Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gedrillt

Gedrillt

Titel: Gedrillt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
Vom Netzwerk:
gewonnen zu haben.«
»Aber haben sie die Wahrheit nicht geahnt? Daß du
gehandelt hast, ohne mir was davon zu sagen?«
»Die Sowjetunion mag Abfangjägerpilotinnen und
Kranführerinnen haben, aber die Ehe ist eine heilige Institution
hier. Dank der Millionen Kriegstoten sind Marxens Ansichten
über die Ehe – wie auch die über alles mögliche andere – auf
unbestimmte Zeit vertagt worden. Ehefrauen in der UdSSR
machen, was ihre Männer ihnen sagen.«
Ich sah sie an, ohne etwas zu sagen. Sie lächelte. Ich fragte mich, warum mich eigentlich die ganze Sache überrascht hatte. Fiona: kultivierte und privilegierte Tochter eines bornierten, neureichen Vaters, hervorragende Oxford-Absolventin, die Russisch an der Sorbonne studiert hatte. Sie tritt in den Dienst des Departments und heiratet einen Mann, der nicht mal ein College besucht hat und dem nur sein Ruf als Agent einigen Anspruch auf Respekt verschafft. Warum sollte eine solche Person nicht berufen sein, die Frauenemanzipation zur äußersten Konsequenz zu treiben? Warum sollte eine solche Frau nicht eine noch bessere Agentin werden wollen, zu welchem Preis für mich, die Kinder und jeden in ihrer
Umgebung auch immer?
»Wann hat all das angefangen?« fragte ich.
»Das ist lange her«, erwiderte sie obenhin.
»September 1978?« In dieser Nacht hatte es wieder eine
Bombendrohung der Baader-Meinhof-Leute gegeben. Der
Inhalt eines abgefangenen Funkspruchs der russischen Armee
war so schnell nach Karlshorst zurückgemeldet worden, daß
alle glaubten, wir hätten irgendeinen Superspion in der
Operationsabteilung sitzen. Sie nickte. »Also hast du damals
diesen abgefangenen Funkspruch an sie zurückgespielt? Du
hast also schon damals für beide Seiten gearbeitet?« Ich
brauchte ein oder zwei Augenblicke, mich zu erinnern, was
damals passiert war. »Joe Brody wurde gerufen, die
Untersuchung des Zwischenfalls zu leiten, denn man wollte vor
allem die Amerikaner beruhigen. Irgendwie bist du ihm
entschlüpft. Aber nachdem du dich reingewaschen hattest,
stand Werner Volkmann schlecht da, und ihm hat man nicht
mal eine Chance gegeben, sich zu verteidigen. Frank hat ihn
seitdem nicht mehr beschäftigt, und Werner hat das
übelgenommen.«
»Das stimmt«, sagte sie und biß sich auf die Lippe. Sie hatte
Werner nie gemocht, ihn jedenfalls immer ziemlich
geringschätzig als Einfaltspinsel angesehen. War diese Abneigung in irgendwelchen Schuldgefühlen verwurzelt, weil sie damals mitgespielt hatte, ihn in die Pfanne zu hauen? Sie sagte: »Und dann, als über Trent eine orange Akte angelegt
wurde, hat man ihm die Schuld gegeben.«
»Trent wurde getötet«, sagte ich.
Darauf hatte sie eine Antwort parat. Ihre Stimme war ruhig
und versöhnlich. »Ja, getötet von deinem Freund Rolf Mauser.
Mit einer von dir geborgten Pistole. Dem Department kannst
du Trents Tod in keiner Weise anlasten.«
»Aber wie gelegen kam er doch. Trent nahm sein Geheimnis
mit ins Grab, und das Geheimnis war, daß nicht er den Russen
den abgefangenen Funkspruch übermittelt hatte.« Sie sagte
nichts.
Ich sagte: »Haben sie sich in Oxford an dich herangemacht?
Schon vor langer Zeit?«
»Das Department? Ja.«
Das war es also. Diese Geschichten, daß sie während ihrer
Studienzeit irgendwelchen marxistischen Gruppen angehört
hatte, entsprachen also der Wahrheit, aber das war schon der
Anfang ihrer Ausbildung gewesen. Mich persönlich betraf
mehr, wie sie sich durch mich hatte an das Department
empfehlen lassen. Das war nichts als ein Täuschungsmanöver,
das ihre frühere Tätigkeit für das Department verschleiern
sollte. Sie muß schon damals in ständigem Kontakt mit dem
KGB gestanden haben. Ihr Führungsoffizier muß außer sich
vor Freude gewesen sein, als sie den Job beim britischen
Geheimdienst bekam. Ich sah jetzt den von langer Hand
vorbereiteten Plan, der sie als sowjetische Agentin so
überzeugend machte. Ich fühlte mich ganz schön für dumm
verkauft, aber ich unterdrückte meine Wut. »Wer wußte noch
davon?« fragte ich.
»Das kann ich dir nicht sagen, Liebling.«
»Wer noch?«
»Niemand sonst. Weder die Koordinationsabteilung noch die Hauptkasse, noch die innere Sicherheit, nicht mal der
Deputy.«
»Der Direktor wußte Bescheid«, beharrte ich. »Keiner, der
jetzt da arbeitet«, sagte sie pedantisch. »Das war die
Bedingung des D-G. Niemand.«
»Du hast mir das Leben zur Hölle gemacht«, sagte ich sanft. »Ich dachte, du würdest stolz auf mich sein.«
»Bin ich auch«, sagte ich und versuchte, in

Weitere Kostenlose Bücher