Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gedichte (Ausgabe 1898)

Gedichte (Ausgabe 1898)

Titel: Gedichte (Ausgabe 1898) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
Tafel trug eine braune Gans,
    Mit saftigen Äpfeln gefüllt,
    Daneben Wildpret mit Schinken zumal,
    In Eierteig gehüllt.
     
    Sechs Lichter brannten; der Pfarrer vom Dorf
    Sprach den Segen kurz und fromm-
    Dann aber rief Squire Gamwel selbst:
    »Lieben Gäste, Gott willkomm!
     
    Willkommen mir all in Gamwel-Hall,
    Und nun seht, was die Küche briet,
    Wer aber mein Märzbier trinken will,
    Der singe zuvor ein Lied.«
     
    Da sangen sie all (denn das Bier war gut)
    Aus voller Kehl' und Brust –
    Squire Gamwel schlug den Takt dazu
    Und weinte beinah vor Lust.
     
    Er rief: »Hört nur, wie draußen der Wind
    Den Regen ans Fenster schlägt,
    Das ist die Zeit, wo das Menschengemüt
    Einen Humpen mehr verträgt.
     
    Lieb' Hanna, hol uns den Stachelbeerwein,
    Er zählt schon manchen Tag,
    Und wirf mehr Holz noch in den Kamin,
    Daß es lustiger knistern mag.«
     
    Und sie brachte das Holz und sie brachte den Wein,
    Und sie tranken wacker davon,
    Und der Alte rief: »Nun kommt das Best',
    Nun hol' ich den Little John;
     
    Little John, das ist der flinkste Bursch
    Zehn Meilen in der Rund':
    Kopfstehn, Radschlagen und Gliederverdrehn,
    Das versteht er aus dem Grund.«
     
    Little John trat ein; Jung-Robin rief:
    »Nun flinkester Bursch, komm her!
    Und springst du sieben Ellen weit,
    So spring' ich noch eine mehr.«
     
    Little John sprang sieben, Jung-Robin sprang acht,
    Auf Zollbreit hielt er Wort,
    Da rief der Alte: »So wahr ich leb',
    Ich lasse dich nicht mehr fort.
     
    Sei mir ein Sohn: wir haben hier auch
    Fangmesser, Bogen und Pfeil,
    Und mach' ich mal die Augen zu,
    So erbst du Kindesteil.«
     

2.
     
    Jung-Robin blieb. Der Frühling kam,
    Auf sproßten die Veilchen, die blaun,
    Die Lerche hatte mit Liedern zu tun,
    Und die Schwalbe mit Nesterbaun;
     
    Da rief Jung-Robin: »Nun komm, Little John,
    Jeder Vogel ruft mich hinaus –
    Ich muß wieder heim in den Sherwood-Wald
    Und sein grünes Blätterhaus.«
     
    Sie kamen zum Wald; sein Hüfthorn rasch
    Führte Robin an den Mund –
    Da wuchsen, wie auf Zauberschlag,
    Fünfzig Jäger aus dem Grund.
     
    Er rief: »Grüß' Gott euch, liebe Geselln!«
    Und fragte sie her und hin;
    Dann plötzlich schwieg er: aus Waldesnacht
    Trat Jenny, die Schäferin.
     
    Seine Sinne hatten sie nie gesehn,
    Betroffen er vor ihr stand;
    Sie trug in Strählen ihr schwarzes Haar,
    Durchflochten mit rotem Band.
     
    Sie trug ein Mieder, kornblumenblau,
    An silbernen Spangen reich,
    Und ihr Aug', umwölbt von dunkler Brau,
    Blickte mild und mutig zugleich.
     
    Er rief: »Willkommen, wer immer du seist!
    Und suchest du unsren Schutz-
    Beim Himmel, um deinen süßen Leib
    Böt' ich dem Könige Trutz.«
     
    Da lachte sie laut und rief: »Hab' Dank!
    Ich bin eine Warwick-Maid,
    Und braucht' ich Schutz, sieh diesen Pfeil
    Und den Bogen an meiner Seit'!«
     
    Sie sprach es kaum, da brach mit Geräusch
    Ein Reh durchs knickende Holz,
    Sie rief: »Schau auf!« und mitten durchs Herz
    Drang ihr gefiederter Bolz.
     
    Jung-Robin sah's. »Und brauchest du nicht
    Meines Arms« – so rief er laut –
    »So nimm meine Hand und mein Herz dazu
    Und sei meine süße Braut.
     
    Ich bin Robin Hood. Im Sherwood-Wald
    Sollst du die Königin sein,
    Was Bogen und Pfeil erreichen kann,
    Ist alles, alles mein.«
     
    Wohl wurde sie rot und rief doch: »Ja!
    Ja, und von Herzen gern,
    Ich will dir folgen, wohin du gehst,
    Und dir dienen als meinem Herrn.
     
    Jetzt aber komm und geleite mich heim
    In meines Vaters Haus,
    Wir feiern heute das Kirchweihfest –
    Nun wird es mein Hochzeitsschmaus!«
     
    Da brachen sie auf nach Titbury-Town,
    Little John, der schritt voran,
    Auf den Schultern er einen Rehbock trug,
    Den man immer brauchen kann.
     
    So ging's feldein. Schon grüßte der Turm
    Von Titbury ganz in der Näh'
    Da sperrten fünf Burschen ihnen den Weg
    Und schrien: »Gebt uns das Reh!«
     
    Ihre Messer blitzten. Da lachten laut auf
    Robin Hood und Little John,
    Sie schlugen zwei von den Strolchen tot,
    Die andern liefen davon.
     
    Beim Himmel, ein lustiger Stückchen Kampf
    Tät Robin nie bestehn –
    Ich bin der Fiedler von Titbury-Town
    Und habe mit zugesehn.
     
    Ich stand kaum fünfzig Schritt davon
    Und fiedelte wacker mit drein,
    Auch aus der Stadt scholl Jubel her
    Von Dudelsack und Schalmein.
     
    Und als der Kampf vorüber war,
    Jung-Robin war nicht matt,
    Er faßte schön Jenny um den Leib
    Und tanzte hinein in die Stadt.
     
    Da war auf Markt und Gassen schon
    Das Kirchweihfest im

Weitere Kostenlose Bücher