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Gedrillt

Gedrillt

Titel: Gedrillt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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ich sage, ich muß zurück.« »Aber warum bist du dann hergekommen? Warum dieses
Risiko eingegangen?« fragte ich. Ich bin sicher, daß sie einen
überzeugenden Vorwand für dieses Treffen mit dem Gegner
gefunden hatte, aber es war der reine Wahnsinn, daß sie sich
mit mir traf und ihr Leben aufs Spiel setzte. Ich erinnerte mich
so vieler guter Männer, die wegen solcher Dummheiten
draufgegangen sind. Männer, die unbedingt eine Freundin noch
mal sehen mußten. Männer, die der Versuchung nicht
widerstehen konnten, zum Essen in ihre Stammkneipe zu
gehen. Oder Männer wie der alte Karl Busch, der mich drei
furchtbare Tage lang in Weimar versteckte und dann, nachdem
wir davongekommen waren, nach Hause zurückkehrte, um
seine Briefmarkensammlung zu holen. Da warteten sie schon
auf ihn. Karl Busch wurde nach Leipzig in die Kaserne
gebracht, und man hat nie wieder was von ihm gehört. »Oh,
Bernard!« Ein Seufzer.
»Warum?«
»Wegen dir. Sei doch nicht so schwer von Begriff.« »Wegen mir?«
»Du hast doch alles durchstöbert … über mich …« Sie
machte eine Geste der Verzweiflung mit der offenen Hand. »Willst du mir erzählen, daß du diesen tollkühnen Ausflug
nur gemacht hast, um mir zu sagen, daß ich aufhören soll, nach
Tatsachen zu buddeln?«
»Die Londoner Zentrale hat alles versucht, dich zu
beruhigen, und du hast trotzdem weitergemacht.«
»Sie haben alles versucht, außer mir einfach die Wahrheit zu
sagen«, sagte ich mit Nachdruck.
»Sie haben Andeutungen gemacht und Empfehlungen
gegeben. Schließlich ist ihnen nichts eingefallen, das dich
überzeugt hätte. Ich wußte nicht, wie weit sie gehen würden …
Da habe ich gesagt, daß du’s von mir selbst hören mußt. Wir
haben also dieses offizielle – aber außerordentliche – Treffen
organisiert. London hat bereits Zugeständnisse gemacht. Ich
kehre als geschickte Verhandlungsführerin zurück. Es wird
alles gutgehen.«
»Diese Vollidioten! Hast du ihnen nicht gesagt, wie
gefährlich es ist, wenn du hier draußen mit mir herumsitzt und
mit mir redest?«
»Sie wissen, es ist gefährlich, aber du hast überall
rumgeschnüffelt, hast ein Bild der ganzen Operation
zusammengestückelt. Und dabei eine Spur hinterlassen. Das
war sogar noch gefährlicher.«
»Natürlich habe ich rumgeschnüffelt. Was hast du denn
anderes erwartet? Du bist meine Frau.« Ich hielt inne. Ich war
verbittert. Obwohl sich meine Theorie als richtig erwiesen
hatte, konnte ich doch die Ungeheuerlichkeit der Tatsachen
nicht akzeptieren. Die Londoner Zentrale hatte Fiona als
Agentin in den Osten geschickt und beschlossen, mich nicht in
dieses Geheimnis einzuweihen. »Mein Gott …«
»Es schien damals das Beste so …« sagte Fiona ruhig. Trotz
dieser Worte war ihrer Stimme nicht anzuhören, daß sie’s nicht
auch heute noch für das Beste hielt.
»Wer hielt es für das Beste …?«
»Deine Überraschung, oder sagen wir besser deine
Verblüffung, dein Zorn, deine Entrüstung und offensichtliche
Verwirrung schützten mich, Bernard.«
»Ich habe dich aber gefragt, wer das für das Beste hielt?« »Ich wollte dir alles sagen, Liebling. Zuerst habe ich das zur
Bedingung gemacht. Ich wollte, daß du bei allen
Einsatzbesprechungen und Vorbereitungen dabei wärst. Die ursprüngliche Idee war, daß du mein Führungsoffizier werden solltest, aber dann wurde klar, daß hier ein Führungsoffizier im eigentlichen Sinn des Begriffs nicht in Frage kam. Die Möglichkeit eines häufigen und regelmäßigen Kontakts war
ausgeschlossen.«
»Wer hat also anders entschieden?«
»Anfänglich war der D-G gegen den ganzen Plan. Er gab
dem Unternehmen nur eine Erfolgschance von fünfundzwanzig
Prozent.«
»Ich hätte noch weniger gegeben.«
»Der D-G stellte die Bedingung, daß du nicht eingeweiht
würdest.«
»Der Direktor … Sir Henry?«
»Er hat seine guten wie auch seine schlechten Tage.« »Je mehr Krach ich schlug, desto besser also?«
»Anfänglich ja. Und die Wirkung war auch ausgezeichnet«,
sagte Fiona. »Während der ersten Wochen wurdest du rund um
die Uhr von Moskau observiert, mit größtem Interesse. Sie
haben sogar einen ihrer Experten für Verhaltenspsychologie
einen Bericht über dich anfertigen lassen. Erich Stinnes hat
sich ein Exemplar dieses Berichts verschafft, und ich habe ihn
gelesen. Da stand, daß kein Schauspieler imstande gewesen
wäre, dein Verhalten zu spielen. Und sie hatten natürlich recht.
Es war dein Verhalten, das sie schließlich überzeugte, mich
wirklich für ihre Seite

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