Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben

Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben

Titel: Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Dietz
Vom Netzwerk:
ihrer Army-Tasche und begann, eine Kippe zu drehen. Ich bestellte mir einen Latte macchiato, Naomi ein Bier. Sie zündete sich die Zigarette an. »Du hast mich also gefunden«, sagte sie mit heiserer Stimme und fummelte sich ein paar Tabakkrümel von der Zunge. »Woher wusstest du…?«
    »Dass du Naomi bist? Ich habe in Lauras Zimmer das Foto gefunden von euch dreien. Das aus Juist.«
    Sie nickte gedankenverloren und blies den Rauch in Ringen aus. »Da haben wir uns kennengelernt. War ’n toller Sommer.«
    »Laura und Milena waren damals beste Freundinnen, oder?«
    »Jep. Und dann kam ich«, sagte sie und nahm einen tiefen Schluck Bier. Mir wurde kalt bei dem Anblick des mit Kondenswasser beschlagenen Glases. »Zuerst war alles noch easy«, erzählte sie. »Wir hatten so einen Spaß! Scheiße, was haben wir gelacht. Drei Wochen waren wir unzertrennlich. Dann waren die Ferien zu Ende. Wir haben uns dauernd gemailt und gesimst und uns dann auch hier getroffen. Milena konnte nicht, also haben Laura und ich uns alleine getroffen. Und da habe ich es gemerkt.« Sie drückte den Zigarettenstummel im Aschenbecher aus.
    »Du hast dich verliebt«, sagte ich. Sie nickte. »Und Laura hat sich auch verliebt. Es war…« Sie seufzte. »Es war magisch.« Langsam stellte sie das leere Glas ab. Es schien fast so, als hätte sie mich vergessen, als sie weiterredete. »Als hätten wir schon immer zusammengehört. Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart verschmolzen, wenn wir zusammen waren. Jeder Moment war wie ein Blick in die Ewigkeit.«
    Ich bekam eine Gänsehaut. Und diesmal nicht vor Kälte. Dieses hagere Mädchen mit den Jungsklamotten und der Sonnenbrille, der wilden Frisur und den offenen Stiefeln passte auf den ersten Blick überhaupt nicht zu einer hübschen, gut angezogenen Streberin aus gutem Hause. Und gerade deswegen war ihre Geschichte so überzeugend.
    »Und Milena?«
    »Milena war stinksauer, als sie dahintergekommen ist. Stinksauer! Es tat uns leid für sie, aber wir konnten nicht anders. Wir gehören einfach zusammen. Gehörten.« Das letzte Wort sagte sie fast stumm. Dann holte sie tief Luft und redete in normaler Lautstärke weiter. »Milena wollte das nicht einsehen und hat Laura die Freundschaft gekündigt. Aber wir brauchten nicht mehr als uns. Laura und ich… das war sowieso mehr, als ich jemals erhofft hatte. Und dann eines Tages…«
    Sie nestelte an der Army-Tasche herum, dann hob sie den Blick und sah mich an. »Und dann eines Tages erwischt uns dieses Arschloch.«
    »Ihr Vater?«
    Sie nickte. »Was für ein Tyrann. Er hat Laura sofort verboten, sich weiter mit mir zu treffen. Laura war total fertig. Sie war so lieb und sanft. Sie wollte ihre Eltern nicht enttäuschen und hatte auch Angst vor ihrem Vater.« Mit zitternden Fingern drehte Naomi noch eine Kippe. »Ich habe mich gehasst dafür. Ich wollte nicht, dass sie wegen mir Ärger hat. Und deswegen habe ich…« Sie schnippte das Feuerzeug an, eine Flamme flackerte bläulich auf, dann glimmte die Asche rot, als sie heftig den Rauch inhalierte. »Deswegen habe ich versucht, ein Junge zu sein, damit sie mit mir zusammen sein kann.« Sie winkte der Bedienung mit dem leeren Bierglas.
    »Du wurdest Pepe.«
    »Ja. Eine Zeit lang war es total klasse. Wir konnten überall hin, ohne aufzufallen. Selbst Lauras Mutter hat am Anfang nicht gerafft, dass ich es war. Wir haben uns gegenseitig unsere Initialen eintätowiert.« Sie schob den Ärmel hoch und zeigte mir das L, das die Innenseite ihres Ellenbogengelenks zierte. »Wir dachten, wir hätten es geschafft. Doch leider wurde Laura in der Schule schlechter und hat auch ihren Violinunterricht geschwänzt, um mit mir zusammen zu sein. Und das ging natürlich nicht in dem feinen Hause Cheng, wo Ehrgeiz alles ist und Glück nur in Erfolg gemessen wird. Also hat der Vater ihr hinterherspioniert. Und als er rausgefunden hatte, dass sie immer noch mit mir zusammen ist, hat er gedroht, sie zu Verwandten nach China zu schicken. Er hat alles zerstört. Er hat sie zerstört. Dieses Arschloch.«
    »Ihr habt euch getrennt?«
    »Ja. Sie hat Schluss gemacht.«
    »Und Laura hat eine Affäre mit dem Musiklehrer angefangen.«
    »Ja, sie hatte eine Affäre mit diesem Lehrer«, sagte sie bitter. »Wollte unbedingt die gute Tochter sein.«
    »Wenn ich ein Verhältnis mit meinem Lehrer hätte, wären meine Eltern aber nicht gerade begeistert.«
    »Ja, aber ein Verhältnis mit einem älteren Mann ist tausendmal besser als eines mit

Weitere Kostenlose Bücher