Gebrochene Versprechen
»Ach, Süße«, sagte er nur und schob ihr sanft eine Haarsträhne hinters Ohr. Es alarmierte ihn, dass ihm das Kosewort so leicht über die Lippen ging. Andererseits hatte er sie den ganzen Abend lang so genannt, schließlich gehörte es zu dem Theater, das sie hier aufführten.
Zu seiner Bestürzung kamen ihr die Tränen. Sie drehte sich weg, vergrub das Gesicht im Kissen und blieb reglos wie eine Statue und ohne einen Laut von sich zu geben liegen.
Luther seufzte stumm. Scheiße . Er konnte ihren Verdruss nicht ignorieren, bloß weil er bei ihr seine Selbstbeherrschung zu verlieren drohte. Sonst würde er wie ein Arschloch dastehen.
Also legte er sich behutsam neben sie. Er hielt einige Zentimeter Abstand zu ihr, während er tröstend mit der Hand ihren Rücken auf und ab fuhr. Ihr Oberkörper bebte. Verdammt, sie tat ihm so leid. Er wollte nicht einmal daran denken, wie es sein mochte, auf einen Schlag beide Eltern zu verlieren.
Und dann auch noch die Älteste zu sein und die eigenen Träume auf Eis legen zu müssen, um sich um den Bruder zu kümmern. Man musste schon ein besonderer Mensch sein, wenn man damit fertig wurde, ohne sein Lächeln zu verlieren.
Ohne Vorwarnung rollte Hannah sich plötzlich zu ihm herum, schlang einen Arm um seinen Hals und hielt ihn fest. Wie in der Nacht zuvor schmiegte sie sich mit ihrem schlanken, athletischen Körper an ihn. Bloß dass er in der letzten Nacht Jeans angehabt hatte und nun bloß eine Schlafanzughose trug, die sein wachsendes Verlangen nach ihr nicht kaschieren konnte. Doch Hannah schien nichts zu bemerken. Sie schniefte, wischte sich die Augen und stieß eine kraftlosen Seufzer aus. Dann schlief sie ein.
Mal wieder.
Luther betrachtete, wie das Mondlicht in Tupfen an die Decke fiel. So etwas war ihm wirklich noch nie passiert. Es hatte Frauen gegeben, die jahrelang verrückt nach ihm gewesen waren, die ihn praktisch angefleht hatten, mit ihnen in die Kiste zu steigen, und jetzt schlief Hannah schon zum zweiten Mal einfach so neben ihm ein.
Doch nach der ersten Enttäuschung fühlte er sich geschmeichelt und empfand Dankbarkeit. Offenbar vertraute sie ihm. Und sie stellte seine Selbstbeherrschung auch nicht auf die Probe, indem sie versuchte, ihn zu verführen. Er wusste ganz genau, wenn sie miteinander schliefen, würde er sie noch mehr wollen als jetzt, und es war bereits verdammt heftig.
Hannah war nichts für ihn – keine Chance. Eigentlich hatte Ronnie, von ihrer Untreue mal abgesehen, seiner Vorstellung von der perfekten Partnerin schon eher entsprochen. Hannah war eine zukünftige Nachrichtenoffizierin, die darauf brannte, ihre Fähigkeiten auf dem Gebiet der Informationsbeschaffung in der Praxis unter Beweis zu stellen und nach Übersee zu gehen. Sie war die Letzte, die sesshaft werden und ein einfaches Leben führen wollte.
Morgen früh wäre er also sicher froh darüber, ihr nicht an die Wäsche gegangen zu sein. Wie es aussah, würde er allerdings den Rest der Nacht gegen die Versuchung ankämpfen müssen.
Hannah summte im Schlaf und genoss ihren äußerst sinnlichen Traum. Sie umarmte eine breite Brust, ein Bein lag über einem muskulösen Oberschenkel. Das musste Luther sein, an den sie sich da schmiegte. Kein anderer Mann hatte einen solchen Körper.
Sie fuhr mit der Hand sanft über einen zuckenden Brustmuskel. Seine Haut war samtweich, und er besaß festes Brusthaar, das sie kitzelte, als sie mit den Fingern hindurchfuhr. Ihr fiel die Linie feiner Härchen an seinem Bauch ein und von weiblicher Neugier getrieben malte sie sie mit den Fingerspitzen nach.
Die Härchen wurden weicher, weniger ausgeprägt. Zu ihrer Enttäuschung stieß sie auf die Barriere eines Gummizugs. Moment, sie träumte doch, also gab es nur die Barrieren in ihrem Kopf, oder?
Also schob sie die Finger unter den Gummizug und … oh Mann .
Er war so hart und glatt, wie es in einer Fantasie sein sollte. Und sein Codename, Little John, passte definitiv nicht.
Begeistert von ihrer Wirkung auf ihn, ergriff sie die Gelegenheit, sodass er gegen ihre Handfläche stieß.
»Ist dir klar, was du da tust?«
Luthers schroffe Frage brachte sie ins Zweifeln, ob sie tatsächlich träumte. Sie schlug die Augen auf und fand sich, den Mund an seine Schulter gepresst, die Hand in seiner Hose, dicht an Luther geschmiegt.
Blitzschnell ließ sie ihn los und sah im selben Moment auf, womit sie den alarmierten Ausdruck in seinen tiefblauen Augen erfasste. »Tschuldigung!«, rief sie und
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