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Gefaehrlich begabt

Gefaehrlich begabt

Titel: Gefaehrlich begabt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Olmesdahl
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hatten. Dieser Platz war nicht geschaffen für Angst oder Trauer.
    »Ich habe diesen Ort noch niemandem gezeigt«, flüsterte Sebastian.
    »Warum dann mir?« Mit heftig klopfendem Herzen sah sie ihn an. Seine Traurigkeit verflog, er blühte auf. Unsicherheit mischte sich in seinen Blick.
    Er lächelte, es kostete ihn sichtlich Überwindung, doch er wagte den Schritt und zog sie sachte an sich. Annas Lippen landeten weich auf seinen. Er hatte das beabsichtigt, genau kalkuliert.
    Er küsste sie zärtlich. Das Schwindelgefühl schoss zurück in Annas Kopf. Ihre bisherigen Vorstellungen ließen sich nicht mit der Realität vergleichen, er schmeckte süßer, als sie sich ausgemalt hatte.
    Als er sich von ihr löste, schwirrte ihr der Kopf und fühlte sich seltsam leer an.
    »Weil du mich zum Fühlen bringst, Anna.« Langsam führte er ihre Hand an seinen Körper und legte sie auf seine Brust. Sein Herz trommelte genauso schnell wie ihres, wenn nicht noch schneller. »Spürst du das?«
    »Ja«, brachte sie mühsam hervor. Seine Nähe verschlug ihr den Atem, sie hauchte die Worte.
    »Das tut es immer, wenn du bei mir bist, oder wenn ich nur an dich denke. Ich kann mich nicht dagegen wehren, wie sehr ich es auch versuche.«
    »Dann versuch es nicht. Mir geht es genauso«, antwortete sie schwach. Sorgte er sich, dass sie anders fühlte? Aber er wusste doch, wie es in ihr aussah …
    »Ich weiß«, bestätigte er. »Mit dir ist es anders als mit anderen Menschen. Ich habe das Gefühl, dass deine und meine Seele aus derselben Materie sind. Dass da ein unsichtbares Band ist … und deshalb muss ich dir etwas sagen.«
    Plötzlich sah er wieder unglaublich traurig aus. Aber seine Worte klingelten eine Erinnerung wach. Deshalb waren sie hier? Es gab einen anderen Grund, warum sie mit ihm sprechen wollte, auch wenn seiner sie noch so neugierig machte. »Zuerst muss ich dir etwas zeigen«, sagte Anna, wohl wissend, dass sie den Moment total zerstörte. Aber es war zu wichtig, um es länger zurückzuhalten.
    »Natürlich, alles.«
    Mit zittrigen Fingern zog sie den Zettel aus ihrer Hosentasche, darauf bedacht, ihn nicht zu zerreißen. »Kannst du damit etwas anfangen?«, fragte sie und hielt ihm das Papier hin.
    Er nahm das Blatt entgegen. Während er die Worte las, gefror seine Miene zu Eis. Fassungslos ließ er den Zettel aus der Hand gleiten. »Was ist das? Wo hast du das her?«, fragte er kalt.
    »Das Ouija-Brett hat so geantwortet und Marla hatte plötzlich panische Angst. Sogar mehr als vor diesem Monster. Sie hat mich sofort nach Hause gefahren und Jenny zu den Großeltern gebracht. Was bedeutet das?«
    Sebastian sprang mit einem Satz auf die Beine und rannte los, über das Dach. Er ließ sie einfach sitzen.
    »Sebastian?«, rief sie ihm nach, ihre Stimme überschlug sich. »Du kannst mich doch hier nicht allein lassen!«
    Doch das konnte er ganz offensichtlich, denn Anna hörte ihn bereits auf das Parkdeck springen. Der vollkommene Mond schien geisterhaft auf sie herab, er verlor seine Schönheit.
    Wie zur Hölle sollte sie wieder runterkommen?

19. Kapitel
    Vergessen
    W ie sie es lebendig von dem Dach geschafft hatte, konnte ihr wohl selbst Gott nicht beantworten. Aber Anna hatte es geschafft, unversehrt. Nur starke Menschen bekamen eben schwere Wege. Da sie den Haustürschlüssel vergessen hatte, war ihre Lage jedoch nur unwesentlich verbessert worden.
    Nach einer ewig langen Standpauke, die ungefähr dem Inhalt »Du kannst nicht in der Woche eine ganze Nacht lang wegbleiben, wenn morgens Schule ist« nahekam, machte sich ihr Vater auf den Weg zur Arbeit. Ihre Antwort, dass sie da sowieso nicht mehr hinwollte, überhörte er geflissentlich.
    Anna saß am Küchentisch und unterdrückte ein Gähnen. Sally leistete ihr Gesellschaft. Endlich konnte Anna ihre Fragen stellen.
    »Jetzt mal langsam«, sagte Sally. »Also mithilfe eines Ouija-Bretts hast du deine Tante gefragt, wer sie getötet hat. Ihr glaubt, es war kein gewöhnlicher Mensch?«
    Sie nickte. War Sally schwer von Begriff? Da bestätigte sich doch glatt das Blondinenklischee. »Ja, genau das haben wir getan. Und sie hat geantwortet, bevor ein Dämon auftauchte.«
    »Ein Dämon?« Sally sog hörbar die Luft ein.
    »Ja, aber das ist nebensächlich. Vielmehr schien die Antwort allen Beteiligten eine Heidenangst einzujagen.« Sie schlürfte ein paar Schlucke von ihrem Kaffee. Die Brühe belebte, nach dem zugigen, kalten Dach.
    »Mensch Anna, jetzt lass dir doch nicht

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