Gefaehrlich begabt
Leben lang jagte sie schon dem Gedanken nach, Anna zu finden? Kurzerhand beschloss sie, sie anzuhören. »Wie lautet das Gerücht?«
»Es gibt Geschichten, die besagen, dass der Beirat einen Haufen wertvoller Pergamente unter Verschluss hält. Pergamente, die offenbaren, dass eure Gaben viel stärker sind als angenommen. So soll zum Beispiel ein Medium nicht nur in der Lage sein, Kontakt ins Jenseits aufzunehmen. In den Pergamenten soll geschrieben stehen, wie man einen Toten auferstehen lässt.«
»Okay, stopp! Willst du mir sagen, der Beirat beraubt uns um die Hälfte unserer Kräfte? Wieso sollte er das tun?« Sie wagte es nicht, auf die Geschichte der Zombies einzugehen. Ihr Körper erzitterte unter der Vorstellung.
»Weil es ihrer Ansicht nach gefährlich ist, den Menschen mehr Macht zu geben.«
»Das klingt alles sehr nach einer Legende. Sally, vielleicht hast du dich da in etwas verrannt?«
Sally schüttelte den Kopf. »Es fügt sich zusammen, Stein auf Stein. Wir haben Waffen gegen die Magier, nur nicht das Wissen, sie einzusetzen. Sie einfach wegzusperren kann nicht die Lösung sein. Einige Magierfamilien weilen noch unter uns und es ist bloß eine Frage der Zeit, bis sie wieder einen Angriff starten.«
»Ich muss das erst mal verdauen.« Wie so vieles in letzter Zeit.
Sally lenkte den Wagen in eine Parkbucht. »Richtig, und deshalb gehen wir jetzt shoppen. Ich brauch noch so viel Zeug für die Hochzeit und außerdem wollte ich dich noch etwas fragen.« Sie klimperte mit den geschminkten Wimpern.
»Frag.« Im Geiste verzog sie das Gesicht. Es machte sie wütend, wenn Sally es auf die Tour versuchte.
»Ich habe keinen Trauzeugen und wollte dich fragen, ob du mir die Ehre erweist.«
»Ich?« Na, Halleluja! Sie und Sallys Trauzeugin? Machte ihr Wissen sie jetzt automatisch zu Freundinnen?
»Nicht, dass ich sonderlich scharf darauf wäre, aber ich glaube, meine Mutter würde sich freuen, wenn das Mädchen, von dem sie besessen war, ihren Platz einnimmt«, antwortete Sally und ihr Tonfall klang wieder typisch schnippisch.
Anna grinste sie an. Klar, ihrer Mutter zuliebe. Als ob Sally nur eine Sekunde an jemand anderen dachte als an sich. Aber vielleicht war das der aufrichtigste Versuch, nach ihrer Freundschaft zu fragen, den sie je unternommen hatte. Möglicherweise steckte unter all dem Schmuck, Make-up und Glitzer doch ein kleines Organ namens Herz. Also gab sie sich einen Ruck.
»Na schön, wenn’s sein muss.«
Sally klatschte in die Hände. »Super!«
»Wann heiratet ihr überhaupt?«
»Ralph hat dir nichts gesagt?«
Paps hatte es mit keinem Wort erwähnt, allerdings hatte sie ihn in den vergangenen Tagen selten zu Gesicht bekommen.
»An diesem Samstag.«
»In vier Tagen?« Nett, dass sie es überhaupt erzählten …
»Ja, wir haben einen kurzfristigen Termin bekommen.«
Anna schluckte schwer. Das Leben lief in letzter Zeit eindeutig an ihr vorbei. Es besaß nicht mal den Anstand, fröhlich zu winken.
*
»Eine Gabe mit einem Fluch zu belegen, ist Angelegenheit einer Hexe. Wir sind nicht in der Lage dazu. Es ist menschliche Magie.« Thea Fingerless sah ihn ratlos an.
»Es gibt rein gar nichts, was du tun kannst?«, fragte Sebastian.
Sie schüttelte den Kopf. »Nicht, solange niemand von uns ein entsprechendes Talent besitzt.«
Sebastian seufzte, enttäuscht und erleichtert zugleich. Er wollte die Gefühle im Grunde gar nicht verlieren, denn es bedeutete, Anna zu verlieren.
Jonathan schaltete sich ein. »Besorg das Talent der Hexe. Du konntest ihren Mann um den Finger wickeln und sie ist doch bloß ein sentimentales Weibsstück. Was kann so schwer daran sein?«
Eine eisige Hand griff nach Sebastians Herz. Er sollte Marla töten? Er hatte es bei Frank schon nicht gekonnt, Kira hatte die Aufgabe zu gern übernommen. »Ich brauche noch ein paar Tage.«
»Dann geh und hol dir schon mal den Gestaltwandler. Ein bisschen Blut wird dich schon daran erinnern, wer du bist.«
Mit weichen Knien verließ Sebastian die Küche. Die nächsten Tage konnten nur der blanke Horror werden.
16. Kapitel
Ouija-Brett
W enn Eva sie im Leben eines gelehrt hatte, dann, Prioritäten zu setzen. Sie hatte immer gesagt: »Anna, unterscheide im Detail und wähle mit Bedacht, was Vorrang hat.«
So aufschlussreich das Gespräch mit Sally auch gewesen war, sie musste noch eine Aufgabe erledigen. Schritt für Schritt. Man konnte den König nicht enthaupten, solange man keine geeignete Waffe besaß. Zudem verging
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