Gefaehrlich verliebt in Mona Lisa 2
schlagen.
Als ich in die Einfahrt zu unserem Haus einbiege, hat der Alkoholpegel in meinem Blut mein Selbstmitleid vollends vertrieben.
In Gedanken weile ich bei den Vorräten in unserem Weinkeller, denn heute werde ich mich so richtig besaufen. Morgen werde ich dann den unausweichlichen Kater auskurieren. Und übermorgen ...
Tja, beim Plan für übermorgen brettere ich leider nicht an dem letzten Schlagloch vor der Haustür vorbei, sondern direkt hinein. Und als ich den Kopf aus der Pfütze hebe, fluchend wie ein Bierkutscher, sehe ich geradewegs in vier Paar Augen. Mein Gott! Sieht man, wenn man blau ist, nicht einfach nur doppelt?
Kapitel 4
Das nennt man dann wohl einen Filmriss. Nach zwei Aspirin und zwei großen, starken Cafés sind zwar die Kopfschmerzen weg, doch ich könnte schwören, dass das letzte, was ich gestern Abend gesehen habe, vier Augenpaare waren.
„ Da kannst du aber von Glück reden, dass dein Vater und die beiden Jungs mich nach Hause begleitet haben.“
„ Mama!“ Ich fahre herum. So sehr ich mich angesichts des plötzlichen Auftauchens meiner Mutter erschrecke, so froh bin ich, dass ich wohl doch nur in einer Pfütze lang und mitnichten im Delirium. Hab’ ich doch richtig gezählt: Acht Augen. Das heißt dann wohl, dass Mathis und sein detektivischer Künstler-Kumpel Gabriel hier waren. Hoffentlich schwirren die nicht auch noch irgendwo im Haus herum.
„ Bonjour, meine Kleine.“
Mutter marschiert quer durch unsere überschaubare Küche (jedenfalls im Vergleich zu dem Kochtempel auf Schloss Maigritte) und drückt mir einen Kuss auf die Wange. „Wie ich sehe, bist du wieder wohlauf. Und auch diese scheußlichen Pickel sind aus deinem Gesicht verschwunden. Dein Vater hat mich schon gefragt, ob du ein Alkoholproblem hättest.“
Ich zeige meiner Mutter einen Vogel.
„Erstens: Ob der Verbrecher mein Vater ist, bleibt abzuwarten. Zweitens: Wo kommst du denn plötzlich her? Drittens: Sind wir allein im Haus?“
Sie nimmt mir die Tasse aus der Hand, in die ich gesehen hatte, bevor sie die Küche betrat, spült sie unter fließendem Wasser und sagt: „Zu Frage zwei: Ich wohne hier. Und ja: Wir sind allein. Die drei Männer sind abgereist, gleich nachdem sie meine mal wieder total betrunkene Tochter ins Bett geschleppt haben. Die Frage nach dem Alkoholproblem scheint mir gar nicht so verkehrt. An unserem ersten Abend auf dem Schloss hast du dich so volllaufen lassen, dass dich dein Cousin auf dein Zimmer schleppen musste.“
„ Ich sage nur eins: Äther und Wein vertragen sich nicht“, brumme ich und frage mich, ob Cousin und Cousine wohl offiziell was miteinander haben dürfen. „Und den Äther habe ich mir schließlich nicht selbst unter die Nase gerieben. Aber lassen wir dieses Thema. Übrigens suche ich mir so bald wie möglich eine eigene Wohnung.“
„Das brauchst du nicht“, erwidert meine Mutter weniger überrascht als vielmehr prompt, trocknet meine gespülte Kaffeetasse, holt sich selbst eine frische Tasse aus dem Schrank und bereitet in aller Ruhe zwei Milchcafé zu. Einen drückt sie mir in die Hand. „Bitte sehr. Du siehst aus, als könntest du noch einen gebrauchen. Zu unserer Wohnsituation: Ich ziehe selber aus. Und zwar noch in dieser Woche. Den genauen Tag habe ich noch nicht festgelegt. Das hängt davon ab, wie ich mit dem Packen vorankomme. Du kannst das Haus haben. Wenn du dann mal mit Clément eine Familie gründest, können eure Kinder frei und im Grünen aufwachsen. Ihr müsstet natürlich die Nebenkosten tragen und euch um die Reparaturen kümmern. Miete verlange ich keine, denn eines Tages erbst du das Haus ja doch. Das dürfte ein faires Angebot sein.“
Schluck.
„Was ist, Jade? Willst du das Haus nicht?“ Mutter zieht sich zwei Stühle zurecht. Auf den einen setzt sie sich, auf den anderen legt sie ihre Füße. Sie wirkt irgendwie viel zufriedener und entspannter als sonst.
„Mit Clément ist es vorbei “, gebe ich widerwillig zu und setze mich ebenfalls.
„Nein!“
Oh. Mann. Meine Mutter kann so scheinheilig sein. „Tu doch nicht so, Mama! Wir wissen beide, dass du ihn noch nie leiden konntest.“
„ Wenn du das sagst ... Dann bleibt mir nur noch zu sagen: Herzlichen Glückwunsch!“ Sie prostet mir mit ihrem Café au Lait zu. „Für dich allein dürfte das Haus wohl ein wenig groß sein. Ich würde es allerdings ungern verkaufen. Es ist immer gut, wenn man einen Rückzugsort hat. Für alle Fälle.“
Ich stürze Café Nummer drei
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