Gefaehrlich verliebt in Mona Lisa 2
tief Luft. Nein, ich werde jetzt keine Szene machen. Da steh’ ich doch drüber. Ich muss mir nur Cléments Frisur anzsehen, um zu wissen, dass das mit uns tatsächlich zu Ende ist. Nein, alles, was mir noch zu schaffen macht, ist gekränkte Eitelkeit.
„Na dann ist es ja gut“, sage ich mit einem überheblichen Grinsen auf den Lippen. Ich hebe das Glas und verkünde: „Auf dich und Hélène.“ Dann leere ich das Glas auf Ex. Wenigstens schmeckt der Wein ganz hervorragend.
„Du bist mir nicht böse?“ Clément sieht mit seinem treu-doofen Blick zu, wie ich mich erhebe.
„Nein“, entgegne ich im Brustton der Überzeugung, gieße mir einen ordentlichen Schluck Wein nach und werfe das Glas schwungvoll gegen die in einem frischen, frühlingshaften Grünton gestrichene Küchenwand. „Wir bleiben Freunde, Clé. Grüß’ Hélène von mir.“
Und dann ziehe ich ab.
Das einzige, was mich noch wundert, ist, dass die Lichter hinter den Fenstern von Cléments Nachbarn aus bleiben.
***
Grimmig trete ich in die Pedale und donnere über das verdammte Kopfsteinpflaster. Ich kann nicht glauben, dass dieser Schuft mich die ganze Zeit mit der Dorfschlampe, die so ganz zufälligerweise auch seine Angestellte ist, betrogen hat. Angestellt als Mädchen für Alles. Er hat es immer wieder erwähnt. Kein Wunder, dass unser Sexleben so spannend war wie das Kinoprogramm im Dorf, als es noch das winzige Lichtspieltheater am Marktplatz gab. Im vergangenen Jahrhundert.
Als ich an der Dorfbar vorbeikomme, halte ich kurz entschlossen und mit quietschender Bremse an, zwänge mein Rad in den Fahrradständer, stürme die Bar und knalle meine Hände auf die Theke.
„Einen Pastis“, rufe ich dem alten, etwas schwerhörigen Olivier zu, der die Bar seit Jahrhunderten betreibt.
„Hattest du nicht schon als Kind die Masern?“, begrüßt er mich, nachdem er seinen Kopf wie in Zeitlupe zu mir gedreht und mir mitleidig ins Gesicht gesehen hat.
„Wenn ich die Masern hätte, würde ich im Bett liegen, anstatt mich zu besaufen“, entgegne ich.
„Tut mir leid, Jade“, sagt er daraufhin mit seiner zittrigen, alten Stimme. Er sowie der Postbote und der Dorfpolizist sind um diese Zeit die einzigen Menschen in der Bar. Alle drei mustern mich mit ihren mitleidigen, versoffenen Augen. Olivier stellt den gewünschten Pastis vor mich auf die Theke.
„Seit wann ist es denn im Dorf rum?“, frage ich und kippe den besten Schnaps von ganz Monthomé schnell runter, bevor mich die Antwort mit voller Wucht trifft.
Statt der Antwort bekomme ich gleich noch einen Schnaps serviert.
„Der geht auf’s Haus“, sagt Olivier schulterzuckend.
Pierre und Laurent heben ihre Pastis-Gläser.
Ich komme mir vor wie auf der Beerdigung meiner Oma.
„Das heißt, dass es alle wissen.“ Ich hätte gar nicht fragend von einem zum anderen sehen brauchen. Auch so weiß ich, dass es so ist. „Meine Mutter etwa auch?“
Olivier schüttelt den Kopf. Dabei fliegt die einzige Haarsträhne, die ihm verblieben ist, einmal hoch, um sich dann langsam wieder auf den altersbefleckten Schädel zu senken.
„Sie hat ja seit Ewigkeiten das Haus nicht verlassen.“
Okay. Das ist schon mal gut. Dann kann ich ihr gegenüber so tun, als hätte ich Schluss gemacht, was ich ja in gewisser Weise auch getan habe. Immerhin habe ich gesagt, dass es vorbei sei. Wenn ich mich recht an meine Worte erinnere.
Ich trinke Pastis Nummer zwei genauso auf Ex wie den ersten, bedanke mich und verabschiede mich bei den drei trinkfestesten Bewohnern des Dorfes.
„Kopf hoch“, ruft Olivier mir nach.
Ich nicke und stolpere zu meinem Fahrrad. Ich weiß genau, was die Drei denken: In Monthomé kriegt die keinen mehr ab. Und damit liegen sie aber auch sowas von richtig!
Da Laurent , der Dorfpolizist, vor dem Morgengrauen nicht nach Hause torkeln wird, schwinge ich mich auf den Drahtesel. Nach ein paar Schlingern, komme ich rasch in die Spur und dann geht es umso zügiger nach Hause.
Dabei wird mir klar, dass ich heute nicht nur mit einem Mann Schluss gemacht habe. Nein, Jade Dechamps, Drehbuchautorin in spe, hat an einem einzigen Tag sage und schreibe drei Kerle verlassen: Einen Verbrecher im Niemandsland, einen schönen, aber in Wirklichkeit sehr ungalanten Kommissar aus Paris-Anteuil und einen Gärtner aus dem weltberühmten Monthomé.
Und so langsam beginne ich, mich darüber zu ärgern, dass ich mir im Zug nicht diesen Künstler an Land gezogen habe, anstatt ihn in die Flucht zu
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