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Gedenke deiner Taten

Gedenke deiner Taten

Titel: Gedenke deiner Taten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Unger
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nicht so vorsichtig. Chelsea schaute über den Laptopdeckel zu ihrer Freundin hinüber, die im rosa Sitzsack hockte und sich die Zehennägel lackierte.
    »Wieso nicht?«, fragte sie und streckte sich auf dem Bett aus. Sie hatte im Schneidersitz gesessen, und nun waren ihre Beine eingeschlafen.
    »Weil das … ich weiß auch nicht. Weil das real wäre. Dann musst du mit ihm reden.« Lulu betrachtete ihre knallig pink leuchtenden Zehennägel.
    »Ja, aber genau darum geht es doch.« Hatte Lulu eben im Einkaufszentrum nicht genau das gesagt?
    »Nein«, sagte Lulu. »Solange du den Kontakt auf Facebook beschränkst, kann dir nichts passieren. Dann kann dir keiner was tun. Man kann nur lesen, was du freigibst.«
    »Am Telefon kann mir auch keiner was tun.«
    »Ja, aber das Telefon ist das Tor zum echten Leben«, sagte Lulu. »Sobald sie deine Nummer haben und dich anrufen können, deine Stimme hören, wollen sie mehr.«
    Chelsea hatte mit Adam hin- und hergeschrieben. Lulu hatte sie beraten, damit sie cool, aber nicht abweisend, keck, aber nicht billig rüberkam. Und versuch um Gottes willen, nicht so intellektuell zu klingen. Intellektuell ist dasselbe wie unsexy! Chelsea wollte keine Spielchen spielen. Sie wollte sie selbst sein und jemanden kennenlernen, der authentisch war. Lulu fand das dumm und naiv.
    »Niemand ist authentisch«, sagte sie, »alle ziehen eine Show ab, ganz besonders die Jungen.«
    »Das stimmt nicht«, widersprach Chelsea unsicher.
    Lulu zuckte gelangweilt die Achseln.
    »Im Ernst, Chaz, du bist der einzige authetische Mensch, den ich kenne.«
    An der Blair Academy, ihrer Schule, hatten viele Kinder megareiche Eltern. Die Schüler trugen Uniform, die die Mädchen mit Designertaschen und teuren Schuhen aufpeppten. Alles drehte sich nur darum, wie viel jeder hatte und welches Auto die Eltern einem zum siebzehnten Geburtstag schenkten.
    Eine sehr beliebte Mitschülerin hatte auf YouTube den Porsche gestellt, mit dem ihre Eltern sie überrascht hatten. Chelsea hatte ihren Eltern das Video gezeigt, in der Hoffnung, sie zu einem ähnlichen Wahnsinnskauf bewegen zu können.
    »Wow«, sagte Sean. Er war sprachlos.
    »Träum weiter«, sagte Kate und verließ laut lachend das Zimmer.
    »Danke, Mom!«, rief Chelsea ihr nach. »Vielen Dank.«
    Wer verbrachte die Ferien in Paris? Wer fuhr Ski in Vail? Wie viel hatte das Kleid für den Abschlussball gekostet? Wer hatte noch kein iPhone 5? Das waren die Fragen, die die Schülerschaft der Blair beschäftigten. Chelsea schaute unbeteiligt zu und beobachtete den Wettkampf. Auch wenn sie sich natürlich über Geschenke freute und gelegentlich versuchte, ihre Eltern anzubetteln.
    »Du wirkst nicht so zickig wie die anderen Mädchen von der Blair. Du bist anders. Das habe ich sofort gemerkt«, schrieb Adam.
    Woher, dachte Chelsea, weiß er das? Und hatte er überhaupt Recht?
    Sie hörte Lulus Handy klingeln und schaute neugierig hinüber. Lulu pflegte die interessantesten Bekanntschaften … mit Exfreunden, entfernten Verwandten, eifersüchtigen Mitschülerinnen, die um ihren Freund fürchteten. Aber Lulu schwieg. Da trudelte die nächste Nachricht von Adam ein.
    »Wollen wir uns heute Abend treffen?«Chelsea wurde aufgeregt. Sie las Lulu die Nachricht laut vor. Zum ersten Mal an diesem Abend lächelte ihre Freundin.
    »Und?«, fragte sie, »hast du Lust? Ich rufe Conner an, dann machen wir ein Viererdate!«
    »Warte mal«, sagte Chelsea, »was ist mit dem ›Tor zum echten Leben‹? Wenn ich mich jetzt mit ihm treffe, dann wird es ernst.«
    »Tja«, sagte Lulu. »Wenn du ihn wirklich magst, solltest du es wagen.«
    Chelsea lachte leise.
    »Klar, meine Eltern werden begeistert sein.«
    »Wer sagt denn, dass sie davon erfahren müssen?«
    Lulu starrte ihr Smartphone an und tippte drauflos. Sie lebte in einer Fantasiewelt und glaubte tatsächlich, Eltern interessierten sich nicht dafür, wann ihre Kinder kamen und gingen. Chelsea durfte nicht mehr bei Lulu übernachten, seit ihre Mutter herausgefunden hatte, dass Lulus Eltern abends meistens nicht zu Hause waren und die Haushälterin, gleichzeitig eine Art Kindermädchen, um acht Uhr Schluss machte. Das war jetzt drei Jahre her. Inzwischen waren die Mädchen alt genug, um allein zu bleiben; Übernachtungen gestattete Kate dennoch nicht.
    »Hast du Angst?«, fragte Lulu, als Chelsea nicht antwortete.
    Es klang wie eine Herausforderung. Lulu grinste frech und zwinkerte Chelsea zu. Ja, es war eine Herausforderung. Wie so oft

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