Gefährlich nah
frisch, strahlend, leicht gebräunt. Vermutlich unecht, wie ihr jetzt klar war. So wie alles an Lauren.
Nach dem Kuchen hatte Lauren Luftballons aus ihrer Handtasche gezogen und sie hatten alle ein paar alberne Partyspielchen gemacht. Dann hatte Lauren, bevor sie ging, noch jedem von ihnen ein kleines Geschenk gegeben, so als hätten sie Geburtstag und nicht Lauren. Dee wusste nicht mehr, was die Jungen bekommen hatten, es hatte so viele Geschenke von Lauren gegeben im Laufe der Jahre, aber Dees erstes Geschenk war ein silbernes Armkettchen gewesen, an dem sechs winzige silberne Delphine baumelten.
»Sehen wir Lauren wieder?«, hatte Dee später gefragt, als ihr Dad nach oben kam, um Gute Nacht zu sagen.
»Hättest du das gerne?«
»Ja«, hatte sie gesagt und das Armband von ihrem Handgelenk gestreift und es vorsichtig auf ihren Nachttisch gelegt.
Danach hatten sie Lauren jedes Wochenende gesehen,
und es dauerte nicht lang, dann kam sie auch abends vorbei, kochte ihnen das Essen, wusch ihnen die Kleider oder erledigte die Bügelwäsche.
»Um euren Dad ein bisschen zu entlasten«, meinte sie.
Und Dad hatte wirklich weniger belastet gewirkt. Seit Lauren da war, hatte er mehr Zeit, mit ihnen zu spielen und wieder Ausflüge mit ihnen zu machen. Er benahm sich auch jünger. Zog jugendlichere Klamotten an, die Lauren für ihn in trendigen, teuren Boutiquen kaufte. Lauren kaufte auch Sachen für die Kinder, bemühte sich um sie, verwöhnte sie, lachte und scherzte mit ihnen, es war also nicht nur Dad, der damals ganz verliebt in sie war - sie waren es alle. Lauren war bald zu einer derart festen Institution geworden, dass Dee es kaum noch bemerkte, als sie anfing, abends nicht mehr nach Hause zu gehen. Es schien irgendwie ganz natürlich, dass Lauren dablieb und dass sie und Dad irgendwann heiraten würden.
»Sobald meine Scheidung durch ist«, hatte Lauren gesagt. »Alan macht ganz schöne Zicken deswegen, was eigentlich die Höhe ist, weil er ja schließlich als Erster die Scheidung wollte. Hat mich für so eine blonde Tussi verlassen, die gerade mal mit der Schule fertig war. Aber, hey, das ist alles passé. Eigentlich muss ich sagen, dass er mir einen Gefallen damit getan hat«, hatte sie noch hinzugefügt und dabei Dads Arm umklammert.
Weniger als ein Jahr später, bei der Hochzeit, tat Lauren so, als wäre sie es gewesen, die Alan verlassen hatte.
»Weil er keine Kinder wollte«, sagte sie. »Und ich liebe einfach Kinder!«
Keiner stellte das infrage. Mittlerweile hatten sich alle an Laurens kleine Fantasiegeschichten gewöhnt und versuchten nicht länger, Tatsachen und Einbildung zu trennen, wenn sie einem das eine erzählte und nur wenige Minuten später eine komplett andere Version zum Besten gab. So war sie eben. Es war Teil von Laurens überschäumender extrovertierter Persönlichkeit und es schien vollkommen harmlos zu sein. So harmlos, dass sie die anderen seltsamen Dinge dabei irgendwie übersahen. Beispielsweise die Tatsache, dass Lauren anscheinend keine Familie hatte - jedenfalls keine, die bei der Hochzeit erschien. Es kamen auch kaum Freunde außer ein paar ihrer Arbeitskollegen.
»Bin ich nicht ein Glückspilz«, hatte Lauren zu ihren Kollegen gesagt und Dee und die Jungs in einer großen Gruppenumarmung an sich gezogen, »dass ich die beste Fertigfamilie der Welt bekommen habe?«
Und Dee hatte ihr geglaubt, natürlich, hatte geglaubt, dass Lauren sie alle liebte und dass sie ihr etwas bedeuteten. Aber so konnte es nicht gewesen sein, oder? Es waren nur Worte. Leere Worte und Lügen. Denn wenn sie sie geliebt hätte, dann …
»Kommst du heute zum Badminton?«
Dee wandte sich um und sah Sanjay neben sich stehen mit einem Schläger und einer Schachtel Federbälle in der Hand.
»Oh, nein, tut mir leid. Hab ich ganz vergessen. Ich warte hier auf Scott, aber der ist bislang nicht aufgetaucht.«
»Ich glaube, er ist unterwegs. Er hat Mrs Mitchell geholfen, irgendwelche Bücher umzuräumen. Du kommst also nicht? Zu Badminton?«
»Nein, ich warte bis nächste Woche, glaube ich, wenn Hazel wieder da ist.«
Sanjay wandte sich in Richtung Turnhalle, dann drehte er sich noch einmal um.
»Und was machst du am Freitag?«
»Freitag?«, sagte Dee und wünschte, ihr würde etwas Intelligenteres einfallen, als immer nur Sanjays Worte zu wiederholen.
»Freitagabend. Da haben wir einen Auftritt. Nur im Jugendclub. Nichts Besonderes. Aber ich dachte, vielleicht hast du Lust.«
Er wollte sich nicht
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