Gefährliche Enthüllung (German Edition)
etwas für ihn zu tun. Diesmal habe ich aber wirklich absolut keine Zeit. Also geheich ihm aus dem Weg. Das ist leichter für mich.“ Sie begegnete Petes Blick und lächelte kläglich. „Ich weiß, das ist ein feiger Ausweg. Ich weiß auch, dass er mich über kurz oder lang doch erwischen wird. Allerspätestens bei dem Sponsorenempfang im Museum für Moderne Kunst.“
Pete bemühte sich, keine Regung zu zeigen. Hoffentlich konnte sie ihm die Eifersucht nicht ansehen, die ihn befallen hatte, als er Yorks Stimme auf dem Anrufbeantworter hörte. Eifersucht? Was zum Teufel geht in mir vor? Woher nehme ich mir das Recht, eifersüchtig zu sein? Ich habe kein Recht dazu, nicht im Geringsten. Also hör gefälligst auf damit, rief er sich zur Ordnung.
Er räusperte sich. „Was ist sonst noch auf dem Anrufbeantworter?“
Annie drückte erneut die Wiedergabetaste.
Eine weitere Nachricht war von der Archäologischen Gesellschaft Westchester. Eine Anfrage, ob Dr. Morrow in den nächsten Monaten ein wenig freie Zeit hätte und bei einem der monatlichen Treffen einen Vortrag halten würde.
„Freie Zeit!“ Annie lachte. „Wenn die wüssten …“
Die nächsten vier Anrufer hatten aufgelegt, ohne eine Nachricht zu hinterlassen. Dann meldete sich wieder eine Stimme.
„Ich rufe im Namen von Stands Against the Storm an.“ Annie blickte hastig zu Pete hinüber. Er hatte sich nicht gerührt, aber dennoch war er sofort voll konzentriert. Er schaute sie an, und in seinen dunklen Augen brannte ein Feuer, während sie beide sich die Nachricht anhörten. Die Stimme war die eines Mannes. Er sprach ohne hörbaren Akzent und leise.
„Sie müssen die Totenmaske herausgeben“, sagte er beinahe freundlich. „Geben Sie sie dem Volk der Diné zurück.Ich sage Ihnen das nur zu Ihrem Besten. Der böse Geist in der Maske wird erwachen, wenn Sie seine Ruhe stören. Fassen Sie die Maske nicht an, nehmen Sie sie nicht in die Hand – oder Sie werden den Zorn des Geists zu spüren bekommen. Dann wird von Ihrem bisherigen Leben nichts übrig bleiben. Warten Sie auf weitere Anweisungen.“
Dann klickte es, und der Anrufbeantworter gab zwei kurze Pieptöne von sich: keine weiteren Nachrichten vorhanden.
Annie saß so still an ihrem Tisch, dass Pete das Ticken der Wanduhr vernehmen konnte, wenn der Sekundenzeiger vorrückte. Aber energiegeladen, wie sie war, hielt sie das Stillsitzen nicht lange aus. Sie stand plötzlich auf, drängte sich an ihm vorbei aus dem Büro und ging den Flur hinunter. Er folgte ihr ins Labor, wo sie die Deckenbeleuchtung einschaltete und direkt zum großen Tresor ging.
Ein paar schnelle Drehungen am Kombinationsschloss, und die massive Tür schwang auf. Wortlos nahm Annie die Kiste aus England aus dem Tresor und trug sie zu dem geräumigen Labortisch hinüber. Dort setzte sie die schwere Last vorsichtig ab und zog einen Hammer aus einer der Schrankschubladen.
Pete fragte nicht, was sie vorhatte. Er wusste es auch so.
„Wissen Sie“, sagte Annie trocken, „dieses Ding macht mir nichts als Ärger. Dabei habe ich noch keinen einzigen Blick darauf geworfen.“
Mit der Spitze des Hammers löste sie behutsam den Deckel. Gefüllt war die Kiste mit großen Verpackungschips. Annie durchwühlte die Chips mit den Händen und stieß in etwa fünfzehn Zentimetern Tiefe auf die Oberseite des schweren Artefakts. Sie zog es vorsichtig heraus, sorgsam bemüht, keine Verpackungschips auf den Tisch fallen zu lassen.
Die Totenmaske war von mehreren Lagen Luftpolsterfolie geschützt. Annie wickelte die Folie ab. Zum Vorschein kam die in ein weiches Tuch gehüllte Maske. Annie wickelte sie vorsichtig aus, breitete das Tuch auf dem Labortisch aus und legte die Maske darauf ab.
Es war ein wirklich bemerkenswertes Kunstwerk. Vor sich hatte sie das goldglänzende Gesicht von Stands Against the Storm. Die kurz nach seinem Tod angefertigte Maske bewahrte jede Runzel, jeden erschlafften Muskel im Gesicht des alten Mannes für die Nachwelt. Seine Augen waren geschlossen, und er wirkte unglaublich müde und traurig. Annie versuchte sich vorzustellen, wie seine Augen im Leben gewesen sein mochten. Waren sie so wie Petes Augen: dunkel und feurig, voller Kraft und Leben?
Annie schaute zu Pete auf. „Ich glaube nicht an Flüche“, sagte sie und nahm die Maske hoch, hielt das kühle Metall in ihren Händen. Nichts geschah. Sie wurde weder vom Blitz getroffen noch von einer Horde kreischender böser Geister angegriffen. Und was ihr Leben
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