich ›das Individuum‹ nennt.«
Luther erkannte, dass sie die Wahrheit sagte. »Wir wissen nicht genau, was da los ist«, räumte er ein. »Special Agent Valentino spricht nicht gern über seine Ermittlungen, aber er hat zugegeben, dass das Individuum Einfluss auf verschiedene Gruppierungen ausübt, indem er sie mit gestohlenen Waffen beliefert.«
»Noch so ein Ollie North«, warf Westy erklärend ein und verwies damit auf einen Ex-Marine, der in illegale Waffenlieferungen involviert gewesen war. »Er hat offensichtlich politische Beweggründe.«
»Die Waffen, die er liefert, kommen von Lovitt, der sie zuvor stiehlt.«
Hannah legte zwei Finger ans Kinn und zog die Stirn kraus. »Das verstehe ich nicht«, gab sie zu. »War es Lovitt, der mich entführt hat, oder das Individuum?«
»Vermutlich das Individuum«, antwortete Luther. »Sie wurden von Misalov Obradovic und seiner Frau verschleppt. Beide sind serbische Auftragsmörder«, fügte er behutsam hinzu. »Ich glaube nicht, dass Lovitt solche Verbindungen hat.«
Unter ihren Sommersprossen wurde Hannah blass. »Sie waren nicht gerade freundlich«, stimmte sie zu.
Sie kam Luther unglaublich tapfer vor. »Valentino ist schon seit Jahren hinter dem Individuum her«, ergänzte er. »Dieses Mal will er seine Ermittlungen verschleiern, deshalb hat er Sie von uns befreien lassen.«
In Hannahs grasgrünen Augen spiegelten sich ihre Gedanken wider. Sie beugte sich vor und sagte vertraulich: »Ich weiß nicht, ob das von irgendeiner Bedeutung ist, aber mein Vater war bei der CIA. Ich übrigens auch, aber das ist schon Jahre her.«
Luther wechselte einen erstaunten Blick mit Westy. »Sie waren bei der CIA?«
»Ich wurde dort zur Nachrichtenoffizierin ausgebildet«, erklärte sie und um ihre Augen lagen plötzlich Schatten. »Doch dann sind meine Eltern bei einem Flugzeugabsturz gestorben und ich habe meinem Patenonkel versprochen, eine Zeit lang für die DIA zu arbeiten. Er wollte mich nicht auch noch verlieren«, fügte sie mit einem traurigen Lächeln hinzu.
Himmel . »Das tut mir leid«, sagte Luther, der die tiefe Trauer hinter ihrem Eingeständnis spürte. »Wer war Ihr Vater?«
»Alfred Geary. Er sollte der nächste Direktor werden, doch dann stürzte sein Flugzeug ab. Meine Mutter war bei ihm.«
Luther erinnerte sich, dass er vor drei Jahren in den Nachrichten von der Tragödie gehört hatte. Er suchte verzweifelt nach tröstenden Worten. »Das muss hart gewesen sein«, brachte er lahm heraus. »Beide auf einmal.«
Sie blickte auf ihre aufgeschürften Handflächen.
»Wollen Sie damit sagen, dass Ihr Vater viele Leute kannte«, erriet Luther, »und dass einer davon womöglich das Individuum ist?«
»Kann sein«, sagte sie kopfschüttelnd. »Aber wieso wurde ich entführt und ausgerechnet nach Kuba verschleppt?«
»Zu Ihrem Schutz?«, vermutete Luther.
Sie sah ihn mit hochgezogenen Brauen an. »Ich musste hungern und wurde isoliert. Dieser General wollte mich vergewaltigen. Das würde ich nicht gerade als sicher bezeichnen.«
Das gab ihm zu denken. »Valentino hält General Pinzón für einen Revolutionär. Das Individuum versorgt ihn mit Waffen für einen Staatsstreich.«
»Es wird keinen Staatsstreich geben«, erwiderte sie leise. »Der General ist tot. Ich habe ihn getötet.«
Bei diesem unerwarteten Geständnis stutzte Luther. Doch dann erinnerte er sich an einen
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