Gebrochene Versprechen
sich im Sessel niederließ. Sie setzte sich zu ihm aufs gegenüberliegende Sofa und versuchte zu verdrängen, wie sie sich noch vor wenigen Minuten dort selbst gestreichelt und dabei an ihn gedacht hatte.
»Helen hat mir erzählt, was passiert ist – dass der Ankläger Beweise für Jaguars Verfolgungswahn vorgelegt hat. Irgendwas über erhöhte Cortisolwerte, glaube ich.«
Sebastian nickte abermals. »Der Name des Anklägers lautet Garret – Captain Garret, und er hat noch nie einen Fall verloren.«
»Du lieber Himmel, davon hat Helen nichts gesagt.«
»Sie weiß auch nichts davon«, sagte Sebastian bedeutungsvoll und rieb sich abermals die Schläfe. »Dazu hätte es nicht kommen dürfen«, fügte er hinzu. »Wir haben Beweise für Jaguars Unschuld, aber die sind nicht rechtzeitig vorgelegt worden. Lieutenant Lindstrom, du weißt schon, der große Kerl bei Jaguars Barbecue, ist gestern angeschossen worden. Er hat die Waffen gefunden, die von Lovitt geklaut worden sind.«
»Er hat sie gefunden?!« Leila keuchte. »Geht’s ihm gut?«
»Er wird schon wieder. Aber er hat die Beweise nicht rechtzeitig vorlegen können. Also haben wir unsererseits versucht, Lovitt mit dem Tod des XO in Verbindung zu bringen. Allerdings sprechen die Indizien nur dafür, dass Miller sich nicht selbst umgebracht hat.«
»Miller?« Leila legte den Kopf schief. »Sprichst du von Jason Miller?«
Sebastian sah sie sonderbar an. »Kanntest du ihn?«
»Nein, aber er hat sich, nachdem Gabe verschwunden war, letztes Jahr an Helen rangemacht. Er ist ständig bei ihr aufgetaucht und hat ihr sogar einen Liebesbrief geschrieben.«
Sebastians Blick wurde wachsamer. »Den hat sie sicher nicht mehr, oder?«, vermutete er.
»Nein, sie nicht. Aber ich, glaube ich zumindest.«
»Du? Wieso?«
»Weil Helen ihn wegwerfen wollte. Aber mir kam das alles verdächtig vor. Der letzte Mann, der Gabriel Renault lebend gesehen hat, gesteht dessen Frau seine Liebe. Wie verrückt ist das denn?«
Sebastian beugte sich vor. »Wo ist der Brief?«, fragte er und versuchte, nicht zu sehr zu drängeln. »Wir benötigen Schriftproben von ihm, damit wir nachweisen können, dass es sich bei seinem Abschiedsbrief um eine Fälschung handelt.«
»Findet man die nicht in seinem Büro?«
»Schon, aber das hat er am Tag seiner Entlassung gründlich aufgeräumt. Und eine Unterschrift – das ist alles, was wir derzeit haben – genügt nicht. Meinst du, du findest den Brief noch?«
»Ich werde ihn zumindest suchen«, versprach sie. Nur ungern wollte sie ihn enttäuschen. »Ich hebe eigentlich immer alles auf. Wahrscheinlich liegt er in meinem Laden. Dort hat Helen ihn mir gezeigt.«
»Könnten wir heute Nacht noch danach suchen?«
»Heute noch?« Sie warf einen kurzen Blick Richtung Wanduhr. »Aber es ist fast Mitternacht.«
Er holte tief Luft. »Ja, du hast recht. Tut mir leid.« Er stemmte sich hoch. Der Anblick ließ ihr Herz ganz schwer werden. »Es hat keine Eile. Uns bleibt noch eine ganze Woche bis zur Gerichtsverhandlung. Aber ruf mich an, wenn du vorher fündig wirst.« Damit ging er zur Tür.
Leila unterdrückte den Drang, ihn darum zu bitten, bei ihr zu bleiben, stand auf und lief ihm hinterher. »Hast du … « Sie stotterte und verstummte schließlich vollends, als er sich zu ihr umdrehte und ihr über die Wange streichelte. Die zärtliche Geste traf sie unvorbereitet.
»Ich muss dir etwas gestehen«, sagte er, deutlich mit sich ringend.
»Was?« Sie erstarrte, überzeugt davon, er würde ihr nun das Herz brechen und ihr mitteilen, dass es zwischen ihnen aus sei.
»Du wirst bestimmt wütend auf mich sein«, prophezeite er ihr, sein Blick verfinsterte sich und spiegelte Bedauern wider.
Ihre Augen brannten, und sie bekam zittrige Knie. Das konnte er ihr jetzt unmöglich antun – nicht, nachdem er sie dermaßen um den Finger gewickelt hatte. Er konnte doch nicht so grausam sein und ihr das Herz brechen.
»Mit deinem Auto neulich war alles in Ordnung«, erklärte er.
Was? Ihr Auto? Was hatte ihr Auto damit zu tun? »Bitte?«
»Es gab gar kein Problem mit der Elektrik.« Er griff in seine Tasche und holte Ersatzschlüssel für ihren Wagen hervor. »Ich hatte an der Zündung herumgefummelt, damit du die Nacht mit mir verbringen müsstest. Es tut mir sehr leid, Leila.« Er nahm ihre eiskalte Hand und legte das Schlüsselbund hinein. »Mein Gewissen plagt mich, sodass ich die Wahrheit nicht länger für mich behalten will. Ich hoffe, du kannst mir
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