Gefaehrlich verliebt in Mona Lisa 2
wissen. Und vielleicht hilft sie mir ja in Zukunft.
Ich sehe auf die Zeitanzeige auf dem Bordcomputer. Noch fast eine dreiviertel Stunde bis Paris. Höchste Zeit, das Thema zu wechseln.
„Ich habe Hunger“, verkünde ich.
„Ich könnte an der nächsten Autobahn-Raststätte anhalten“, bietet José sogleich erfreut an. Vermutlich sieht er sich mit mir im Schlepptau in einer öffentlichen Toilette verschwinden, wo er rasch ein Krokodil-Kondom aus dem Automaten zieht.
„So dringend ist es auch wieder nicht“, rufe ich fast schon panisch und fange an zu bereuen, dass ich nicht mit dem Zug gefahren bin. „Ich hatte an einen kleinen Snack gedacht, einen Schokoriegel oder einen Apfel, irgendwas, das du im Auto hast. Hast du was?“
„Da nn musst du im Handschuhfach nachsehen. Nadine stopft da manchmal was rein.“
„Ich sitze aber auf dem Rücksitz“, gebe ich zu bedenken.
„Dann klettere halt nach vorn“, kommt es umgehend zurück.
Ein größerer Gentleman als dieser Pep— Guardiola-Verschnitt ist mir noch nicht begegnet. Nicht mal den Bauern in unserem Dorf würde es einfallen, mich im hautengen, hellrosa Etuikleid mit passendem Mäntelchen und Pumps zwischen die Vordersitze durchkrabbeln zu lassen, um mich in einem Handschuhfach, in dem es ähnlich aussieht wie unter Josés Bett, nach etwas Essbarem fahnden zu lassen. Das Problem ist nur folgendes: Wenn ich nicht gleich was zu beißen bekomme, wird mir schwindlig und ich kann nicht mehr klar denken. Und das sind nicht die besten Voraussetzungen für ein Vorstellungsgespräch und den Start in eine Woche Probearbeit, aus der ich als Festangestellte hervorzugehen beabsichtige.
Nachdem der gesamte Fußraum auf der Beifahrerseite vollgemüllt ist mit zusammengeknülltem Verpackungsmaterial von Schokoriegeln, Hamburgern, Baguettes sowie alten Coffee-to-go-Bechern und Kondomhüllen, werde ich endlich fündig. Wäre ich nicht in höchster Not gewesen, hätte ich bestimmt nicht in den angefressenen, reichlich verschrumpelten Apfel gebissen. Es ist wirklich erbärmlich. Ab jetzt kann es nur noch aufwärts gehen.
„Kontrolliert bei der Polizei eigentlich niemand die Dienstwagen?“, schmatze ich angewidert. Vorsichtig krabbele ich wieder zurück auf die Rückbank. Ungünstigerweise kann ich nur mit dem Kopf vorangehen und José greift mir unter den Rock.
„ Hmmm“, macht er dabei.
Igitt , denke ich. In Windeseile schnalle ich mich wieder an und tue so, als fielen mir die Augen zu. Gnädigerweise fallen sie mir dann wirklich zu und ich wache erst wieder auf, als wir längst durch den dichten Pariser Verkehr fahren. Eigentlich hatte ich am Triumphbogen aussteigen wollen, weil ich mich in der Gegend einigermaßen auskenne, aber wie es aussieht, haben wir den längst passiert. Scheiße. Irgendwie muss ich die Kuh trotzdem vom Eis kriegen.
„Wo sind wir eigentlich?“, frage ich ein wenig verschlafen.
„Gerade um den Triumphbogen herumgefahren.“
Okay. Dann ist noch nichts verloren. Pinkeln, fährt es mir durch den Kopf. Frauen müssen doch dauernd pinkeln. Das ist es! Mit theatralisch verzerrtem Gesicht verkünde ich, dass ich mal dringend für kleine Mädchen muss. Um meine Aussage zu untermauern, zappele ich unruhig auf meinem Hintern herum.
„Willst du hier irgendwo wie ein Hund auf die Straße pieseln?“, fragt José amüsiert.
„Verdammt, José, halt’ sofort an und lass’ mich aussteigen. Sonst passiert noch ein Malheur.“ Ich habe noch eine Stunde, um dieses Hotel zu finden, in dem ich meine Probearbeitswoche antrete. Wenn ich nicht langsam rauskomme aus diesem verdammten BMW, dann schaffe ich das nie. Zumal ich nur eine ungefähre Vorstellung davon habe, wo dieses Hotel liegt. Und ich werde mich auf gar keinen Fall von dem Kommissar dorthin fahren lassen, denn der weiß erstens immer noch nicht, dass er nur mein Chauffeur bis Paris, Endstation Arc de Triomphe ist. Er wird es bald von ganz allein bemerken. Aber dann bin ich längst über alle Berge.
„Ich drehe“, knurrt José unwillig. „Am Triumphbogen ist eine öffentliche Toilette. Während du tust, was du nicht noch zehn Minuten lassen kannst, kreise ich um den Bogen und sammele dich nachher wieder ein.“
Na bitte. Geht doch. Und zwar besser als erwartet.
„Hey“, sagt José, bevor er kurz vor der Champs-Elysées mit dem Tempo runtergeht. „Anscheinend hat dir jemand das Handy geklaut.“ Er grabbelt mein rotes Samsung aus seiner Jackentasche und reicht es mir. „Damit du
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