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Gedankenmörder (German Edition)

Gedankenmörder (German Edition)

Titel: Gedankenmörder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Gerdts
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beiden Fälle vergleichen. Er würde sie gleich morgen um Hilfe bitten.
    Steenhoff zog einen kleinen Notizblock aus der Tasche und hielt ein paar seiner Gedanken fest.
    ‹Wie ist der Kerl in die Pathologie gekommen? Wer ist Sven? Wenn Sven der Täter ist, woher wusste er von Birgit Langes Unfall? Was bedeuteten die Verstümmelungen und die Tücher?›
     
    Die lauten Rufe des Steuermanns rissen ihn aus seinen Gedanken. Der Vierer hatte gedreht und zog nun wie ein Pfeil an seiner Bank vorbei in Richtung der Bremer Altstadt. Der Schlagmann ganz vorne im Boot hatte sein Tempo gesteigert. Steenhoff schloss die Augen und lauschte den Geräuschen der Stadt und des Flusses. Hinter ihm auf einem kleinen asphaltierten Uferweg zogen zwei Skaterinnen vorbei. Ein Tuckern verriet ihm, dass ein Binnenschiff seinen Sitzplatz passierte. Dann war wieder Stille. Plötzlich wusste er, was er als Nächstes zu tun hatte. Wenn sie bis zum morgigen Tag nicht herausgefunden hatten, wer Sven ist, müssten sie den Mann mit Hilfe eines Phantombildes in den Medien suchen.
    Hoffentlich stellen wir keinen Unschuldigen an den Pranger, dachte Steenhoff, als er langsam wieder zum Auto ging.

7
    Petersen hatte Steenhoff noch kurz per Handy über die mageren Ergebnisse ihrer Ermittlungen im Krankenhaus informiert. Der Pathologe schien völlig ahnungslos. Das Gespräch mit ihm war nicht einfach gewesen. Die meiste Zeit hatte er sich selbst bedauert, dass ausgerechnet in seiner Pathologie «so etwas» passieren musste.
    «Auf der nächsten Fachtagung werden mich meine Kollegen aus ganz Norddeutschland darauf ansprechen. Und was soll ich denen dann erzählen?», hatte er Petersen gereizt gefragt. «Wie wäre es mit einer Notlüge?», hatte sie provozierend vorgeschlagen. Der Pathologe hatte erleichtert genickt.
    Am Ende ihres Berichtes hatte sie Steenhoff mitgeteilt, dass sich wenige Stunden zuvor eine Journalistin beim Krankenhauspersonal nach Details des Falles erkundigt hatte. Alle hätten behauptet, nichts erzählt zu haben. Aber angeblich verfügte die Frau bereits über einige Informationen. Zu ihrer Überraschung reagierte Steenhoff gelassen.
    «Ich hab mich ehrlich gesagt schon gewundert, wo die bleiben.»
    Er hatte Petersen versprochen, vorsorglich noch die Pressestelle zu informieren. Anschließend hatten sie verabredet, sich am nächsten Morgen gegen halb acht mit den anderen im Polizeipräsidium zu treffen.
    Petersen setzte sich in ihren Smart und fuhr ins Viertel. Eigentlich gab es diese Ortsbezeichnung gar nicht. Anfangs, als sie neu aus Hamburg nach Bremen gekommen war, suchte sie denn auch vergeblich nach dem Viertel im Stadtplan. Freunde hatten ihr geraten, am besten in diesem Stadtteil Ausschau nach einer Wohnung zu halten. Sie hatten das Leben in den von alten Häusern gesäumten engen Straßen in höchsten Tönen gelobt. Schnell begriff Petersen, dass die Bremer mit Viertel eigentlich drei kleine Wohnquartiere meinten: das Ostertor, das Steintor und das Fesenfeld.
    Das Ostertor bezeichnete vor vielen hundert Jahren das östliche Ende der Altstadt und existierte bereits in der ersten Stadtmauer, die einst das mittelalterliche Bremen umgab. Heute gab das Ostertor dem Szene-Wohnviertel seinen Namen.
     
    Petersen, die als Kind von einem Tag zum anderen ihre Heimat verloren hatte, als ihr politisch aktiver Vater Hals über Kopf den Iran verlassen musste, erschloss sich neue Orte, indem sie sie kreuz und quer durchstreifte und viel über ihre Geschichte las. So hatte sie in einem Buch entdeckt, dass damals, wo heute das Ostertor war, das Benediktinerkloster St. Pauli gestanden hatte. Um das Kloster hatten sich im Laufe der Zeit mehrere Bauernhöfe angesiedelt. Das Benediktinerkloster St. Pauli gab es zwar schon lange nicht mehr, dafür hatte sein Name in einer Straßenbezeichnung überlebt. Die Straße Beim Paulskloster war nur 50  Meter von ihrer Wohnung entfernt. Dort fand Petersen an diesem Abend zu ihrer großen Erleichterung einen Parkplatz. Am besten bewegte man sich in den verwinkelten Straßen, die einst für Handkarren und Pferdefuhrwerke angelegt wurden, mit dem Rad.
    Überall waren Mountainbikes, Kinder- und Hollandräder an die schiefen gusseisernen Zäune der Häuser gekettet. Die Bewohner hatten ihre auf den ersten Blick verwildert wirkenden Vorgärten liebevoll bepflanzt, und in vielen standen Holzbänke. Sobald es warm genug war, saßen Männer und Frauen auf den Treppenstufen ihrer Häuser, tranken Milchkaffee und

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