Gebrochene Versprechen

Titel: Gebrochene Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marliss Melton

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Erst zu sticheln und dann abzuhauen entsprach ihrem üblichen Verhalten.
    Hannahs Art war das nicht. Woher er das wusste, konnte Luther nicht sagen, aber er war sich sicher.
    Als er ins Zimmer kam, hörte er sie im Bad unter der Dusche. Ihr Stricktop und die Perücke lagen auf dem Bett, die restlichen Klamotten türmten sich auf dem Boden.
    Luthers Herz schlug schnell und laut.
    Er warf sein Hemd weg, schlüpfte aus den Schuhen und griff nach dem Reißverschluss seiner Jeans.
    Halt , befahl er sich selbst. Denk nach. Bist du wirklich schon so weit?
    Er kannte seine Schwächen sogar noch besser als seine Stärken. Wenn er erst einmal mit Hannah geschlafen hätte, würde er sie nie wieder hergeben wollen.
    Also, nein, er war nicht so weit. Heute würde nichts laufen.
    Seine Beziehung mit Veronica hatte ihn etwas gelehrt, das er unmöglich ignorieren konnte. Es kam darauf an, die Richtige zu finden. Er würde sich erst auf etwas einlassen, wenn er eine Frau traf, die seine Pläne fürs Leben teilte, und zwar bis hin zu den Namen ihrer ungeborenen Kinder. Wozu machte man Fehler, wenn man nichts aus ihnen lernte?
    Er hatte in den drei Jahren, die er jetzt bei den Navy SEALs war, eine Menge harter Entscheidungen getroffen. Sich abzuwenden gehörte dazu.
    Es war eine perfekte Nacht für einen Einsatz. Immer wieder grollte Donner, als über Sabena ein Gewittersturm niederging und die Landschaft durchnässte. Glühende Blitze zuckten auf Baumkronen und Hausdächer herab. Niemand, der bei klarem Verstand war, würde in einer Nacht wie dieser einen Fuß vor die Tür setzen.
    Hannah lehnte sich über das Balkongeländer und sah zu, wie Luther sich im Laufschritt dem Fluss näherte und mit der Dunkelheit verschmolz. Angeblich erwartete Westy ihn in der zweiten Taucherausrüstung unten bei den Kanus. Luther hatte seine noch in ihrem Zimmer angelegt und Hannah einen faszinierenden Einblick in die Funktionsweise des Kreislauftauchgeräts gegeben, das die verbrauchte Atemluft auffing, sodass keine Luftblasen zur Wasseroberfläche aufstiegen.
    Dann hatte er sich in seinem Neoprenanzug und mit der Ausrüstung auf der Schulter vom Balkon fallen lassen und sich in den silbrigen Regen aufgemacht. Hannah zitterte, so groß war ihr Bedürfnis, ihm zu folgen. Aber wie Luther ihr unverblümt klargemacht hatte, gab es für sie nichts zu tun.
    Sie seufzte und rieb sich über die kribbelnden Arme, auf denen sie eine Gänsehaut hatte. Der Temperatursturz brachte eine ausgesprochen herbstliche Kühle. Manchmal war es das Schicksal der Frauen zu warten, überlegte Hannah. Oder?
    Ihre Lebensgeister erwachten, als ihr eine Idee kam. Es gab doch etwas, das sie tun konnte, wurde ihr klar und sie wandte sich dem Zimmer zu, um ihre Schuhe zu suchen. Luther würde ihre Fähigkeiten nie wieder unterschätzen.

10
    25. September, 04 Uhr 15
    »Hier, Sir.«
    Er hatte es wieder getan. Luther zuckte zusammen, als Westys Stimme praktisch direkt neben seinem Ohr erklang. Der Chief stand am nächsten Baumstamm, vor dem er in seinem schwarzen Taucheranzug kaum zu erkennen war.
    Luther funkelte ihn an. Er überprüfte Westys Ausrüstung, bevor der Chief dasselbe für ihn tat – wortlos und mit einer Effizienz, die sich durch die regelmäßigen Übungen eingestellt hatte.
    An Westys Tauchergürtel hing sein Lieblingsmesser. Andere Waffen würden sie nicht mitnehmen, da es bloß darauf ankam, alles, was ihnen verdächtig vorkam, mit der in Luthers Gürteltasche verstauten Kamera zu fotografieren.
    Nachdem die beiden Männer ihre Masken gesichert und sich die Mundstücke zwischen die Zähne geschoben hatten, wateten sie ins Wasser. Sofort sanken sie bis zu den Waden im Schlamm ein.
    Selbst in der Dunkelheit konnte Luther ausmachen, wie Westy schauderte. Sie gingen weiter hinein, sodass sie schließlich hüfttief im Wasser standen, nickten einander zu und tauchten unter.
    Ihre Tauchermasken waren speziell für nächtliche Tauchgänge entwickelt worden und mit modernster Infrarottechnik ausgestattet. Was an der Oberfläche wie ein undurchdringliches Gewässer wirkte, entpuppte sich so als eine Welt voll umherflitzender Fische und versunkener Äste, mit Hügeln und Mulden sowie glitzernden Organismen, bei denen es sich vermutlich um Krabben handelte.
    Luther sah auf seinen Unterwasserkompass, anschließend schwammen sie los und durchquerten den überraschend tiefen Wasserlauf. Nach etwa einhundert Metern hatten sie die Fahrrinne und das komplizierte Netzwerk aus Pfeilern