Gefährliche Glut
schlimme Zeit für ihn gewesen sein. Er wusste, wie sehr ich ihn liebe, und er wollte mir nicht wehtun, deshalb …“
„Deshalb hat er dir nichts gesagt und es mit euch beiden getrieben, ja?“
„Nein!“, widersprach Julie schockiert. „Natürlich nicht.“
Als ihr klar wurde, worauf er hinauswollte, lächelte sie bitter.
„Falls du Angst hast, du könntest dich bei mir mit irgendetwas angesteckt haben, kann ich dich beruhigen. Das ist mit Sicherheit nicht der Fall.“
„Ein Leben ohne Sex muss dir nach eurer Trennung ziemlich schwergefallen sein“, sagte Rocco, ohne auf ihre Worte einzugehen.
So viel Unverblümtheit brachte sie aus der Fassung. „Warum sagst du das jetzt?“
„Weil du so bedürftig warst“, gab er noch unverblümter zurück. „So hungrig. Hungriger als jede andere Frau, die ich bisher kannte.“
„Tut mir leid, wenn … wenn du mich … zudringlich fandest“, gab sie steif zurück.
„Das wollte ich damit nicht sagen. Mein Eindruck war nur, dass du dich verzweifelt nach der Berührung eines Mannes sehnst und nach Befriedigung.“
„Mir wäre es lieber, wenn wir nicht mehr darüber reden.“ Wie züchtig sie klang, selbst in ihren eigenen Ohren. Aber seine Worte erinnerten sie mit peinlicher Deutlichkeit daran, wie selbstvergessen sie gewesen war.
Rocco registrierte, dass Julie unbehaglich auf ihrem Sitz herumrutschte.
Zuerst war er schockiert gewesen zu entdecken, dass sie nicht die Frau war, für die er sie gehalten hatte. Obwohl jetzt natürlich einige Dinge, die er sich nicht hatte erklären können, durchaus einen Sinn ergaben.
„Warum hast du nicht gleich gesagt, dass du nicht Josh’ Mutter bist? Wir hätten uns alle eine Menge sparen können.“
„Wie denn? Ich hatte doch gar keine Chance. Du hast geglaubt, alles zu wissen, und deine Meinung über mich stand längst fest. Außerdem musste ich befürchten, dass mir deine Familie Josh wegnimmt, wenn sich herausstellt, dass dein Halbbruder tatsächlich sein Vater ist.“
„Aber ich habe dir mein Wort gegeben, dass niemand versuchen wird, dich und Josh zu trennen“, erinnerte Rocco.
„Nun, darüber muss ich mir jetzt sowieso nicht mehr den Kopf zerbrechen. Ich habe immer gehofft, dass James sein Vater ist.“
„Weil du James geliebt hast?“
„Ja. Obwohl ich Josh natürlich auch um seiner selbst liebe“, fügte sie hinzu. „Das tue ich ganz bestimmt.“
Rocco sah ihr an, dass sie es aufrichtig meinte. Josh konnte sich glücklich schätzen, so eine Mutter zu haben, auch wenn sie nicht seine leibliche Mutter war.
Er wechselte das Thema. „Wegen deiner Aufwandsentschädigung muss ich mich erst mit meinen Brüdern in Verbindung setzen, bevor ich dir Näheres sagen kann.“
„Ich will euer Geld nicht.“ Eine Mischung aus Wut und Stolz ließ ihr Herz heftiger schlagen.
„Aber es ist doch selbstverständlich, dass wir dich für die ganzen Unannehmlichkeiten, die du unsretwegen hattest, entschädigen.“
Wie arrogant er wirkte. Julie schluckte schwer. In seinen Augen war sie ein Nichts, irgendeine junge Frau wie Millionen andere, auf deren Gefühlen man ungestraft herumtrampeln konnte. Eine Frau, der er nur ein paar Scheine in die Hand zu drücken brauchte, damit sie ein für alle Mal aus seinem Leben verschwand.
„Nein. Ich nehme aber kein Geld.“
Ihre entschiedene Weigerung überraschte Rocco.
„Jetzt auf einmal? In London hat sich das noch ganz anders angehört.“
Julie hätte ihm gern gesagt, was sich verändert hatte. Das war, bevor du mich berührt hast und bevor ich wusste … Doch was sie inzwischen wusste, konnte sie ja nicht einmal sich selbst eingestehen.
„Damals dachte ich, du redest von Geld, das Antonio Josh zugedacht hatte“, sagte Julie steif. Das war zumindest teilweise die Wahrheit.
Rocco zuckte beiläufig die Schultern. „Schön, und jetzt kommt das Geld eben von seinen Halbbrüdern. Wo liegt da der Unterschied?“
„Es ist ein großer Unterschied“, entgegnete Julie. „Du redest von Stolz, von deinem eigenen und dem der Leopardis. Aber ich kann dir versichern, dass du nicht der einzige Mensch bist, der seinen Stolz hat. Mein Stolz zum Beispiel gebietet mir, von euch kein Geld anzunehmen. Warum sollte ich auch? Josh ist kein Leopardi. Mein Stolz ist für mich genauso wichtig wie deiner für dich, und das bedeutet, dass ich euer Geld nicht will.“
Völlig schockiert stellte Rocco fest, dass in ihm der schier unbezähmbare Wunsch aufstieg, Julie an sich zu ziehen und
Weitere Kostenlose Bücher