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Geburtstag in Florenz

Geburtstag in Florenz

Titel: Geburtstag in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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Nähe und die Bars seien alle schon geschlossen. Als meine Männer ans Tor eilten, fanden sie Anna Maria Grazzini am Boden liegend. Von der Frau, die bei uns geläutet hatte, keine Spur. Einer der Carabinieri telefonierte nach einem Krankenwagen, der andere kam und holte mich.«
    »Danke, Maresciallo, das genügt fürs erste. Wenn ich recht orientiert bin, dann ist doch die Wache im Palazzo Pitti des Nachts geschlossen, und alle Notfälle werden direkt über Ihr Präsidium in Borgo Ognissanti abgewickelt?«
    »Jawohl. Wer Hilfe braucht oder eine Straftat melden will, kann sich entweder persönlich dorthin wenden oder gegebenenfalls unter 112 den Notdienst anrufen.«
    »Eben. Und wie wir bereits wissen, hatten Chiara Giorgetti und Mario Saverino zwar versucht, unter 113 den polizeilichen Notdienst zu erreichen. Doch als das nicht zum erhofften Resultat führte, riefen sie nicht, wie man ihnen geraten hatte, die Ambulanz und alarmierten auch nicht den Notdienst der Carabinieri unter 112 – nein, sie kamen zum Palazzo Pitti und läuteten bei Ihnen! Haben Sie eine Erklärung dafür, Maresciallo?«
    »Höchstwahrscheinlich lag es daran, daß Chiara Giorgetti mich kannte. So was kommt öfter vor bei uns.«
    »Und sie kannte Sie, weil Sie ihr vor ein paar Jahren aus gewissen – sagen wir Schwierigkeiten, herausgeholfen haben?«
    Chiaras Verteidiger war schon fast aufgesprungen, doch der Staatsanwalt winkte ab. Guarnaccia sah ihm an, daß er sich nur höchst ungern vom verbotenen Terrain zurückzog.
    »Sie wollte aber gar nicht zu Ihnen, in dieser Nacht, oder, Maresciallo? Sie wußte ja, daß Ihre Wache um diese Zeit geschlossen war und daß Sie höchstwahrscheinlich längst im Bett lagen. Und darum hat Sie auch gar nicht nach Ihnen persönlich gefragt und erst recht nicht Ihr Erscheinen abgewartet. Ist es nicht so?«
    »Jawohl.«
    »Gut. Aber warum dann Sie, Maresciallo, statt der 112? Wir haben von dem Angeklagten Saverino gehört, daß die Giorgetti in der Tat darauf bestand, zum Palazzo Pitti zu fahren, weil der Fall angeblich bei Ihnen am besten aufgehoben wäre. Aber wäre es nicht plausibler, davon auszugehen, daß sie bei Ihnen geläutet hat, weil sie wußte, daß Sie nicht im Dienst waren und einige Zeit verstreichen würde, bis jemand kam – just die Zeit, die sie und ihre Begleiter brauchten, um sich aus dem Staub zu machen? Mit anderen Worten, sie riefen nicht die 112 an, aus Angst, es könne eine Streife in der Nähe sein, die zu schnell eintreffen und sie überraschen würde!«
    »Einspruch!«
    »Stattgegeben. Herr Staatsanwalt, der Maresciallo ist nicht hier, um seine Meinung zu Ihren Spekulationen kundzutun, sondern um seine Aussage zu machen. Könnten wir uns freundlicherweise auf die Fakten beschränken?«
    »Keine weiteren Fragen.«
    »Herr Verteidiger?«
    Der Verteidiger, der sich bemühte, Halsbinde und Papiere gleichzeitig zu ordnen, erreichte damit lediglich, daß seine Krawatte noch mehr verrutschte und die Papiere zu Boden flatterten. Der Maresciallo starrte ihn mit seinen hervorquellenden Augen ausdruckslos an und wartete.
    »Im Verlauf dieses Prozesses war viel von Gewalt die Rede, Maresciallo. Nun kennen Sie, wenn ich recht verstehe, meine Mandantin seit etlichen Jahren. Würden Sie Signora Giorgetti als gewalttätig bezeichnen?«
    »Nein.«
    »Und halten Sie sie für eine starke Persönlichkeit, die auf Menschen und Ereignisse in ihrer Umgebung Einfluß nimmt?«
    »Nein.«
    »Wie würden Sie sie denn charakterisieren?«
    »Als willensschwach und leicht beeinflußbar.«
    »Nun hat meine Mandantin ausgesagt, daß sie an den körperlichen Ausschreitungen gegen Signora Grazzini nicht beteiligt war, diese aber gleichwohl nicht verhindern konnte. Würden Sie sagen, daß diese Aussage im Einklang mit Ihrem Bild von meiner Mandantin steht?«
    »Jawohl.«
    »Und scheint es Ihnen dann nicht auch bemerkenswert, daß ausgerechnet die Schwächste der drei Beteiligten diejenige war, die darauf bestand, Ihnen, als einer Person ihres Vertrauens, die Sorge dafür zu übertragen, daß Signora Grazzini in ärztliche Behandlung kam? Sind Sie nicht mit mir der Meinung, daß dies, in Anbetracht ihres schwachen Charakters, ein sehr deutlicher Beweis ist für die Sorge meiner Mandantin um Signora Grazzini?«
    »Nein.« Es war recht geschickt, dauernd von seiner ›Mandantin‹ zu reden, damit man nicht merkte, daß er immer wieder ihren Namen vergaß, aber seinen kleinen Einschub hatte der Anwalt vorbereitet, ehe

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