Gedankenmörder (German Edition)
sei?
«Was ist denn an Ihr Ohr gedrungen?», gab Tewes den Ball leicht gereizt zurück. Sollte sie doch erst mal damit rausrücken, was sie wusste. Schließlich war er kein Anfänger mehr im Umgang mit diesen Medienleuten.
«Ziemlich gruselige Geschichten», entgegnete Andrea Voss vage. «So, so», antwortete Tewes, um Zeit zu gewinnen. Fieberhaft überlegte er, wie er die Frau wieder abwimmeln könnte. Verdammt, dafür waren doch eigentlich seine Kollegen von der Pressestelle da. Sie sollten die Anfragen der Journalisten sammeln, kanalisieren und notfalls auch mal ein paar Nebelbomben werfen.
Doch er wusste, dass sich Andrea Voss nicht so leicht abhängen ließ. Dafür war sie zu lange im Geschäft.
«Hören Sie. Ich kann Ihnen noch gar nichts sagen. Wir sind ganz am Anfang unserer Ermittlungen.»
Sofort wurde Andrea Voss hellhörig.
«Also bestätigen Sie, dass merkwürdige Dinge im Krankenhaus vor sich gehen?»
«Nein, das tue ich nicht. Ich sage nur, dass wir ermitteln», korrigierte Tewes die Frau streng.
«Herr Tewes, Sie machen mich von Minute zu Minute neugieriger», entgegnete Andrea Voss und spielte mit Tewes gescheitertem Versuch, nichts zu sagen.
«Ich melde mich heute Mittag wieder bei Ihnen. Vielleicht haben Sie und ich dann ja schon mehr rausgefunden», verabschiedete sich die Polizeiredakteurin von dem Kommissariatsleiter.
Wütend beendete Tewes das Telefonat. Manchmal konnte er Journalisten nicht ausstehen. Sie erschwerten jede Ermittlung. Und das Schlimmste: Sie waren nicht berechenbar. Umso unverständlicher war es für ihn, dass ausgerechnet Andrea Voss von einigen Beamten geschätzt wurde. Vermutlich hatten die auch seine Handynummer weitergegeben. Zugleich hoffte er, dass in seiner Abteilung nicht ein so enger Draht zur Presse bestand.
Nachdem Frank Steenhoff den Fall der beiden geschändeten Frauen in der Frühbesprechung vorgestellt und Wessel mehr Kollegen gefordert hatte, gab Tewes zur großen Überraschung aller sofort nach. Er wollte sich nicht in der Öffentlichkeit vorwerfen lassen müssen, die Brisanz des Falles unterschätzt zu haben. Doch über seine Beweggründe schwieg er sich gegenüber den Kollegen aus.
Ab sofort sollte Steenhoffs Team noch für ein paar Tage von Manfred Rüttger, einem Beamten aus der Brandermittlung, und von einem jungen Kripobeamten, der als sogenannter Durchläufer während seiner Ausbildung für einige Wochen bei der Mordkommission arbeitete, unterstützt werden.
Zum Schluss ermahnte Tewes seine Leute noch: «Und kein Wort an die Presse. Das Ding ist zu heikel, als dass ich morgen in der Bild oder im Weser-Kurier eine blutrünstige Schlagzeile lesen möchte. Ich hoffe, wir haben uns verstanden. Wenn wir was rausgeben, dann nur über unsere Pressestelle.»
Prüfend sah er sich im Kreis der Beamten um. Niemand widersprach.
Nach der Besprechung gingen Steenhoff und sein Team in sein kleines Dachzimmer, um abzuklären, wer welche Aufgaben übernehmen würde.
Wessel sollte gemeinsam mit dem jungen Kripobeamten Fabian Block noch einmal ins Krankenhaus fahren, um mit den Haustechnikern wegen der Ersatzschlüssel für die Pathologie zu sprechen. Anschließend würden sie sich die beschlagnahmte Liste vornehmen, in die sich alle Pfleger und Krankenschwestern eintragen mussten, die Verstorbene frühmorgens oder nachts in die Pathologie brachten. Steenhoff ging zu Manfred Rüttger, dem erfahrenen Brandsachermittler, der in der Vergangenheit schon häufiger in Mordkommissionen ausgeholfen hatte. Rüttger schien nichts dagegen zu haben, für ein paar Tage den Ruß- und Brandgeruch hinter sich zu lassen und mit Steenhoff zusammenzuarbeiten. Rüttger sollte sich den Pförtner vornehmen, der in der Tatnacht und morgens Dienst gehabt hatte. Außerdem bat Steenhoff ihn, den jungen Pfleger, der die Frauenleiche gefunden hatte, «büromäßig» durchzugehen. Möglicherweise fand sich bei ihm schon ein Eintrag in den Polizei-Dateien.
Steenhoff wollte mit Petersen den Assistenten der Pathologie befragen. Vielleicht war er ja endlich genesen.
Die beiden waren schon auf dem Weg zu ihrem Dienstwagen, als sie die Stimme von Marianne Schwenning hörten. Die Sekretärin lehnte sich weit aus dem Fenster ihres Büros und formte ihre Hände zu einem Trichter.
«Frank. Hier ist Besuch für dich. Eine Zeugin.»
Überrascht schauten sich Steenhoff und Petersen an und gingen zurück ins Präsidium.
Im Flur vor seinem Büro wartete eine Frau mit dunklem
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