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Gefährliche Ideen

Gefährliche Ideen

Titel: Gefährliche Ideen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alf Rehn
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feine Detail, dass Männer äußerst eitel sind und ihr letztes Hemd dafür hergäben, um sich weiterhin in dem Glauben zu wiegen, dass sie immer noch gut genug aussehen, um zwanzigjährige Supermodels verführenzu können (so wie ich, schließlich verwende ich ein spannkrafterhaltendes Serum mit essenziellen Mineralien – oder jedenfalls möchte ich das gerne glauben). Denn niemand wollte am Ende als Querkopf dastehen.
    Der Regenbogen-Kindergarten
    Im überaus liberalen Schweden leben etwa 40   000 Kinder in sogenannten Regenbogen-Familien, also in Familien mit gleichgeschlechtlichen Partnern. Entsprechende Schätzungen für die USA sind schwer erhältlich, doch selbst wenn man annähme, dass die betreffende Quote bei lediglich 25 Prozent der schwedischen läge, gäbe es dort immer noch rund 340   000 Kinder, die in Regenbogen-Familien leben. In Schweden gab es bis 2007 nicht eine einzige Kindertagesstätte oder einen Kindergarten mit Angeboten für diese Gruppe. Halten wir fest: Einerseits existiert eine riesige Gruppe von Konsumenten, andererseits hat kein einziger Unternehmer ein zielgruppengerechtes Angebot für sie entwickelt
.
    Natürlich wünschen sich nicht alle homosexuellen Familien einen speziellen Kindergarten, und niemand behauptet, dass sich alle Unternehmen auf diese Gruppe konzentrieren sollten. Ich benutze dieses Beispiel vor allem, um zu verdeutlichen, dass unsere Suche nach Marktchancen oft von Vorurteilen beeinflusst wird, die uns nicht einmal bewusst sind. Genauso wie unser Gehirn unangenehme Gedanken abweist, ignorieren wir oft ganz automatisch und unbewusst Dinge, die nach Maßgabe unserer Kultur und unserer Erziehung nicht zu öffentlicher Erörterung taugen. Zu dieser Sphäre gehören alle sexuellen Themen, doch es scheint, als wäre Homosexualität mancherorts ein besonders tief verwurzeltes Tabu und damit ein besonders massives Hindernis für kreatives Denken. Dinge, die mit diesem Thema nur ansatzweise verwandt sind oder aufgrund verschiedener vorgefasster Meinungen damit in Verbindung gebracht werden könnten, werden dadurch automatisch zu Themen, die »andere angehen« – und oft sehr erfolgreiche Geschäftsmodelle begründen.
    Begierde, Begierde!
    Im Grunde geht es hier um
Begierde
und um unsere Unfähigkeit, die gesellschaftliche Rolle von Begierde zu benennen oder auch nur darüber nachzudenken. Begierde ist anstößig, unangemessen, jedenfalls weit weniger akzeptabel, als wir es implizit für »Effizienz« oder »Bedürfnisse« unterstellen. Dennoch werden wir während eines Großteils unseres Lebens – im Grunde sogar fast durchgehend – von Begierden geleitet. Ständig gelüstet uns nach Dingen, die wir nicht benötigen, aber dennoch unbedingt haben wollen.
    Professor Micael Dahlén, ein Experte auf dem Gebiet des Verbraucherverhaltens, hat unsere heutige Lebensweise als »Erwartungsgesellschaft« bezeichnet. In seinem Buch
Nextopia
führt er aus, dass unser Handeln mehr von dem Wunsch nach dem jeweils nächsten Objekt getrieben wird als von dem Konsum bereits vorhandener Dinge, und vielleicht hat er damit Recht. Unsere Gesellschaft baut zu großen Teilen auf Begierde auf, und echte Begierde wird niemals erfüllt.
    Doch in einer Gesellschaft, in der bestimmte Verhaltensregeln einzuhalten sind, wenn man ernst genommen werden will, fällt es schwer, diese Tatsache zuzugeben. Man erwartet von uns, unsere Verhaltensweisen rational zu erklären und unsere Begierden zu verleugnen oder sie jedenfalls in ein weitaus rationaleres Licht zu rücken, als es der Wirklichkeit entspricht. Dies erklärt auch, warum wir die Begierden anderer Menschen oft übersehen oder sie offen abwerten. Wir leben in einer
Moralgesellschaft
und versuchen alles, das unserem moralischen Regelwerk widerspricht, zu ignorieren oder auszugrenzen. Daher weigern wir uns, die Bedeutung der Sexualität, anderer Lebensweisen oder sogar unserer eigenen Begierden zur Kenntnis zu nehmen. Und dies wirkt sich nachteilig auf unsere Kreativität aus.
    Die Moral gehört zu den wirksamsten Waffen, derer sich das Gehirn bedient, um seine geheimen Schubladen zu schützen. Man könnte sogar sagen, dass sie den wichtigsten aller Kontrollmechanismen des Gehirns darstellt, mithilfe dessen es dafür sorgt, dass wir nicht vom gedanklichen Pfad der Tugend abweichen. Unser moralisches Bewusstsein tarnt sich auf verschiedene Weise: »Wir sollten das wirklich nicht so machen«, »Könnten wir jetzt wohl den Spaß beiseite lassen?«,

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