Gefährliche Glut
neunzehnten Jahrhundert und vergoldeten Holzmöbeln, die Sofas und Sessel waren mit blauer Seide überzogen, die ebenfalls ausschließlich für diesen Zweck in Frankreich gewebt worden war.
Vom letzten Raum aus blickte man in einen üppig begrünten Innenhof hinunter, in dessen Mitte ein großer Barockspringbrunnen mit in Stein gehauenen mythologischen Figuren rauschte. Julie kam nicht umhin zuzugeben, dass das Haus trotz all seiner Pracht eine warme, ja wohnliche Atmosphäre ausstrahlte. Frische Blumen in wertvollen antiken Vasen, die auf ebenso wertvollen antiken Tischen und Anrichten standen, erfüllten mit ihrem Duft die Luft.
Jetzt ging Julie nach unten in die Küche zu Maria, die ihre eigene Armee tüchtiger Hausangestellter befehligte.
Durch die geöffnete Tür brachte ein lauer Frühlingswind den Duft der Zitronen ins Haus, die in den Zitrus- und Orangenhainen auf der anderen Seite des Hauses wuchsen.
„Haben Sie Ihre Medizin schon eingenommen?“, erkundigte sich Maria, sobald Julie die Küche betrat.
Julie nickte lächelnd. Dr. Vittorio hatte ihr vorab schon mal Eisentabletten verordnet, die sie zweimal am Tag einnehmen sollte, bis die Untersuchungsergebnisse da waren. Sie musste zugeben, dass sie sich bereits viel besser fühlte.
An die leise Schärfe, die in der Stimme der älteren Frau mitschwang, wenn sie mit ihr sprach, hatte sich Julie inzwischen gewöhnt. Dafür ging Maria mit Josh so liebevoll um, als ob er ihr eigener Sohn wäre.
„Für Rocco wird es nicht einfach werden, den Jungen hier aufwachsen zu sehen. Aber zum Glück ist er nicht nur ein starker, sondern auch ein guter Mann“, bemerkte Maria, nachdem sie eine Weile über dies und das geplaudert hatten.
„Weil er ihn an Antonio erinnern könnte?“, fragte Julie.
„Nein, das ist es nicht.“
Maria machte es wieder einmal spannend, wie so oft. Julie wusste inzwischen, dass die Haushälterin jedes Schwätzchen auskostete und so lange wie möglich ausdehnte.
„Was ist es denn dann?“, hakte Julie nach, bevor sie sich für einen Moment ganz auf Josh konzentrierte, der gerade sein Fläschchen bekam.
„Weil er mit ansehen muss, wie der Kleine mit etwas aufwächst, worauf er selbst als Kind verzichten musste: Die Liebe und Aufmerksamkeit einer Mutter“, verkündete Maria, während sie von dem Teig aufschaute, den sie gerade knetete.
Julie runzelte die Stirn. Sie verstand nicht, worauf Maria hinauswollte.
„Die Prinzessin – Roccos Mutter – starb bei seiner Geburt“, begann Maria zu erklären. „Die Ärmste. Viele Leute glaubten damals, dass sie nicht mehr leben wollte, weil ihr Mann so grausam war. Bei ihrer Heirat war sie erst siebzehn, also wesentlich jünger als er. Es war eine arrangierte Ehe, aber sie hatte das Pech, ihn zu lieben, während er einer anderen Frau den Vorzug gab, die er schon vorher kannte. Und natürlich dachte er gar nicht daran, sich allein mit seiner Ehefrau zufrieden zu geben.“
Maria kostete es sichtlich aus, das ganze Familiendrama zu enthüllen. Julie lächelte Josh an, während der Kleine hungrig an seinem Fläschchen nuckelte. Seit zwei Tagen hatte er richtig Appetit.
„Meiner Meinung nach wären wechselnde Geliebte für die Prinzessin immer noch besser gewesen, als ständig nur diese eine Rivalin“, fuhr Maria in wichtigem Ton fort. „Besonders weil diese Frau ihren Platz nicht kannte“, ergänzte sie grimmig. „Die arme Prinzessin hatte keine Chance gegen diese raffinierte Person, die genau wusste, wie man einen Mann an sich bindet. Sie war sich tatsächlich nicht zu schade, in aller Öffentlichkeit damit zu prahlen, dass der Prinz sie liebt und nicht seine Ehefrau. Und bei ihrem Tod hat keiner der beiden der Prinzessin auch nur eine einzige Träne nachgeweint, das können Sie mir glauben. Wahrscheinlich hätte Isabella die Kinder am liebsten gleich zusammen mit Prinzessin Lucia begraben.“
Maria seufzte theatralisch auf. „Und jetzt hatte der Prinz endlich freie Bahn. Die Prinzessin hatte ihm drei gesunde Söhne geboren, aber nun war sie tot, und er konnte Isabella heiraten. Fünf Jahre später hat sie selbst einen Sohn zur Welt gebracht, den der Prinz ebenso abgöttisch liebte wie seine zweite Frau. Mit so einem schändlichen Verhalten wäre niemand anders durchgekommen, aber der Prinz konnte sich alles erlauben, er war niemandem Rechenschaft schuldig. Die Leopardis sind ein stolzes Geschlecht, ihr Stolz ist wie eine zweite Haut“, erklärte Maria.
Julie runzelte die Stirn.
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