Gefaehrlich verliebt in Mona Lisa 1
Mademoiselle. Ich nehme an, es geht um diese Mona-Lisa-Geschichte.“
Mein Kopf saust zur Theke herum. Rotschopf Blaise, den ich viel lieber Boris nennen möchte, legt einen Haufen einzeln verpackter Pflaster vor mich hin, die ich mir sofort dankend unter den Nagel reiße. Mein Gott, die Pflaster hatte ich ganz vergessen. „Was ist mit der Mona Lisa?“
Blaise setzt sich, stellt die Ellbogen auf und stützt sein sommersprossiges Gesicht auf die ineinander verschränkten Hände. „Haben Sie nicht die Zeitung von heute Morgen gelesen?“
„Meine Mutter hat mir davon berichtet“, gebe ich zurück und sehe den Nachtportier so fragend an, dass er den Zeitungsartikel für mich zusammenfasst. Das kann er richtig gut. Wie ein Konzentrat serviert er mir den Inhalt des Artikels. Ich mag es, wenn die Leute nicht ins Schwafeln geraten, obwohl sie die Gelegenheit nutzen könnten, um sich wichtig zu machen.
„Ach, du lieber Himmel“, sage ich , ohne Blaise wegen seiner Fähigkeiten in Sachen Berichterstattung zu loben, drehe mich um und sehe durch das Fenster nach draußen. Wann kommt denn dieser Polizist endlich, um meine Aussage aufzunehmen? Ich würde gern die Druckstellen an meinen Füßen verarzten, bin aber unentschlossen, ob ich das hier unten tun soll, oder ob ich besser warte, bis ich meine Aussage zu Protokoll gegeben habe.
Als ich mich gerade auf die Stufen pflanze, die zum Aufzug führen, und meinen nackten, linken Fuß über mein rechtes Knie lege, kommt Carreras wieder zurück in die kleine Hotellobby. In der Rechten trägt er einen Block, in der Linken einen silbernen Kugelschreiber.
„Madame Dechamps“, verkündet er freudestrahlend, „ich nehme das Protokoll selbst auf. Die Kollegen haben alle Hände voll zu tun.“
Wie er so vor mir steht, mit dem Block in der Hand und diesem strahlenden Lächeln, weiß ich mit einem Mal, an wen er mich erinnert: An den ehemaligen Trainer vom FC Barcelona. Pep Guardiola. Clément ist ein absoluter Fußballfan, daher bin ich auf dem Gebiet ebenfalls ein wenig bewandert. Während ich, hochzufrieden darüber, endlich zu wissen, wem der Kommissar so verteufelt ähnlich sieht, zu Protokoll gebe, dass ich praktisch seit meiner Ankunft im Hotel bis zu meinem Auftauchen in der Lobby geschlafen habe, klebe ich die kleinen Pflasterstreifen auf die sich deutlich abzeichnenden roten Beulen, die aus meinen Füßen Quellen des Schmerzes machen. Zwölf Streifen hat Blaise mir gegeben. Bevor ich das Protokoll unterschreibe, kleben sie alle an meinen Füßen. Es sieht grauenhaft aus. Dabei würde ich gerade jetzt lieber sexy rüberkommen. Aber ich fürchte, der Zug ist abgefahren.
„Sie stammen aus Monthomé?“, fragt der schöne Glatzkopf, der der Zwillingsbruder des berühmten Fußballtrainers sein könnte.
„Kennen Sie Monthomé?“, entgegne ich einigermaßen überrascht und setze meine Unterschrift besonders schwungvoll unter das Protokoll.
„Nein.“ Er grinst ertappt.
Es braucht nicht viel Erfahrung mit Männern, um zu erkennen, dass der Kommissar mit mir flirtet. Ich muss zugeben, ich fühle mich geschmeichelt. Ausgesprochen geschmeichelt. Seit meine Hormone pulsieren, bin ich mit Clément zusammen. Einem Mann wie Carreras bin ich im wahren Leben nie begegnet. Solche Traumtypen kenne ich nur aus Filmen, Zeitschriften und aus dem Internet. Ich hätte auch gar nicht gedacht, dass man in Wirklichkeit so gut aussehen kann. Meine Mutter beispielsweise behauptet, dass all die tollen Typen nur wegen Photoshop so phantastisch aussehen. Sie ist sogar der Meinung, dass es überhaupt keine schönen Franzosen gibt, sondern dass die alle in irgendeiner Weise aussehen wie Louis de Funes. Na ja, José-Irgendwas Carreras-Irgendwas ist nicht gerade ein typisch französischer Name. Sein Gesicht kommt mir ebenfalls spanisch vor.
„Es hätte mich auch sehr gewundert, wenn sie je von Monthomé gehört hätten“, säusele ich. Ich ziehe meinen Mantel aus, den ich die ganze Zeit anbehalten hatte, und unter dem ich inzwischen schwitze, als säße ich in einem türkischen Dampfbad.
„Warum ziehen Sie nicht nach Paris ? Als Drehbuchautorin können Sie überall arbeiten.“ Er steht da, das Protokoll unter dem Arm und sieht einfach nur großartig aus.
„Wohnen Sie in Paris?“ Ich habe die Frage noch nicht ganz ausgesprochen, als ich schon den Kopf über mich selbst schüttele. Hey, ich habe einen festen Freund, das Protokoll ist unterschrieben, meine Füße voller Pflaster. Was habe
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