Gefährliche Enthüllung (German Edition)
Zähneputzen im Bad eine Entscheidung getroffen und war entschlossen, ihrem Vorsatz treu zu bleiben: Sie wollte diesem Mann nicht nachstellen. Sie hatte ihn wissen lassen – natürlich auf subtile Weise, aber Pete Taylor war schließlich kein Dummkopf –, dass sie Interesse an ihm hatte. Also wäre es an ihm gewesen, den ersten Schritt zu tun. Oder eben nicht.
Offensichtlich hatte er sich für ‚Oder eben nicht‘ entschieden.
Na schön. Dann sollte es eben so sein. Sie war eine erwachsene Frau und konnte mit Zurückweisung umgehen.
Aber es würde ihr ganz und gar nicht guttun, im Dunkeln zu liegen und bis in die frühen Morgenstunden mit ihm zu reden. Womöglich noch mehr ihrer Geheimnisse preiszugeben. Oder gar, sich in ihn zu verlieben.
Sie lag schweigend im Dunkeln und hoffte aus tiefster Seele, dass es nicht schon zu spät war.
Die Minuten vergingen. Lange, endlos scheinende Minuten, in denen sie sich damit beschäftigte, ihre Arbeit für morgen zu planen. Anschließend versuchte sie sich möglichst viele Songs ins Gedächtnis zu rufen, die mit dem Wörtchen„I“ begannen. „I Think I Love You“, „I Wanna Hold Your Hand“, „I Had The Craziest Dream“, „I Do“, „I’m Dreaming Of a White Christmas“ … Halt, nein, das Letzte war nur der Anfang eines Songs, nicht der Titel.
Sie gab auf. „Taylor, sind Sie wach?“
„Ja.“
Am anderen Ende des Raums schloss Pete kurz seine Augen. Annie hatte so lange geschwiegen, dass er schon vermutet hatte, sie wäre entgegen ihrer bisherigen Gewohnheit bereits eingeschlafen.
„Glauben Sie, der Kerl am Telefon wollte mir zu verstehen geben, dass er wieder anrufen und mir mitteilen wird, wohin ich die Maske bringen soll? Oder was hat er gemeint, als er sagte: ‚Warten Sie auf weitere Anweisungen‘?“
Pete wusste genau, von wem sie redete. „Vermutlich wird er sich noch einmal melden“, antwortete er. „Aber ich glaube, zunächst werden er und seine Kumpane versuchen, Ihnen ordentlich Angst einzujagen, damit Sie die Polizei aus dem Spiel lassen.“
„Dafür ist es längst zu spät, die Polizei ist schon eingeschaltet“, gab Annie zurück. „Was glauben diese Typen denn, was ich tue? Soll ich ihnen etwa ernstlich ein Stück Gold aushändigen, das etliche Zehntausend Dollar wert ist? Reiner Materialwert, wohlgemerkt. Der historische Wert steht noch auf einem ganz anderen Blatt. Und selbst wenn ich die Maske hergebe, was dann? Soll ich Ben Sullivan anrufen und sagen: ‚Hoppla, tut mir leid, mir ist Ihr Eigentum abhandengekommen‘?“
„Ich weiß, dass Sie das nicht tun werden“, erwiderte Pete, „aber diese Leute kennen Sie nicht. Sie wissen nicht, dass man Ihnen nicht so leicht Angst einjagen kann.“
„Vielleicht kennen Sie mich auch nicht, Taylor“, sagteAnnie leise. „Manchmal glaube ich, dass ich vor allem Angst habe.“
„Sich vor etwas zu fürchten ist eine Sache“, antwortete Pete, „wie weit man sich davon beeinträchtigen lässt, ist eine ganz andere.“
„Denken Sie nur an meine Angst vor Fledermäusen“, meinte Annie trocken.
„Offensichtlich haben Sie diese Angst ganz gut im Griff“, gab er zurück. „Immerhin bin ich der Einzige, der davon weiß.“
„Gibt es Dinge, vor denen Sie Angst haben, Taylor?“
Pete starrte lange zu den Fenstern hinüber, bevor er antwortete. „Ja“, äußerte er sich schließlich. „Ich bekomme es mit der Angst zu tun, wenn sich die Grenzen zwischen Recht und Unrecht verwischen. Neuerdings scheint es keine scharfe Trennung mehr zu geben, und das macht mir ganz gewaltig Angst.“
Eine Weile blieb es still. Dann lachte er, aber völlig ohne Humor. „Außerdem fürchte ich, dass ich dem Namen, den mein Großvater mir gab, nicht gerecht geworden bin.“
Pete hatte nicht in den Krieg gehen wollen. Er hatte ernstlich darüber nachgedacht, sich in den Rocky Mountains zu verstecken, ähnlich wie seine Vorfahren es getan hatten, wenn die Regierung ihnen Befehle erteilte, die ihnen gegen den Strich gingen.
Aber er war dann doch dem Befehl gefolgt. Zunächst fragte er sich noch, was jemand mit dem Namen ‚Der den Frieden herbeiredet‘ eigentlich in diesem fremden Land zu suchen hatte, mit seiner automatischen Waffe und seiner Tarnausrüstung. Aber er begriff relativ schnell, dass er gut darin war, am Leben zu bleiben, und ganz besonders gut darin, auch die Männer um ihn herum am Leben zu erhalten.Und irgendwie ergab es sich nach dem Ende des Krieges und dem Abzug der
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