Gedrillt
flüsterte Gloria. »Tessa will, daß wir nachher noch mitkommen zu einer großartigen Party. Können wir? Ach bitte, sag ja!«
»Wann?«
»Jetzt. Nachher.«
Ich sah auf die Uhr. »Wir werden sehr spät nach Hause kommen.«
»Aber wir haben uns doch schließlich schon mal in Schale geworfen. Sei kein Frosch.«
»Also, wenn du unbedingt willst«, sagte ich.
»Sie sind wunderbar«, sagte Gloria. »Ich liebe George, und Tessa ist so ulkig.«
»Das kommt ganz darauf an, wo man sitzt«, sagte ich. »Weißt du, wo diese Party ist?«
»George sagt, wir sollten in seinem Rolls mitfahren. Da ist genügend Platz.«
»Und den Wagen hierlassen?«
»Ich werde ihn später hier abholen.«
»Und wie soll ich nach Hause kommen? Zu Fuß?«
»Sei nicht so gemein, Bernard. Wir können beide zurückkommen und den Wagen holen. Oder wir können eine Taxe nehmen und den Wagen hier morgen abholen.«
»Die Parkuhren laufen ab halb neun.«
»Können wir mitgehen, Bernard, oder nicht?« Ich sah ihr ins Gesicht. »Ich würde lieber jetzt gleich direkt nach Hause gehen mit der schönsten Frau im Zimmer.«
»Ach komm, laß uns doch mitgehen«, sagte Gloria, die offenbar nicht in Laune war, sich durch Schmeichelei überreden zu lassen, mir einen Gefallen zu tun. »Es klingt verheißungsvoll.«
»Ich liebe dich wirklich ganz furchtbar, Bernard.«
»Du bist ein scheußliches, bettelndes Frauenzimmer«, sagte ich. »Ein bayerischer Fürst und eine Fürstin!«
Du lieber Gott, dachte ich, worauf hast du dich da wieder eingelassen? Andererseits würde ich da vielleicht noch eine Chance kriegen, mit Tessa über diesen verdammten Pelzmantel zu reden.
12
Der Fürst und die Fürstin hatten ihr Haus in Pimlico, einer Ecke der Londoner Innenstadt, um welche die Themse biegt, ehe sie nach Westminster kommt. Als, lang ist’s her, Thomas Cubitt damit fertig war, den Reichen von Belgravia große Häuser mit Stuckfassaden zu verkaufen, baute er nach den gleichen Plänen auf dem billigeren Boden des benachbarten Pimlico. Pimlico, hieß es, sei im Kommen: und so noch immer. Denn trotz der Ähnlichkeit seiner Gärten, Plätze und stattlichen Häuser ist Pimlico niemals zu einem neuen Belgravia geworden. Es war und ist bis auf den heutigen Tag ein Stadtviertel geblieben, wo alle möglichen Leute wohnen; diesen Mißstand zu beheben, hat sich die Bezirksverwaltung nicht gerade angestrengt: Eine anscheinend willkürliche Anordnung von Einbahnstraßen und Hindernissen macht die Gegend zu einem berüchtigten Labyrinth für Autofahrer.
Cubitts große Häuser sind jetzt in kleine Wohnungen unterteilt, die in den Annoncen als »Studio-Apartments« und »Dachterrassen« angepriesen werden. Schäbige Hotels und Pensionen bieten auf kunstlos gemalten Firmenschildern Unterkunft nahe Londons einziger Endstation für Überlandautobusse und dem geschäftigen Victoria-Bahnhof.
In einer der stilleren Straßen dieser Gegend hatte unser Gastgeber ein großes Haus erworben und mit erheblichen Kosten renoviert. Das war, wie mir George auf der Fahrt dorthin erklärte, eine kluge Kapitalanlage. Eine Kapitalanlage, für die er die deutschen Geschäftsleute bewunderte, wenn sie bei dem hohen Kurs der D-Mark solche Gelegenheiten wahrnahmen. Der Fürst benützte das Haus während seiner Besuche in London, bewirtete seine Geschäftsfreunde dort und sparte auf diese Weise eine Menge von dem Geld, das er sonst in Hotels und Restaurants ausgegeben hätte. Die Grundstückspreise in diesem Stadtteil stiegen zweifellos weiter, und alles sprach dafür, daß seine Kapitalanlage in zwanzig Jahren einen schönen Gewinn abwerfen würde. Das veranlaßte mich, George zu fragen, weshalb er selbst sich eine Eigentumswohnung in Mayfair – der teuersten Wohngegend Londons – gekauft habe, anstatt das gleiche zu tun.
»Ach«, erwiderte George, »weil ich der Sohn armer Eltern bin. Ich will die Freuden genießen, die man für Geld kaufen kann. Ich will jeden Abend nach Hause gehen und unter den reichsten Männern Englands schlafen. Ich brauche diese Bestätigung.« Er lachte.
»Das stimmt ja gar nicht«, sagte Tessa. »Es ist meine Schuld. Wir wohnen in Mayfair, weil ich nicht nach Pimlico ziehen wollte.« Nun lachten wir alle. Offensichtlich enthielten beide Erklärungen etwas Richtiges. Aber die Wahrheit hinter den vorgeschobenen Gründen war, daß das kinderlose Paar niemanden hatte, für den sich’s lohnte, Kapital anzulegen. Während des Schweigens, das folgte, wünschte ich, ich hätte nicht nach
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