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Gedrillt

Gedrillt

Titel: Gedrillt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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versuchte ihn. Ich blätterte in dem Katalog.
»Wie kommen sie zu den Schätzpreisen?« fragte ich.
»Auf die kann man nicht viel geben«, sagte er. »Die sollen einem nur Appetit machen. Sie liegen immer weit unter dem Preis, den der Auktionator zu erzielen hofft.«
»Wie weit?«
»Auf die Frage gibt es keine einfache Antwort. Die Auktionshäuser verfahren da unterschiedlich. Es passieren auch verrückte Sachen. Manchmal kommen zu einer Auktion zwei Agenten mit Kauforder für die gleiche Partie.«
»Was bedeutet Kauforder?«
»Die Anweisung, zu jedem Preis zu kaufen.«
»Zu jedem Preis?«
»Die Begierde, die tollkühne Lust, mit der manche Sammler irgendeinem bestimmten Objekt nachjagen, ist schwer zu beschreiben. Manche Sammler verlieren dabei den Verstand, man kann es nicht anders sagen.« Er wischte sich sorgfältig die Finger an der Serviette ab und entnahm seiner Tasche eine kleine Mappe aus zähem, durchsichtigem Plastik. Darin befand sich ein Briefumschlag mit Marke. »Sehen Sie sich das an.« Er reichte mir einen weißen Briefumschlag, den eine ganze Menge Briefmarken und Poststempel schmückten. Zweimal war der verschmierte und verfärbte Umschlag umadressiert worden und so unansehnlich, daß ich ihn ohne zu zögern in den Papierkorb geworfen hätte, wäre er auf meinem Schreibtisch gelegen. Er sagte mir gar nichts, aber ich betrachtete ihn jetzt mit dem ehrfürchtigen Staunen, das er offenbar von mir erwartete. »Sehr hübsch«, bestätigte ich.
»Ein Mann ist dafür ins Gefängnis gegangen«, sagte Hoffmann. »Ein geachteter Mann, leitender Angestellter bei einer Versicherung. Er war mein Kunde. Fast fünfzig Jahre alt, drei Kinder, Pensionsberechtigung. Er hatte eine sehr nette kleine Sammlung. Viele von den Stücken hatte ich ihm besorgt. Auf seinem Spezialgebiet kannte er sich sehr gut aus. Er hielt regelmäßig Vorträge und verlieh seine Marken für Ausstellungen bei philatelistischen Gesellschaften. Dann hörte er, daß ein bekannter Sammler gestorben war, und er wußte, daß sich in dessen Sammlung dieser Umschlag befand. Das Juwel, das seine Sammlung vervollständigt hätte. Er bat mich zu ermitteln, wann er auf dem Markt sein würde. Er war entschlossen. Durch einen glücklichen Zufall wußte ich Bescheid. Ich vermutete, daß die Witwe alles zu Geld machen würde. Das tun sie schließlich immer. Man hütet sich natürlich, zu früh herumzuschnüffeln. Das ist der Familie lästig. Wenn man andererseits zu lange wartet, riskiert man, daß einem ein anderer Händler die ganze Sammlung vor der Nase wegschnappt … für einen Pappenstiel manchmal, wenn die Hinterbliebenen nicht wissen, was sie geerbt haben. Es gibt eine ganze Menge skrupelloser Burschen in dieser Branche, sage ich Ihnen.«
»Ich fange an, es zu glauben«, sagte ich.
»Irgendwas nicht in Ordnung mit Ihrem Tee?«
»Nein, er ist lecker.«
»Sie trinken ihn nicht.«
»Dazu komme ich schon noch.«
»Die Witwe war eine reiche Frau. Die Sammlung war ihr unwichtig. Als ich hinging und danach fragte, beschloß sie, mich zum Agenten zu nehmen, um die Sachen zu schätzen und alles zu verkaufen. Das brachte mich hinsichtlich des anderen Sammlers in eine schwierige Lage, aber ich konnte mir auch nicht vorstellen, daß er als Käufer dafür wirklich in Frage käme. Umschläge dieser Art sind sehr selten, man kennt nur vier oder fünf. Beim letzten Mal, als einer davon zur Auktion gekommen war, erzielte er fünfzigtausend Dollar, und das war vor fast zehn Jahren. Selbst wenn dieser nicht mehr brachte als jener, hätte ihn sich mein Freund, der Versicherungsangestellte, nicht leisten können.«
Ich sah mir den Umschlag an. »Fünfzigtausend Dollar?« Konnte das wahr sein?
Hoffmann nickte, diesmal ohne zu lächeln. Diese Philatelisten waren ernsthafte Leute. »Im diesjährigen Katalog werden die Marken allein schon fast auf diesen Wert geschätzt; aber natürlich sind, wie gesagt, die Katalogpreise immer zu niedrig angesetzt. Aber ich habe einen Interessenten in München … Er hat deswegen schon dreimal angerufen. Der Gedanke, das Ding zu besitzen, macht ihn rasend, und er will es unbedingt sehen … Ich wüßte gerne, was er dafür ausgeben will. Er läßt sich seine Sammlung eine Menge kosten.«
»Und Ihr Freund, der Versicherungsangestellte?«
»Der Idiot! Der beklaute seine Firma. Machte eine untergeschobene Forderung geltend, fälschte einen Scheck, zahlbar an sich selbst. Können Sie das glauben? Er wurde sofort geschnappt. Bekannte sich

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